SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[Anm. d. Scriptorium:
eine detaillierte Karte
der deutschen Kolonien
finden Sie hier.]
Von deutscher Pionierarbeit   (Teil 7)
 

Selbsterlebte Technik in Afrika
Oberingenieur und Tropenlandwirt Erich E. Koethe,
Arbeitsgemeinschaft für Auslands- und Kolonialtechnik

29 Jahre selbsterlebte Technik in Afrika!

Zum ersten Male führte mich mein Weg im Jahre 1905 nach Deutsch-Ostafrika. Hier steckte alles noch ziemlich in den Anfängen. Die Häfen, das Eisenbahnnetz, Wegverbindungen nach den einzelnen Teilen des Landes, alles war noch [386] im Werden. Wenn man damals im Innern von einem Platz zum anderen wollte oder gar größere Entfernungen zu durchmessen hatte, mußte man zu Fuß das Land durchqueren. So hatten auch mich meine technischen Arbeiten kreuz und quer durch das Land geführt. Vom äußersten Süden angefangen bis hinauf an den Kiwusee ins
Industrieschule in Ostafrika: Schusterei.
[395]      Industrieschule in Ostafrika: Schusterei.
belgische Gebiet hinein. Es galt in dieser Zeit Fabriken aufzubauen, dazu die Maschinen zu montieren, Straßen anzulegen, Hausbauten zu errichten. Für drei lange Jahre war ich Lehrer an der Handwerkerschule in Lindi.

1912 bekam ich den Auftrag, eine versoffene Glimmergrube in Ordnung zu bringen, den durchlaufenden Bach völlig zu verlegen und umzuleiten. 1913 trat z. B. die Aufgabe an mich heran, eine große Stauanlage zu bauen, da die Sisalpflanzung, auf der ich den Fabrikbau übernommen hatte, während der Trockenzeit an großem Wassermangel litt. Große Kosten durften nicht aufgewandt werden. Ich versuchte es also mit einer einfachen Dammkonstruktion. Eine Zeitlang ging auch die Sache gut. Aber ein einsetzendes Unwetter brachte unvorhergesehene Wassermassen ins Tal und vernichtete meinen Damm, zum Glück ohne weiteren Schaden anzurichten. Jetzt sah der Besitzer ein, daß mit einem solchen Damm sich kein Stau schaffen ließe; so wurde nun ein neuer, fachgemäßer Bau fertiggestellt. Ich hatte 1931 die Freude, diesen alten Damm in der von mir geschaffenen Art wieder zu sehen. Die Anlage selbst war inzwischen noch vergrößert, da eine zweite Fabrik gebaut war und der Wasserverbrauch damit stieg. Aber auch diese Last hielt sie aus.

Ich habe besonders in den Anfangszeiten meiner kolonialen Arbeit gefunden, daß ein noch so großes theoretisches Wissen allein wenig nützt, draußen braucht der Techniker erst recht eine praktische Hand und einen offenen Blick, einen festen Willen, etwas zu leisten. Man ist in einem solchen Lande, wo all die vielen Hilfsmittel, die man hier in Europa zur Verfügung hat, fehlen, auf sich selbst angewiesen. Der Ingenieur muß schmieden, schlossern, schweißen, bauen, tischlern usw. können, er muß sich auch in jeder Lage zu helfen wissen! Hat er Bruch an seiner Maschine, läßt sich oft kein Ersatzteil beschaffen; still liegen kann sie auch nicht, also - stellt er sich hin und schmiedet und feilt und bohrt und fräst sich selbst das Stück. Nur so genießt er die Achtung seiner schwarzen Arbeiter. Einem Mann, der nur befiehlt, aber ihnen die Arbeit nicht vormachen kann, dem versagen sie bald ihre Achtung.

