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der deutschen Kolonien
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Gewalt vor Recht - geraubt und aufgeteilt
(Teil 4)

 

Verloren und doch deutsch geblieben
Dr. jur. e. h. Friedrich von Lindequist
Kaiserl. Kolonialstaatssekretär a. D., fr. Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika

Das schönste Erlebnis bei meinem Besuch unserer alten Kolonien Deutsch-Südwest- und Deutsch-Ostafrika war das einmütige Bekenntnis aller unserer Landsleute zum Deutschtum, ihre Anhänglichkeit an die deutsche Heimat und ihre unerschütterliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ihre ganze Sehnsucht und seelische Einstellung sind auf die Heimat gerichtet; daher wurde die nationale Erneuerung im Vaterlande mit größtem aufrichtigem Jubel und Enthusiasmus begrüßt. Hieraus erklärt sich auch die sich in rührender Weise offenbarende herzliche Freude über Besuche aus der alten Heimat und die gastliche Aufnahme deutscher Besucher, denen Gutes und Freundliches zu erweisen, sich alle bemühen.

Nach außen halten sie einzeln und durch den Mund ihrer in den deutschen Bünden organisierten Vertretungen in ihrer Gesamtheit unbedingt an der strikten Aufrechterhaltung des Mandats fest. In Südwestafrika bot die offene Agitation des Vorsitzenden der Südafrikanischen Partei für eine Angliederung des Mandatsgebietes als 5. Provinz an die Südafrikanische Union dem "Deutschen Bund" und den deutschen Abgeordneten des Landesrats wiederholt Gelegenheit, die Unverletzlichkeit des Mandats zu betonen und gegen die Verwischung desselben auf das energischste Einspruch zu erheben.

In Ostafrika hat der am 22. Juli 1933 in Dodoma gegründete "Deutsche Bund" die unbedingte Aufrechterhaltung des Mandatscharakters bis zu einer [336] endgültigen Lösung als einen Hauptpunkt in sein Programm aufgenommen. In Ostafrika handelt es sich bekanntlich um das von der englischen Regierung seinerzeit geförderte Bestreben einer engeren Verbindung (closer union) des Mandatsgebietes mit der britischen Kronkolonie Kenya und dem Uganda-Protektorat auf fast allen Gebieten der Verwaltung und des Gerichtswesens, was in der Entsendung und in dem Bericht der Young-Kommission klar zum Ausdruck kommt. Die Stellung des Deutschen Bundes, die sich mit der von jeher von der Deutschen Kolonialgesellschaft und dem Reichskolonialbund eingenommenen völlig deckt, hatte seinerzeit eine große Stärkung erfahren durch den einstimmigen Beschluß der Mandatskommission, zu der bekanntlich auch ein englisches Mitglied gehört, daß eine solche Vereinigung mit dem Mandatscharakter nicht vereinbar sei. Trotzdem ist auch weiter die größte Aufmerksamkeit erforderlich, damit das Mandat nicht indirekt untergraben wird. Dazu gehört beispielsweise auch die systematische Ablenkung des Frachtenverkehrs des Nordens, dessen natürlicher Hafen Tanga ist, über die Ugandabahn nach dem Kenyahafen Mombassa. Dies geht so weit, daß die Frage der Stillegung eines Teiles der Nordbahn Aruscha - Tanga von Kahe bis Buiko von den Engländern ernstlich erwogen und ein entsprechender Antrag bei der Handelskammer gestellt worden war, der allerdings vorläufig abgelehnt wurde.

