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Der Bromberger Blutsonntag
im September 1939, oder "Die gezielte Provokation zu Beginn des Zweiten Weltkrieges." Wie es damals wirklich war.


Teil 5 - Professor Wladislaw Studnicki -
Nationalpole und Deutschenfreund

Tragisch war die Lage jener Polen, die Vernunft und Einsicht walten ließen. Ja, es gab solche Polen! Zu ihnen gehörte Professor Wladislaw Studnicki, der sich zusammen mit dem Herausgeber des Wilnaer Slowo, Stanislaw Mackiewicz, den Machenschaften der chauvinistischen Hydra entgegenstellte. Als echter Nationalpole vertrat er in seinem 1936 erschienenen Buch Polen im politischen Systems Europas die politische Konzeption eines mitteleuropäischen Blocks bei einem gleichzeitigen Bündnis zwischen Polen und Deutschland. In einem solchen Militärbündnis sah Studnicki die sichere Garantie dafür, daß der Besitzstand Polens gewahrt bleibt. Bezeichnenderweise hatte Molotow gegen die Schaffung eines solchen mitteleuropäischen Blockes protestiert und diesen als eine "gefährliche Erscheinung" bezeichnet. Ebenso mutig widersetzte sich Studnicki der von den Chauvinisten praktizierten Vernichtungspolitik der deutschen Volksgruppe. Auch der infamen und unentwegt in die Welt hinausposaunten Lüge von der "Unterdrückung von 2 Millionen Polen in Deutschland" trat Studnicki entgegen. Der polnische Politiker wußte, daß bei einer gegenseitigen Zerfleischung der europäischen Völker der Bolschewismus der lachende Erbe sein würde, und es ist sicher, daß - falls er und seine Anhänger größeren politischen Einfluß in Polen gehabt hätten - es niemals zum deutsch-polnischen Kriege gekommen wäre.

In seinem vom Göttinger Arbeitskreis 1951 herausgegebenen Buch Irrwege in Polen berichtet Studnicki über seinen Kampf um die polnisch-deutsche Annäherung: "Im Jahre 1936 lud die Nationalsozialistische Partei aus vielen Staaten je zwei oder drei Personen als Ehrengäste zum Reichsparteitag ein: Aus Polen Stanislaw Mackiewicz, Professor Lempicki und mich. Auf einer Abendgesellschaft für einen ausgewählten Kreis wurde ich Hitler vorgestellt. Ich lernte Goebbels kennen; ich hatte eine zweistündige Unterredung mit Ribbentrop. Hitler hatte erklärt, man könne einem 30-Millionen-Volk nicht den Zugang zum Meere verwehren ... Seit dem Herbst 1938 hatte England um Polen geworben ...

Dieser sich aus dem englisch-polnischen Bündnis ergebende Konflikt wurde weder um den Korridor noch um Danzig, sondern um die Entscheidung geführt, auf wessen Seite sich Polen im Zweiten Weltkrieg schlagen werde."

EINE STÄRKUNG POLENS - UND DEUTSCHLANDS!

"Ich schrieb an Beck, er würde in die Geschichte eingehen, wenn er den Krieg verhüten würde, der für uns Polen mit einer Katastrophe enden müsse. Am 5. Mai 1939 sandte ich eine Denkschrift an alle Minister und einflußreichen Persönlichkeiten in Polen und beschwor diese, einen Krieg mit Deutschland zu vermeiden. Ich bewies darin, daß wir diesen Krieg nicht führen können. Ich schrieb ein Buch Angesichts eines Zweiten Weltkrieges und gab es im Juni 1939 in Druck. Im letzten Kapitel schrieb ich auf Seite 108: "Aus einem Krieg Westeuropas gegen Mitteleuropa wird allein Rußland als Sieger hervorgehen!" Das Buch wurde konfisziert. Ich klagte bei Gericht gegen die Konfiszierung. Die Verhandlung wurde im Juli 1939 bei geschlossenen Türen geführt. Ich verteidigte ein Kapitel nach dem anderen; als ich an den Abschnitt "Die Folgen einer Unterstützung durch Sowjetrußland" kam, versagten meine Nerven und ich brach in Tränen aus.

Es war vielleicht die schwerste Zeit meines Lebens. Wenn nachts der Widerhall marschierender (polnischer) Truppen zu mir herauftönte, bekam ich Herzbeklemmungen, denn ich fühlte schmerzhaft das Herannahen der Katastrophe. In meiner Phantasie spiegelten sich Niederlagen, die uns erwarteten; aber ich muß gestehen, die Wirklichkeit übertraf alles, was die schwärzeste Phantasie sich auszumalen vermochte.

Wir wissen, welche Folgen unsere Politik im Jahre 1939 nach sich zog; ich hatte diese Politik bekämpft und ihr die Konzeption einer bewaffneten Neutralität während des Krieges Deutschlands gegen den Westen gegenübergestellt. Eine bewaffnete Neutralität - um keinen Durchmarsch russischer Truppen durch unser Gebiet zuzulassen.