Unsere beiden Haupthäfen der ostafrikanischen Kolonie, Daressalam und Tanga, sind von deutschen Ingenieuren erbaut. Daressalam, ein Bild landschaftlicher Schönheit, hat als Hafen eine große Bucht, die mehreren Dampfern Platz bietet. Eine enge Einfahrt, die nur bei Flut zu passieren ist, schützt vor Wetterunbill. Laden und Löschen geschehen mittels Leichter. Tanga hingegen hat eine ziemlich offene Bucht, die noch dazu den Nachteil einer recht schnellen Versandung aufweist. Zu deutscher Zeit waren dauernd Bagger beschäftigt, um die Einfahrt in genügender Tiefe freizuhalten, damit auch die Schiffe so nahe als möglich an Land ankern konnten. Auch hier brachten die Leichter die Ladung hin- und [387] herüber. Von beiden Häfen führen Anschlußgleise an die Eisenbahnen. Kräne erleichtern das Aus- und Einladen in die Schuppen. Die kleineren Häfen: Lindi, Kilwa und Bagamoyo werden nur von den Küstendampfern angelaufen; hier liegen die Dampfer auf der offenen Reede.

Die Eisenbahnen wurden ebenfalls von Deutschen Technikern erbaut. Wir haben da zuerst die Mittellandbahn, von Daressalam ausgehend. Sie wurde 1905 in Angriff genommen und führte über Morogoro, Tabora bis nach Kigoma am Tanganjikasee. 1914 im Februar war sie fertiggestellt und weist eine Länge von 1240 Kilometern auf. Man braucht ungefähr 45 Stunden, um diese Strecke zu durchfahren. Sie stellte allerhand schwere Anforderungen an die Technik, und besonders die große Brücke über den Malagarassi machte der Bahnleitung oft Sorge. Dieser Fluß, in der Trockenzeit nur 40 Meter breit, schwillt in der Regenzeit auf mehrere Kilometer an. Es ist wahrlich keine kleine Leistung, in einer solch unwirtlichen Gegend, nur auf sich selbst gestellt, ohne die vielen Hilfsmittel, die in Europa der Technik bei einem solchen Unternehmen zur Verfügung stehen, ein so großes Werk zu vollenden. Die Bahn verfolgte den Zweck, das ganze Hinterland wirtschaftlich zu erschließen, aber auch dem Hafen Daressalam eine größere Bedeutung durch vermehrte Ein- und Ausfuhr zu geben. Leider haben sich einstweilen diese Zukunftspläne nicht verwirklicht. Der Hauptgrund liegt in dem Bau der Lobito-Benguella-Bahn in Portugiesisch-Westafrika, Angola, die direkt bis nach Katanga, dem Sitz der großen Kupferminen im belgischen Kongogebiet, führt und Anschluß an die Zentral-, Ost- und Südafrikanischen Verkehrslinien hat. Sie stellt die kürzeste Verbindung von Katanga nach Lobito dar und hat aus diesem Grunde die Verfrachtung der gesamten Kupfererzeugung übernommen. Das hat der Mittellandbahn einen schweren Schlag gegeben.

Die Usambara-Bahn, jetzt Nordbahn genannt, wurde bereits im Jahre 1893 begonnen, aber in sehr langsamen Bauabschnitten fertiggestellt. Sie führt über Mombo bis nach Moschi, das sind 352 Kilometer - also die Strecke Berlin bis Cuxhaven. Die Fahrtdauer von Tanga nach Moschi beträgt heute 14 Stunden. Das ungeheuer reiche Hinterland, das Usambara-Gebiet wurde damit erschlossen. 1929 wurde die Bahn durch die Mandatsverwaltung bis Aruscha ausgebaut unter Berücksichtigung der schon von deutschen Technikern aufgestellten Linie. Kurz vor Moschi in Sanya finden wir heute eine Abzweigung nach Voi über Taveta an die englische Uganda-Bahn. Diese Abzweigung und die billigeren Tarife der Uganda-Bahn schädigen die Nordbahn und somit den Hafen Tanga, denn viele der für Moschi und Aruscha bestimmten Einfuhrgüter und auch die dort gewonnenen Produkte werden mit der Uganda-Bahn dem englischen Hafen Mombassa zugeleitet. Auf diese Art leidet der Hafen Tanga und läßt es nicht gerechtfertigt erscheinen, den so dringend nötigen Hafenausbau vorzunehmen.

Nach dem Kriege wurden auch von der Mittellandbahn einige Zweiglinien ausgebaut, so u. a. die Strecke von Tabora nach Muanza zum Viktoriasee. Hier liegen für den Bahnbau noch große Aufgaben, denn es gilt noch, von dort die Ver- [388] bindung nach Bukoba und von hier weiter in das noch ziemlich unerschlossene, von Europäern wenig besiedelte Hinterland zu schaffen.