Wirtschaftlich litten zur Zeit meiner Anwesenheit 1933 alle Länder südlich des Äquators unter einer ganz ausnahmsweisen Trockenheit. Davon sind auch Ost- und Südwestafrika stark in Mitleidenschaft gezogen. In letzterem wirkte sie sich um so schlimmer aus, als Südwest schon eine Reihe von Dürrejahren nacheinander durchzumachen hatte. Am meisten haben dort die Rindviehfarmer und die Maisbauern (letztere vor allem im Bezirk Grootfontein) gelitten. Nicht so hart sind die Karakulschafzüchter getroffen, da die Karakule genügsamer als die Rinder sind und noch an kurzen Gräsern und Futterbüschen Nahrung finden, auch steile, meist noch Gras haltende Hänge erklettern. Trotzdem haben auch einzelne Karakulfarmer mit ihren Herden ziehen müssen, wozu die Rindviehzüchter vielfach genötigt waren. Es hat sich als sehr verderblich herausgestellt, daß die von der deutschen Regierung in weiser Voraussicht für solche Notfälle liegengelassenen Landreserven von der Mandatsregierung für die aus dem Süden und Norden, von der Union und aus Angola aus politischen Gründen hereingezogenen Buren restlos aufgeteilt wurden; ein Fehler, der sich jetzt für die südafrikanischen Farmer kaum weniger als für die Deutschen fühlbar macht.

In Ostafrika haben in erster Linie unsere deutschen Kaffeepflanzungen den Regenmangel zu fühlen bekommen, daneben auch die weniger zahlreichen Baumwollpflanzungen und die gemischten Betriebe; glücklicherweise sind die Kaffeepflanzungen in Deutsch-Ostafrika lange nicht so schwer getroffen wie die von mir bei Nairobi in Kenya gesehenen, da in Deutsch-Ost vielfach genügend Quellen und fließendes Wasser vorhanden sind, um die Kaffeebäume oder doch den größten Teil derselben zu bewässern.

[337] Obgleich unsere deutschen Landsleute, die nach den verschiedensten Richtungen hin die Nachteile des Mandats auskosten müssen, schwer zu kämpfen haben, behaupten sie im Wirtschaftsleben doch die Führung: in Südwestafrika auf allen Wirtschaftsgebieten mit Ausnahme des Bankwesens, in Ostafrika zum mindesten auf dem Pflanzungs- und Siedlungsgebiet, in dem sie auch zahlenmäßig den Engländern bereits überlegen sind.

Für das wirtschaftliche Fortkommen spielen außer der Eignung des Grund und Bodens Preis und Absatz die Hauptrolle.

In dieser Beziehung steht es am besten mit der Karakulschafzucht in Südwestafrika. Die Ausfuhr hatte im Jahre 1933 200 000 Pfund Sterling betragen. Die Preise hatten in diesem Jahre gegenüber dem Vorjahre wieder erheblich angezogen und fast die Höhe des bisher höchsten Standes derselben von 1930/31 erreicht. Einer der größten Karakulzüchter erhielt beispielsweise für seine Fellchen je 28 - 38 Schilling, was als sehr günstig bezeichnet werden muß angesichts der Tatsache, daß bei einem Preis von 12 - 15 Schilling die Schafhaltung noch durchaus rentabel ist. Derselbe erzielte 1934 einen Durchschnittspreis von 28 Schilling und 1935 einen solchen von 32½ Schilling. Der Absatz macht keinerlei Schwierigkeiten, wenn auch der Verkauf nach der eigentlichen Persianer-Pelz-Zentrale in Leipzig zeitweise durch die Devisenknappheit unterbunden war und dadurch die Felle auf den Londoner Markt gingen. Nachdem inzwischen durch das Abkommen mit der Südafrikanischen Unionsregierung wieder Felle im Betrage bis zu 150 000 Pfund Sterling nach Deutschland gehen können, eine Summe, die voraussichtlich im Herbst auf 250 000 Pfund Sterling erhöht werden wird, werden die Felle im Schutzgebiet wieder durch Aufkäufer von zumeist Leipziger Firmen oder von der in deutschen Händen befindlichen Südwest-Persianer-Verkaufsgesellschaft in Kalkfeld, nördlich Omaruru, abgenommen und direkt nach Leipzig gebracht. Die Zahl der ausgeführten Karakulfelle steigert sich von Jahr zu Jahr und hat 1935 über eine halbe Million betragen, während die aufgekreuzten und in der Aufkreuzung begriffenen Karakulschafe sich nach dem letzten Bericht der Administration in Windhuk bereits auf rund eine Million beziffern.

