SucheScriptoriumBuchversandArchiv IndexSponsor

[Anm. d. Scriptorium:
eine detaillierte Karte
der deutschen Kolonien
finden Sie hier.]
Kolonien, unsere zweite Heimat   (Teil 3)
 

Deutsch-Südwestafrika

Eine Straußenjagd bei Omaruru
J. R. Brechenmacher

Vor dem Trupp reitet ein eingeborener Späher, der mit scharfem Auge die weiten Ebenen durchforscht, denn der Ritt soll zugleich der Jagd auf ein edles Wild, dem Strauß gewidmet sein, der zu jenen Zeiten noch häufig die Steppen bei Karibib bevölkerte. Der Sonnenball steigt höher und höher, und die Hitze nimmt zu. Das ist die beste Zeit für die Jagd auf das von uns ersehnte Wild, [239] denn die mächtigen, schnellen Vögel erschlaffen nur in der Mittagshitze vor dem nachsetzenden Roß des Jägers. Wir reiten leicht bergab in eine grasgefüllte Mulde hinein, die ein kiesiges Bachbett durchquert, bis plötzlich unser Späher mit einem kurzen Rucke hält und nach Süden deutet. Unsere Augen folgen der Richtung seines ausgestreckten Armes, und richtig, dort, weit im Tale, wohl 1600 m von uns entfernt, erblicken wir zwischen dichtem Gebüsch die Bewegung lebender Wesen. Ich hielt sie zunächst für weidende Rinder, aber ein Blick durch den Feldstecher belehrte mich, daß wir in der Tat Strauße vor uns hatten.

Jetzt hieß es handeln, richtig und vorsichtig handeln. Nach kurzer Verabredung lösen sich zwei Reiter aus unserer Schar und verschwinden, vorsichtig sich hinter Büschen deckend, nach rückwärts in der Richtung, aus der wir eben gekommen sind. Sie sollen, weit ausholend, das Wild umgehen, ihm den Wind abgewinnen und versuchen, die stolzen Tiere langsam auf uns zuzutreiben.

Wir sitzen schnell ab, bringen unsere Pferde in Deckung und beobachten scharf die ruhig weiteräsenden Strauße, die noch keine Ahnung von der ihnen drohenden Gefahr haben.

Die Zeit verrinnt. Fast eine Stunde ist vergangen, als sich plötzlich eine Bewegung unter dem Wilde zeigt. Einer der männlichen Strauße, die deutlich von den heller gefärbten weiblichen zu unterscheiden sind, richtet sich sichernd hoch auf, und gleich darauf setzen sich die Tiere langsam auf uns in Bewegung. In Eile machen wir uns bereit, jederzeit aufzusitzen und dem Wilde nachzujagen und so zum Schusse zu kommen, falls es, durch einen unvorhergesehenen Umstand beeinflußt, von seiner bisherigen Richtung abweichen sollte.

Und so entwickelt sich die Jagd in der Tat. Weit draußen im "Veld" wird jetzt einer unserer Jäger sichtbar, der, langsam vorwärts reitend, in gerader Richtung auf uns zuhält. Er kann von den Vögeln noch nicht bemerkt worden sein, die jetzt plötzlich in wilder Flucht, wie über den Erdboden dahinfliegend, davonstürmen. Jede Sekunde ist kostbar. Wir werfen uns auf die Pferde und jagen in vollem Galopp auf die Strauße zu, die sich pfeilschnell nähern, dann aber, aufgeschreckt durch den Lärm der heranbrausenden Reiter, eine sekundenlange Zeitspanne stutzen, um in neuer Richtung, einen gewaltigen Haken schlagend, gerade vor uns her die Flucht fortzusetzen.

Der kurze Augenblick des Stutzens bedeutet für uns den Erfolg der Jagd. Herunter vom Pferd, das Gewehr an die Backe und Schuß um Schuß. 200 m nur trennen uns von dem Wilde, das wie der Sturmwind vor uns herfegt. 200 m, die sich in Sekunden auf 400, 600, 800 erweitern, so daß wir das Feuer einstellen müssen.

Mein eingeborener Diener, ein Junge aus Rehoboth, ist der erste auf dem Gaul und ruft mit Jauchzen: "Herr, eine gute Jagd, zwei Vogelstrauße liegen!"

Langsam reiten wir heran und haben, als wir uns dem bereits verendeten Wild nähern, alle Mühe, die Pferde zu beruhigen, die vor den toten Körpern im [240] wallenden Federkleide scheuen. Wir satteln ab und lassen die Pferde weiden; für uns aber beginnt die mühevolle Arbeit des Auslösens der prächtigen Federn, die geraume Zeit in Anspruch nimmt.