Ein anderes, sehr wichtiges Arbeitsfeld ist der Straßenbau. Vor dem Kriege wurden die ausgetretenen Negerpfade durchweg für den gesamten Verkehr benutzt. Heute, wo wir im Zeitalter des Kraftwagens stehen, ist in den meisten Fällen dieser Pfad der Anfang der heutigen Autostraßen. In den Städten sind diese meistens geteert und geschottert. Verläßt man aber das Weichbild der Stadt, dann hört auch die gute Straße auf, und die gewöhnliche Landstraße tritt ihre Herrschaft an. In der Trockenzeit ist sie ganz gut befahrbar, aber wehe, wenn die Regenzeit eingesetzt hat und der eine oder andere schwere Lastwagen sie passierte. Hier und da bleibt er stecken, und man kann sich leicht denken, daß die Versuche, den Wagen wieder flott zu bekommen, die Straße nicht besser machen. Hier liegt also für die Technik noch ein unendlich großes Feld der Betätigung. Deutsch-Ostafrika hat im Verhältnis zu seiner Größe - es umfaßt 995 000 Quadratkilometer, ist also doppelt so groß wie Deutschland - sehr wenig Eisenbahnen, um so größere Bedeutung muß da dem Straßenbau zugemessen werden. Gerade dieser ist es, der das Land am besten aufschließt. Ein gutes Straßennetz zieht mehr und mehr Ansiedler ins Land, die Ansiedler verlangen Händler, Handwerker, und dadurch wird der Industrie der Boden bereitet.

Die Wasserwirtschaft ist wohl eines der wichtigsten Gebiete Afrikas, denn im Laufe der Jahre sind die Flüsse meist so tief in den Lateritboden eingeschwemmt, daß das Grundwasser erst in großer Tiefe zu finden ist. Wachstumsmöglichkeiten werden dadurch ganz unterbunden. Ich habe nun versucht, durch Errichten von Buhnen und Querbarren das Wasser zu stauen, um so das eigentliche Bett nach und nach wieder zu heben. Es hat sich gezeigt, daß meine Versuche zum Erfolg führten; zugleich hatte ich erreicht, jetzt ständig Wasser zu haben, während sonst die Wassermengen der großen Regenzeit ungenützt abflossen. Für die Zukunft harren der Technik auch auf diesem Gebiet noch große Aufgaben nicht nur in Ostafrika, sondern ebenso in Kamerun und Togo, ganz besonders aber in Deutsch-Südwestafrika.

Ich habe in den langen Jahren allein 42 Hausbauten ausgeführt; es war mir möglich, die Konstruktionen immer besser an Hand der gemachten Erfahrungen durchzuarbeiten und ein bis in jede Einzelheit gut durchdachtes und erprobtes System des Tropenhausbaues zu gewinnen. Die alte Ansicht des Europäers: einige Jahre Afrika - hart arbeiten, schlecht, ich meine einfachst wohnen - viel Geld verdienen und dann wieder in die Heimat, ist ja überholt. Heute will der Europäer sich drüben eine Heimat schaffen, und da kann er nicht mehr in solchen Blech- oder Grasbuden hausen. Heute will er ein gemütliches, dem Zweck ganz entsprechendes Heim besitzen. Immer mehr geht man dazu über, wirklich gute Häuser zu bauen, denn längst hat man erkannt, daß diese, ausgestattet mit Baderäumen, möglichst Wasserleitung usw., den Gesundheitszustand ganz beträchtlich gehoben haben.

[389] Für die Aufbereitung von Sisal und Baumwolle baute ich insgesamt fünf Fabriken, hatte auch die Montage der Maschinen bis zur laufenden Übergabe mit übernommen, ja sogar den Transport der großen Maschinenteile mußte ich ausführen. Auch dieser stellt gewöhnlich allerhand Anforderungen, da muß der große Dampfkessel mit Hilfe der schwarzen Arbeitskräfte mit einer kurzen Gleisstrecke, gewöhnlich sind es zwei Schienenjoche, die immer um und um gelegt werden, auf zusammengekoppelten Feldbahnwagen oft kilometerweit gerollt werden, manchmal wird es auch nur mit Knüppeln und einem kräftigen - Hauruck - gemacht. Auf Lastkraftwagen lassen sich diese schweren Stücke nicht transportieren, da dies meistens nur 1½tonner sind. Die mangelhaft gebauten Straßen erlauben keine schwereren Wagen. Hat man nur einen Landstraßentransport, dann geht es noch, aber wenn man z. B. irgendwo an der Küste aus dem Leichter ausladen muß, ohne Hilfsmittel, wie Kräne oder dergleichen, dann wird einem manchmal angst und bange. Immer sieht man den Kessel, oder was es gerade ist, schon im Wasser liegen, und jeder atmet auf, wenn die schwere Last festen Boden erreicht hat.