Die Karakulschafzucht, die ganz überwiegend in deutschen Händen liegt, ist auch deswegen von so großer Bedeutung, weil das in Südwestafrika heimische Fettschwanzschaf eine vorzügliche Unterlage für die Aufkreuzung bietet und daher schon nach ein bis zwei Jahren für den Anfänger und kleineren Farmer und Siedler kleine Reinerträge abwirft, mit denen er fest rechnen kann. Den Besitzern von Vollblutherden erschließen sich neben dem Fellverkauf aus dem Absatz von hochgezüchteten Rammen überdies noch sehr gut fließende Einnahmequellen.

Viel weniger günstig lag es z. Zt. meiner Reise bei der Rindviehzucht. Die Preise für Sahne und Butter waren sehr heruntergegangen, die Molkereien bis auf eine große, deutsch gebliebene im Norden der Kolonie in die Hände der englischen Cold-Storage und einer jüdischen Kapstädter Firma übergegangen, die ein Mono- [338] pol ausüben und die Preise diktieren. Das gleiche gilt von dem Ochsenmarkt, der auch von der Cold-Storage in Walfischbucht beherrscht wird. Ähnlich liegt es bei der englischen Liebig-Gesellschaft, die sehr schlechte Preise - von 15 bis 25 Schilling - für das Rind zahlt, dafür allerdings auch mageres und minderwertiges Vieh abnimmt. Angesichts der auch in der Südafrikanischen Union herrschenden großen Dürre wäre dort in den Trockenjahren ein guter Markt gewesen, der aber wegen des geringen Gewichtes der Schlachtochsen infolge der schlechten Weide in Südwest nicht genügend ausgeübt werden konnte. Im Lande selbst ist durch das Schließen des Kupferbergwerkes in Otavi und das Aufhören der Diamantenerzeugung der Absatz auf ein Minimum zurückgegangen, wobei bemerkt werden muß, daß die Diamantenminen neuerdings wieder in beschränktem Umfange zu arbeiten begonnen haben. Hinderlich steht der Ausfuhr von Schlachtvieh nach Südafrika außerdem die Tarifpolitik der von der Mandatsinhaberin, der Südafrikanischen Union, verwalteten Eisenbahn im Wege, die im Gegensatz zu dem sehr billigen Tarif für Frachten aus der Union nach Südwestafrika einen übertrieben hohen für Güter- und Viehbeförderung aus dem Mandatsgebiet nach Südafrika vorsieht, wenn auch erfreulicherweise neuerdings eine gewisse Herabsetzung für lebendes Vieh bei Entfernungen über 1000 englische Meilen stattgefunden hat.

Der jahrelangen ganz ungewöhnlichen Dürre sind im Jahre 1934 so starke Niederschläge und Regengüsse gefolgt, daß der Eisenbahnverkehr an vielen Strecken wochenlang unterbunden wurde, und die sonst einen großen Teil des Jahres trockenen Flüsse monatelang in voller Breite flossen. Wenn auch durch den Bruch von Staudämmen, die den gewaltigen Regengüssen nicht standhielten, und das Wegreißen von Schwemm- und Siedlungsland an den Flußläufen viel Schaden angerichtet worden ist, hat sich im allgemeinen gesehen diese in seiner Ergiebigkeit einzig dastehende Regenzeit doch als ein großer Segen für das Land erwiesen, da überall das stark gesunkene Grundwasser wieder sehr gehoben ist, Quellen, die seit Jahren versiegt waren, wieder sprudeln, und seitdem Gras und Weide für das Vieh reichlich vorhanden sind.

Die Lage der Viehzuchtfarmer hat sich nicht nur durch die Verbesserung der Weide- und Wasserverhältnisse in den letzten drei Jahren, sondern auch durch den zeitweise stärkeren Absatz von Schlachtvieh zu angemessenen Preisen infolge des Bedarfs auf dem italienisch-abessinischen Kriegsschauplatz und im Norden durch den weiteren Ausbau und die Modernisierung der Deutschen Molkerei in Rietfontein durch Aufstellung neuester, leistungsfähiger Maschinen und damit zusammenhängender Erzielung besserer Sahne- und Butterpreise entschieden gehoben.