(Aus J. K. Brechenmacher, Tier- und Jagdabenteuer aus aller Welt.)      



Ein Farmer gründet sein Heim
Joachim Cranz

Meine Stammherde bestand aus etwa hundert Köpfen, darunter 45 Kühe. Es waren alles schwarze und schwarzbunte Tiere. So hatte ich sie mir beim Händler ausgesucht. Auch ein Friesenbulle war dabei. Mein Plan war, in dem weiten Steppengelände des Nossob Friesen zu ziehen. - Es war ein hübscher Anblick, als anderen Tages die Herde gravitätischen Schrittes, die gewaltigen Hörner wiegend, angeführt von der bösen Kuh "Satan", auf der Ansiedlung eintraf. Die kleinsten Kälber zottelten hinterdrein. Die größeren galoppierten übermütig hin und her, verfolgt von den besorgten Mutteraugen. Die Herde wurde in den großen, dichten Dornkral eingetrieben. Die Kälber kamen in einen besonderen Verhau, denn abends wollten wir die Kühe melken. Später wurde das Vieh in die schöne Weide getrieben, die jetzt fast trocken war. Wir hatten ja die kalte Zeit, also unseren Winter. Erst kurz vor Weihnachten setzt wieder der Regen ein. Die Jahreszeiten liegen gerade umgekehrt wie in der deutschen Heimat, während die Tageszeit fast mit der in Deutschland übereinstimmt.

Meine Hütte war fertig bis auf den Verputz. Jetzt, da das Vieh gekommen, hatten wir auch den nötigen Mist. Die Weiber machten sich daran, das Geflecht mit dem hier üblichen Brei aus Kuhmist und Lehm zu verschmieren. Appetitlich klingt das nicht, und appetitlich sah es auch nicht gerade aus, wie sie damit hantierten. Aber in der Sonne trocknet dieses Gemisch dann schnell und wird ganz geruchlos. Es hat den Vorteil, daß es später weniger abregnet, als es mit Lehm allein geschehen würde.

An manch einem Sonntag machte ich Besuche in der Nachbarschaft. Die nächste Farm war nur sechs Kilometer entfernt. Ein Vergnügen ist es nicht, in Südwest zu Fuß zu gehen. Man will aber wieder einmal weiße Menschen sehen, braucht Anregung und muß als Neuling manches erfragen und besichtigen. Ich hatte natürlich auch dann und wann Besuch. Alle vier Wochen kam eine berittene Polizeipatrouille auf die Farm.

Vierzehn Tage später stand plötzlich die ganze Welt um uns in Flammen. Vom Osten zog ein riesenhafter Steppenbrand herauf. Mit Windeseile sauste er, vom Sturm gepeitscht, auf meine Farm zu. Von überallher kamen zu Pferde und Wagen die Nachbarn mit ihren Leuten herbeigeeilt. Was aber bedeuten dreißig Farbige und fünf Weiße solch einem Steppenbrand gegenüber? Man kann ihm nur mit Zweigen zu Leibe gehen - und auch das nur, wenn der Wind sich [241] legt. Zwei Drittel meiner Farm brannten in jenen Tagen ab. In acht Jahren folgten weitere fünf Brände. Im hohen Gras der afrikanischen Steppe findet jedes Feuer reichliche Nahrung. Ein wundervoller Anblick ist es, wenn das weite Feld in hohen Flammen steht. Bei jedem Windstoß schießen sie meterweit voraus. Grüne Laubbüsche fallen ihnen prasselnd zum Opfer. Allenthalben wälzen sich undurchdringlich schwarze Qualm- und Rauchsäulen dahin - dazwischen ganze Züge von roten, gierigen und vorwärtsstürmenden Flammeninseln. Die Ruhe nach jedem Winde wird benutzt, um mit den Zweigen dreinzuschlagen. Die Eingeborenen feuern sich mit wahrem Niggergeheule gegenseitig an. Männer und Frauen kämpfen um die Wette gegen den Brand. So wird dann Kilometer um Kilometer ausgelöscht.