Auch die Aufbereitung der tropischen Produkte bedarf der Technik. Da haben wir zunächst den Sisal. Nach dem Schnitt werden die Blätter, auf Feldbahnwagen verladen, zur Fabrik geschafft. Die Entfaserungsmaschine, Corona genannt, entfernt durch Quetschen das Fleisch von den Blättern, die so gewonnene Faser wird gewaschen und entweder durch Aufhängen von der Sonne getrocknet oder durch mechanische Wäsche und Trocknung fertig aufbereitet. Bürstenmaschinen geben der Faser ein glänzendes Aussehen, befreien sie auch gleichzeitig von anhaftenden Schmutzteilchen. Gebündelt wird nun die Faser in 250 Kilogramm schwere Ballen gepreßt. Aber nicht allein die Aufbereitung geschieht auf technischem Wege, nein, auch pflanzerisch geht man heute mehr und mehr dazu über, mechanisch den Boden zu bearbeiten. Angefangen mit der Rodemaschine, die das Land von den Bäumen, Stubben und Wurzeln befreit, läßt man das Land mehrmals mit Dampf- oder kräftigen Motorpflügen auflockern. Die Pflanzweise wird so angeordnet, daß auch maschinell mit einer großen Scheibenegge gereinigt werden kann. Pflanzungen, die so rationell bearbeitet werden, zeigen ein bedeutend besseres und auch schnelleres Wachstum; ebenso ist das Faserergebnis ein besseres. Bei der Baumwolle ist allerdings eine maschinelle Bodenbearbeitung schon seit Jahren üblich. Die Baumwolle wird jedes Jahr frisch ausgesät. Nach dem Abernten wird das Kraut verbrannt, die Asche, die dem Boden als Nährstoff dient, wird durch die großen Dampf- oder Motorpflüge der neuen Saat nutzbar gemacht. Man hat auch heute mechanische Pflücker, doch entzieht es sich meiner Kenntnis, ob sie sich bewähren. - Nach dem Pflücken kommt die Baumwolle in Säge- oder Walzengins, das ist eine Entkernungsmaschine, wird gereinigt, zu Ballen gepreßt und zur Verladung gebracht. Die Baumwollsaat und ebenso die Kapoksaat durchlaufen eine Schälmaschine; die Kerne werden dann zur Ölgewinnung verarbeitet. Der Kapok, ein ähnliches Erzeugnis, findet als Füllmaterial Verwendung. Er ist aber kein Strauch wie die Baumwolle, sondern ein hoher Baum; die Kapseln [390] müssen durch geschickte Pflücker gewonnen werden. Die Früchte machen den gleichen Prozeß durch wie Baumwolle, doch gewöhnlich noch im Handbetrieb.

Für die Aufbereitung des Kaffees sind die Kaffee-Entfleischungsmaschinen - Pulper genannt - nötig. Nach dem Entfernen der fleischigen Kirschenmasse werden die Bohnen einem Gärungsprozeß ausgesetzt, um sie zu fermentieren, dann gewaschen und getrocknet. Dies geschieht entweder durch die Sonne - man benutzt dazu große zementierte Flächen, die mit einem auf Rollen laufenden Dach versehen sind, um die Bohnen bei etwa einsetzendem Regen schützen zu können - oder durch Trocknen in geheizten Darren. Die Bohnen werden sortiert, eingesackt und kommen zur Verschiffung. In Europa laufen sie noch durch Schälmaschinen, Huller genannt. Dadurch wird das letzte Häutchen entfernt, das die beiden Bohnen umschließt.

Der Kakao unterliegt einer ähnlichen Behandlung. Die großen Früchte werden beim Ernten gleich an Ort und Stelle aufgeschlagen und die Kakaobohnen gesammelt. Sie machen ebenfalls einen ganz genauen Gärungsprozeß durch, werden gewaschen, getrocknet und sind fertig zur Versendung.