Diese unsere Haltung lag im deutschen Interesse, und zur Wahrung dieser Neutralität hätte Deutschland uns seine Hilfe zukommen lassen. Ich sprach es aus und schrieb es nieder:

"Unsere polnische Armee im Kampfe mit der deutschen - sie würde keinem Angriff von zwei Wochen standhalten; jedoch unsere polnische Armee, im Falle einer Nichtachtung unserer Neutralität durch Rußland gemeinsam mit der deutschen kämpfend, mit fachlicher deutscher Führung, mit von Deutschland gelieferten Panzern und Flugzeugen, mit deutschen Instruktoren - welch eine gewaltige Macht, die den Sieg im Osten sichern würde. Ein besiegtes Sowjetrußland! Ein vereintes Europa!"

Während des Zweiten Weltkrieges war Studnicki unaufhörlich bemüht, den deutschen Behörden Wege aufzuzeigen, die Europa vor dem bolschewistischen Verhängnis bewahren sollten. Er wurde 1945 nach Italien, dann nach London verschlagen, wo er im Exil verstarb. Seiner großartigen Konzeption eines deutsch-polnischen Ausgleichs ist er bis an sein Lebensende treu geblieben.

Sein letztes Buch Wiederaufbau Deutschlands oder Sowjetisierung Europas. Die deutsche Frage bleibt ein Vermächtnis für Polen und Deutsche, ein Aufruf zur Tat, zum gemeinsamen politischen Handeln. "Denn", so schreibt Studnicki, "ich bin der Ansicht, daß von der deutschen Frage das Schicksal Europas abhängt. Die Annullierung von Jalta und Potsdam ist eine geopolitische Notwendigkeit. Die heute ganz auf Rußlands Vorteil abgestimmte Lage bedarf einer Änderung. Deutschland muß gegen Rußland gestärkt werden, indem Polen seine Ostgebiete und Deutschland die annektierten deutschen Ostprovinzen zurückerhält. Beide Annexionen sind historisch und funktionsmäßig miteinander verknüpft."



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Teil 6 - Berlin baute "Goldene Brücken"

Während Deutschland sich seit 1934 ernsthaft um eine für beide Seiten sinnvolle Lösung aller strittigen Probleme bemüht hatte, glaubte Polen mit Hilfe Englands den deutschen Machtfaktor in Mitteleuropa auslöschen zu können. Das waren die wichtigsten Angebote an Warschau, mit denen Polen "tausend goldene Brücken" gebaut wurden:

1. Aufnahme Polens in den Antikominternpakt und militärischer Schutz für Polen im Falle eines Angriffes seitens der Sowjetunion;

2. Rückkehr Danzigs zum Deutschen Reich und Bau einer exterritorialen Autobahn durch den Korridor;

3. endgültiger Verzicht auf den Korridor zugunsten Polens;

4. Garantie der polnischen Grenzen;

5. der deutsch-polnische Vertrag wird von 10 auf 25 Jahre verlängert.



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Teil 7 - Und die Antwort der Polen?

Sie bestand - wie alle Welt weiß - in einer niedagewesenen Deutschenhetze und in unerhörten, bewußt provozierten Herausforderungen in unbekannter Zahl. Wer Zeuge jener Wahnsinnszeit in Polen selbst gewesen ist, konnte dies erkennen:

DIE ZERSTÖRUNG DEUTSCHLANDS WAR 1939 EINE BESCHLOSSENE SACHE.

Die Planungen der britischen Vansittarts finden auch ihre Bestätigung in den Erinnerungen des polnischen Publizisten Studnicki:

"Seit dem Herbst 1938 hatte England um Polen geworben. Am 3. April 1939 gab Chamberlain dem englischen Parlament die an Polen erteilte Garantie bekannt. Der nach London eingeladene Außenminister Josef Beck fand sich bereit, diese Garantie in ein Bündnis umzuwandeln. Es war der Wunsch Englands, denn in Erwartung eines kommenden bewaffneten Konflikts mit Deutschland wollte es Polen auf seiner Seite wissen.

DIESER KRIEG WURDE WEDER UM DEN KORRIDOR NOCH UM DANZIG, SONDERN UM DIE ENTSCHEIDUNG GEFÜHRT, AUF WESSEN SEITE SICH POLEN IM ZWEITEN WELTKRIEG SCHLAGEN WERDE . . .

Als ich am 3. November 1939 in Warschau eintraf, traf ich häufig auf Antipathie, ja Haß gegen England ... 'England hat uns in den Krieg hineingezogen und keine Unterstützung gewährt.' - 'Möge London so aussehen wie unser Warschau!'

Hierfür gibt es keinen besseren Zeugen der Geschichte als Winston Churchill selbst, der in seinen Memoiren - I Bd., 1. Buch, Kapitel XII, S. 162 u. 163 - freimütig bekannte:

'Vierhundert Jahre bestand die Außenpolitik Englands darin, die stärkste, agressivste, vorherrschendste Macht auf dem Kontinent zu bekämpfen.

Die Frage ist nicht, ob es Spanien ist oder die französische Monarchie oder das französische Kaiserreich, das deutsche Kaiserreich oder das Hitler-Regime. Es hat nichts zu tun mit Herrschern oder Nationen, sondern es richtet sich allein danach, wo der stärkste oder möglicherweise vorherrschendste Tyrann ist.'"


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