In ruhigeren Tagen ging es an die Vorbereitung für den Bau des Farmgehöftes. Der Nachbar auf "Barreshagen" borgte mir gegen Bezahlung zwei Leute. Kohlschwarze Klippkaffern waren es: Jakob und Hans. Mit ihnen fing ich die wenig angenehme Arbeit der Ziegelbrennerei an. Lehm gibt es genug am schwarzen Nossob. Meist ist er zu fett, so daß die nassen Steine in der Sonne platzen. Man muß deshalb viel Sand dazwischenmengen. Mit der Pickhacke wird zunächst der harte Boden aufgehauen, unter Wasser gesetzt, und Sand wird beigemengt. Die dann entstehende Masse wird ständig von den drei Eingeborenen mit Füßen getreten, mit dem Spaten gewendet und geschmeidig gemacht. Ich stand hinter dem Tisch und warf den fertigen Brei in die Formen, die hinter mir auf einem geglätteten Platze umgestürzt wurden. Hier trockneten sie in der Sonne, um anderen Tages umgedreht zu werden.

Wer von den Afrikanern kennt nicht dieses Ziegelstreichen? Eine stumpfsinnige, schwere Arbeit in der kalten, regenlosen Zeit! Unermüdlich wirft man den triefenden Lehm in die nassen Formen und streicht dann die Formen glatt. Der Eingeborene trägt sie im Trabe fort. Wieder zieht man aus dem Wasserbottich die andere Form und quatsch, fliegt mit kräftigem Schwung weit spritzend der Brei hinein. Vier Steine sind so fertig. Wie aber sieht man dabei aus! Wie die Kaffern hüllte man sich in alte Säcke. Naß bis auf die Haut wird man von dem triefenden Tisch. Wie sehen vor allem zu Anfang die armen Hände aus? Rissig, blutig und bis zur Unkenntlichkeit verdreckt. Woche auf Woche geht so die schwere Arbeit vor sich - denn das eiserne Muß steht dahinter. Jeden Morgen wird die Masse der trockenen Steine zu einem Feldofen aufgepackt und dann der Platz für ihre nassen Nachfolger gereinigt. Am Spätnachmittag, wenn die Masse verarbeitet ist, geht es mit allen Mannen an neues Lehmpicken. Sand und Wasser werden herangefahren, und das Gemisch wird vorbereitet. Die Eingeborenen frieren, betteln dauernd um Zucker und schlürfen gierig ihr bißchen Kaffee. Langsam wächst der Ofen. Kunstgerecht werden die Feuergänge stehen gelassen, Stein auf Stein gepackt und endlich der fertige Ofen ganz mit Lehm verputzt. Nur oben bleibt er frei, damit die Hitze herausziehen kann. Fracht um Fracht des harten roten Akazienholzes muß herbeigefahren werden. Dann end- [242] lich kann das Feuern beginnen. Erst nach drei Tagen und Nächten fortwährenden Heizens werden die Feuerungsgänge zugemauert. Dann ist der Ofen in voller Glut und braucht Tage, um abzukühlen. Ist der Wind günstig und weht er nicht immer nur von einer Seite, so hat man wenig Abfall und einen schönen roten Ziegelstein. Der Hausbau erfordert jedoch mehr. Für das Fundament müssen Steine gebrochen werden. Zum Mauern braucht man Kalk. In einem tiefen Loch wird er gebrannt. Viel Holz frißt dieses Kalkbrennen.

Monate gingen mit diesen Vorbereitungen ins Land. Dann kam der Maurer. Bald war der Grundstein zu meinem Haus gelegt. Viele Frachten mit Baumaterial, Holz, Dachbedeckung aus Wellblech, Zement, Fenster und Türen mußten aus Windhuk mit dem Ochsenwagen geholt werden. Es war äußerst schwierig, mit den wenigen Eingeborenen die Arbeit zu bewältigen. Der Bau zog sich infolgedessen erheblich in die Länge. Ein Nebengebäude wurde zwar bald fertig, und ich konnte meine kleine Hütte unter den drei rauschenden Kameldornbäumen mit einem schönen, hellen Raum vertauschen. Das Vieh vermehrte sich und machte jetzt wenig Arbeit. Schon lange waren die Karakulschafe, die früher bei einem Nachbar standen, auf dem Platze. Wunderhübsch sehen die kleinen pechschwarzen Lämmer aus, die die beliebten Persianerpelze liefern. Zwei kleine, zähe Afrikanerpferdchen hatte ich mir gekauft. Eine Sau mit zehn Ferkeln versuchte jeden Morgen, meinen neuen Wohnraum im Sturm zu nehmen. Bald herrschte ein Leben wie auf einem deutschen Gutshofe.

(Aus Jambo Watu.)      

Seite zurückInhaltsübersichtnächste
Seite

Das Buch der deutschen Kolonien
Herausgegeben unter Mitarbeit der früheren Gouverneure
von Deutsch-Ostafrika, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun, Togo und Deutsch-Neuguinea.
Vorwort von Dr. Heinrich Schnee.