Tee kommt nach dem Pflücken in die Teeroller, wird in der Darre getrocknet und in Päckchen verpackt. Er beansprucht von allen Produkten wohl die sorgfältigste Behandlung, da hier eine vorsichtige Fermentierung zu beachten ist.

Bei der Muskatnuß wird nach dem Pflücken die sehr dicke fleischige Masse entfernt, die die eigentliche Nuß festumschließende Blüte wird vorsichtig abgenommen und gesondert getrocknet. Die Nüsse werden ebenfalls auf Darren zum Trocknen ausgebreitet. Pfeffer, ein Rankengewächs, kommt auch zum Trocknen in die Darre und durchläuft dann einen Windsichter, der ihn von allen etwa noch anhaftenden Restchen von Laub und Rankenresten befreit.

Kaffee, Kakao, auch die Baumwoll- und Kapoksaat läßt man gern, ehe die Produkte eingesackt werden, durch den Windsichter laufen.

Ein Neger arbeitet an der Ölfruchtpresse in
Kamerun.
[162]      Ein Neger arbeitet an der Ölfruchtpresse in Kamerun.
Die Aufbereitung der Ölpalmenfrüchte ist ziemlich schwierig. Die Anlage erfordert einen Fachmann. Ich hatte Gelegenheit, in Portugiesisch-Westafrika eine solche Ölgewinnungsanlage umzubauen, dabei habe ich mir den Betrieb genauestens angesehen. Er hat mich ganz besonders interessiert, denn ich bin fest davon überzeugt, daß eine Kultur der Ölpalme für uns von allergrößter Bedeutung ist. Die großen Früchte, Cachus genannt, werden zur Fabrik geschafft, durch Schlagen oder Rütteln lösen sich die einzelnen Früchte, die dann durch mechanische Transportbänder zu den einzelnen Bottichen geleitet werden, die das Dämpfen der Früchte besorgen. Dann kommen sie in die eigentlichen Pressen, die gewonnene Masse wird den Kläranlagen zugeführt, und nach Erhalt des reinen Öles wird dieses in Fässer abgefüllt.

Eine andere, ebenfalls sehr wichtige ölhaltige Palmfrucht ist die Kokosnuß. Sie wird durch gewandte Kletterer von den hohen Palmen mit dem Messer gelöst. Die äußere ziemlich dicke Schale wird abgetrennt, der Nußkern selbst mittels einer [391] Spaltmaschine von der Schale befreit und in drei Hälften geteilt und an der Sonne, sonst aber, wenn es sich um größere Betriebe handelt, in großen Darren getrocknet. Versackt kommen die fleischigen Stücke, Kopra genannt, nach Europa, wo die Ölmühlen das weitere besorgen und sie in Palmin, die bekannte Pflanzenbutter, umsetzen. Wichtige Produkte für die Ölgewinnung sind dann noch Erdnuß, Sesam und Sojabohne. Bis jetzt sah ich diese drei Kulturen meist nur im kleinen angebaut. Die Schwarzen stampfen die Nüsse bzw. Kerne, um so das Öl zu gewinnen. Sonst werden die Produkte nach Europa verschifft, um durch die Ölmühlen das Öl zu gewinnen.

Ein Edelholzstamm im Sägewerk Kwamgumi in 
Deutsch-Ostafrika.
In den letzten Jahren meiner Tätigkeit hatte ich auch noch Gelegenheit, ein großes Sägewerk aufzubauen und die Leitung zu übernehmen. Wir haben dort viele der bekannten Edelhölzer wie Mwule, Mahagoni u. a. m. geschnitten. Die Fabrik war bestens ausgerüstet mit Horizontal- und Vertikalgatter mit zwölf Sägen, ferner standen dort Band- und Besäumkreissägen. Indische Möbeltischler und schwarze Zimmerleute waren beschäftigt, die vielen für die Hausbauten nötigen Fenster und Türen herzustellen, Möbel aller Art wurden angefertigt. Hobel-, Bohr- und Fräsmaschinen leisteten gute Dienste. Außer diesem Sägewerk gibt es noch ein kleines in der Gegend von Moschi, sowie das große Werk in Schume in Westusambara. Hier wurden hauptsächlich Zedern verarbeitet für die Bleistiftfabrikation. Eine Seilbahn, von der Firma Bleichert & Co. gebaut, von der Station Mkumbara der Nordbahn aus erleichterte den Frachtverkehr von und nach Schume.