In Deutsch-Ostafrika, wo der Krieg nahezu alles zerstört hatte, was durch deutschen Fleiß geschaffen war, wohin aber das Vertrauen zum Land die alten deutschen Pioniere seit der Wiederzulassung Deutscher im Jahre 1925 wieder mächtig hingezogen hatte, hatten sich die Verhältnisse für die Sisalpflanze im Laufe des Sommers 1933 durch das Steigen der Preise von [339] 14 auf 16 Pfund Sterling und mehr die Tonne so gebessert, daß die große Niedergeschlagenheit der deutschen Pflanzer in den Küstengebieten neuem Mut gewichen war. Heute beträgt der Preis im Durchschnitt 18 Pfund Sterling die Tonne. Der Stand des Sisals war durchweg gut, zum Teil vorzüglich. Auf den Kaffeepflanzungen sind bei den alten Beständen am Kilimandscharo und Meru volle Erträge zu verzeichnen, soweit die Pflanzungen nicht vor dem Rückkauf durch die Deutschen zu sehr verunkrautet waren, in den übrigen Gebieten noch nicht, da sie zum Teil noch zu jung sind. Es gilt dies von den aussichtsvollen Kaffeepflanzungen in Mbosi im Südwesten, nahe der Grenze von Rhodesia, und in Oldeani im Norden der Kolonie, westlich des ostafrikanischen Grabens, desgleichen von den Pflanzungen in der Iringa-Provinz, wo mehr als bisher vor Auspflanzung der Kaffeebäumchen für Schatten und Windschutz zu sorgen ist. Der Kaffee ist fast durchweg der hochwertige Coffea arabica. Wenn die Preise auch höher sind, als für den brasilianischen und den Robusta-Kaffee, so sind sie doch so gesunken, daß die Pflanzer nur mit Mühe eine Rentabilität herauswirtschaften. Der Stand der Kaffeebäume war nach den Gegenden verschieden, aber im ganzen ein recht guter; am besten auf vulkanischem Boden mit starker Humusdecke. Zu den deutschen Kaffeepflanzern sind neuerdings die Teepflanzer in Ost-Mufindi hinzugekommen. Die daselbst von der deutschen Usagara-Gesellschaft unter einem Ceylon-Sachverständigen neu erbaute Teefabrik ist im August 1933 fertiggestellt worden. Nach dem Urteil desselben haben die Teepflanzungen in den Mufindi-Höhenlagen von 1700 bis 1950 Meter gute Aussichten. Die Kultur, mit der schon zur deutschen Zeit auf der Missionsstation Rungwe Versuche gemacht worden waren, begann in Mufindi im Jahre 1928 und wurde von der englischen Regierung durch Lieferung von Saatgut unterstützt. Die Schwierigkeit liegt darin, daß die Teeblätter frisch in eine Zentral-Aufbereitungsanlage gelangen müssen, einen langen Transport also nicht vertragen, und daß die Tee-Aufbereitungsfabriken kostspielige Anlagen sind. Außerdem darf nach einer internationalen tea-restriction-Abmachung nur ein beschränktes Areal mit Tee angebaut werden. Inzwischen ist die erwähnte deutsche Anlage in Mufindi in vollem Betrieb, die erste Ernte ist in Deutschland eingetroffen. Das Erzeugnis ist als besonders aromatisch sehr günstig beurteilt worden. Eine zweite deutsche Anlage des Pflanzers Krug zur Nidda ist in Tukuju (dem deutschen Neu-Langenburg) im Bau begriffen, wo bereits ein englischer Major Wells eine solche besitzt.

Roggenfeld in der Erntezeit in Calderera, Deutsch-Ostafrika.
[107]      Roggenfeld in der Erntezeit in Calderera, Deutsch-Ostafrika.