Ein Fabrikhof mitten im Urwald in Kamerun.
[144]      Ein Fabrikhof mitten im Urwald in Kamerun.
Die Fruchternte wird auf Gleisen herangebracht, das gewonnene Öl in Fässer gefüllt und verfrachtet. Links eine Motordraisine.


Auch in Kamerun fährt der Pflanzer auf der Draisine durch
den Urwald zu seinen Feldern. [180]      Auch in Kamerun fährt der Pflanzer auf der Draisine
durch den Urwald zu seinen Feldern.
Der Antransport zu den einzelnen Aufbereitungsanlagen geschieht bei allen größeren Pflanzungen durch Feldbahn. Ein genaues Studium der hierfür zu benutzenden Wege ist unbedingt erforderlich. Die Straßen müssen so angelegt sein, daß z. B. in einem hügeligen Gelände die Steigungen von der Fabrik aus mit den leeren Wagen genommen werden, während man das Gefälle benutzen muß, um das Anrollen der vollen Wagen zur Fabrik zu erleichtern. Sind es große Betriebe, die annähernd 1000 Hektar und mehr unter Kultur haben, dann findet man auch, daß kleine Diesellokomotiven den gesamten Transport einer Pflanzung erledigen. Als Antriebskräfte für die Aufbereitungsanlagen dienen entweder Dampfmaschinen oder Dieselmotoren, seltener Turbinen, da meistens die Wasserkräfte fehlen.

Fabrikbauten werden oft in Beton hergestellt, d. h. es werden nur Säulen errichtet, die je nach Bedarf Zwischenwände erhalten. Dächer sind aus Holz- oder Eisenkonstruktion mit Wellblech gedeckt. Eine gute Verankerung ist nötig. Zum Mischen der Betonmassen verwendet man auch in Afrika die allgemein bekannte Beton-Mischmaschine. Wohnhäuser werden oft aus an der Luft getrockneten Ziegeln hergestellt; die Formen dazu richtet sich jeder selbst her.

Autoreparaturwerkstatt in Lome, Togo.
[432]      Autoreparaturwerkstatt in Lome, Togo.

Industrieschule in Deutsch-Ostafrika: Schreinerei. [89]      Industrieschule in Deutsch-Ostafrika: Schreinerei.
An Industrie finden wir noch nicht viel im Lande, nur einige Auto-Reparatur-Werkstätten sind entstanden. Hier findet man die wirklich praktische Werkzeugmaschine, "four-in-one", und eine Vulkanisierungsmaschine für die Reifen. Leider [392] sieht man heute so gut wie keine deutschen Wagen draußen; sie sind alle zu tiefliegend gebaut und dadurch ungeeignet für die afrikanischen Straßen. Am besten bewährt hat sich der Ford. Er ist leicht, hoch genug gebaut, daß er nicht über jeden Stein oder über die noch im Wege stehenden Wurzeln stolpert, und sitzt man mal mit ihm in einem Wasserloch, ist es nicht gar zu schwer, ihn mit Hilfe einiger Schwarzer und vielleicht einer Knüppelunterlage wieder heraus zu heben. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn unsere so leistungsfähige Deutsche Autoindustrie einen geeigneten Wagen auf den Markt brächte, um sich auch die afrikanischen Kolonien durch gute Qualität und Brauchbarkeit zu erobern. Genau so, wie sich unsere Junkers-Flugzeuge als Verkehrsmaschinen im afrikanischen Raum bestens bewährten. Grundbedingung ist aber, reichhaltige Ersatzteillager an allen größeren Plätzen zu unterhalten.

Groß sind die Aufgaben, die den deutschen Techniker in Afrika erwarten, an dem Tage, da es uns Deutschen wieder vergönnt sein wird, unsere Kolonien in eigene Verwaltung zu bekommen.

Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite

Das Buch der deutschen Kolonien
Herausgegeben unter Mitarbeit der früheren Gouverneure
von Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo und Deutsch-Neuguinea.
Vorwort von Dr. Heinrich Schnee.