Kopra und Nüsse werden getrocknet und verlesen. [107]      Kopra und Nüsse werden getrocknet und verlesen.
Wenn auch in diesen Gebieten in größerem oder beschränkterem Umfange Kaffee- und Teekulturen betrieben werden, so ist das Iringa-Hochland neben Oldeani doch als das eigentliche Siedlungsgebiet Deutsch-Ostafrikas anzusprechen. Die Siedler sind in der Hauptsache Deutsche. Die Verhältnisse in den drei Landschaften Dabaga, Lupembe und Mufindi liegen nicht ganz gleich, aber doch ähnlich, so daß man das Urteil eines Kenners der landwirtschaftlichen Verhältnisse Dabagas, daß diese Landschaft für den Ansiedler sichere Grund- [340] lagen biete, für das ganze Hochland mit gewissen Einschränkungen verallgemeinern kann. Für die dortigen gemischten Betriebe kommen Tabak-, Getreide-, Obstbau, Mandelkulturen und Viehzucht in Betracht. Für den Tabak sind die Bedingungen verhältnismäßig günstig. Auch für den Getreidebau, namentlich für Weizen, bei dem allerdings der Rostgefahr besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden ist, liegen sie nicht ungünstig. Das gleiche gilt für Gerste, deren Anbau mit der Schweinemast und deren Verwendung durch eine Schinken- und Wurstfabrik eng zusammenhängt. Im Norden, in West-Usambara, finden Mastschweine bei einer größeren deutschen Schlächterei in Wilhelmstal guten Absatz, während die Schließung der bacon-factory bei Iringa nach dem Tode des Lord Delamere der Schweinezucht in Dabaga und Mufindi sehr abträglich geworden ist. Man erhofft um so mehr von der Errichtung einer neuen deutschen Anlage, die südöstlich von Iringa im Bau begriffen ist. Diese Fleischereianlage soll unter Ausnutzung der dortigen bedeutenden Wasserkraft mit einer gleichfalls im Bau begriffenen Mühle verbunden werden, da die in Betrieb befindliche Getreidemühle der Gebrüder Preußer in Dabaga für die angebotene Menge nicht leistungsfähig genug ist. Zugleich sollen dort auch Früchtekonserven hergestellt werden in Ergänzung der Anlage des Farmers von Dewitz, der seine Früchtekonserven nach Iringa und den Lupa-Goldfeldern absetzt. Für die Verarbeitung des Tabaks ist eine Zigarettenfabrik in Iringa geplant.

Mit dem Obstbau werden umfangreiche Versuche von verschiedenen Farmern gemacht. Besonders gute Erträge ergeben Pfirsiche und japanische Pflaumen. Auch alle deutschen Gemüse gedeihen dort. Als sichere Kultur kann ferner die leicht versendbare Mandel angesprochen werden. Die Viehzucht kommt im allgemeinen nur für den Eigenbedarf und zur Zucht eines schwereren Rindes in Betracht, um leistungsfähige Ochsen zum Ackern heranzuzüchten. Stellenweise wird die Rindviehzucht auch in diesem von der Tsetse-Fliege freien Gebiete leider durch Ostküstenfieber beeinträchtigt.

Seit etwa zwei Jahren hat sich in Mufindi eine Anzahl junger Deutscher mit bescheidenen Mitteln aus der Gegend von Bitterfeld nach einer mehrjährigen Lehrzeit bei ostafrikanischen Farmern angesiedelt und betreibt dort auf reine Selbstversorgung eingestellte Wirtschaften.

Für den Absatz der Erzeugnisse des Iringa-Hochlandes haben sich durch die Lupa-Goldfelder zwischen Mbeya und Tabora gute Aussichten eröffnet. Der Absatz wird durch die Beförderung mit Kraftwagen wesentlich erleichtert, um nicht zu sagen, erst ermöglicht. Wie in ganz Afrika spielt der Kraftwagen, der die ganzen Verkehrsverhältnisse umgestaltet hat, auch in unseren unter Mandatsherrschaft stehenden Kolonien eine große Rolle. Die Straßen sind im allgemeinen, namentlich in der Trockenzeit, für Kraftwagen leidlich befahrbar. Es gilt dies besonders von der großen, die Kolonie von Norden nach Süden durchziehenden Kap-Kairo-Straße. Die auch von den Engländern anerkannt beste Straße ist aber die zu deutscher Zeit erbaute Straße von Mombo nach Wilhelmstal.

[341-342=Fotos] [343] Neben den schon bezeichneten deutschen Verwertungsanlagen der Pflanzungserzeugnisse ist schließlich noch die für die Kaffeepflanzer sehr wichtige, neu erbaute, durch Wasserkraft betriebene Kaffee-Aufbereitungsanlage des Pflanzers Bueb in Kifumbu am Kilimandscharo zu nennen. Damit kann in Zukunft der Kaffee im Mandatsgebiet selbst aufbereitet werden und braucht nicht mehr wie bisher zu diesem Zweck in die englische Nachbarkolonie Kenya gebracht zu werden.

Der Tropenarzt betreut die Eingeborenen.
[342]      Der Tropenarzt betreut die Eingeborenen.
Auf dem Gebiete des Gesundheitswesens sind neben englischen und afrikanischen auch eine ganze Anzahl deutscher Ärzte sowohl in Ost- wie in Südwestafrika tätig. Beide Länder erfreuen sich deutscher evangelischer und katholischer Krankenhäuser und verschiedener mit Roten-Kreuz-Schwestern besetzter Stationen, in denen sich Krankenstuben befinden. In Ostafrika bestehen 3 solche im Norden und an der Zentralbahn und 3 im Süden, ferner Stationen der Berliner- und Bethelmission. In Südwestafrika arbeiten deutsche Schwestern in den vom Frauenverein vom Roten Kreuz für Deutsche über See betreuten Entbindungshäusern und Mütterheimen in Windhuk und Swakopmund, sowie auf 4 Einzelstationen im Lande. Ferner verfügt die katholische Mission über Krankenschwestern in den von ihr unterhaltenen deutschen Krankenhäusern. Gerade auch die Einzelstationen des Roten Kreuzes, die sich seit meiner Anwesenheit in beiden Gebieten um je drei vermehrt haben, sind für die Pflanzer und Farmer überaus segensreich und werden von ihnen, namentlich von den Frauen, dankbarst begrüßt.

In kultureller Beziehung ist sowohl in Ost- wie in Südwestafrika für die deutsche Erziehung nach Möglichkeit gesorgt worden. In Südwestafrika bestehen 16 sich über das ganze Mandatsgebiet von der Küstenstadt Swakopmund bis Gobabis im Osten und von Tsumeb im Norden bis Keetmanshoop im Süden ausdehnende Schulen, von denen 5 deutsche Privatschulen und 11 deutsche Abteilungen der Regierungsschulen mit deutschen Lehrern und deutschem Lehrplan sind, zu denen noch 36 sogenannte Farmschulen kommen. In Ostafrika befinden sich im Norden einschließlich der kleinen Schule in Daressalam 4, im Süden 1 deutsche Schule. Daneben sorgen eine Reihe deutscher Schülerheime auch außerhalb der Schule für die Einpflanzung deutschen Geistes in die Jugend. Es war mir möglich, sämtliche deutsche Schulen und Schülerheime zu besuchen, die sich der Unterstützung der deutschen Kolonialgesellschaft und des Frauenbundes erfreuen. Die Eindrücke, die ich von ihnen - sowohl von der Lehrerschaft wie von den Schülern und Schülerinnen - mitgenommen habe, sind durchweg die denkbar besten. Die Jugend ist so bewußt deutsch, daß es eine wahre Freude war, sie zu beobachten und mit ihr zusammen zu sein.

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Das Buch der deutschen Kolonien
Herausgegeben unter Mitarbeit der früheren Gouverneure
von Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo und Deutsch-Neuguinea.
Vorwort von Dr. Heinrich Schnee.