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Kampf um Berlin: Der 
Anfang.

Verboten!       (Teil 2)

Es kam nun, was kommen mußte. Schlag auf Schlag. Mittags schon schrieben die jüdischen Zeitungen, daß das Verbot unabwendbar sei. Es gelang uns noch, im letzten Augenblick das Postscheckkonto der Partei zu retten, die wichtigsten Akten wurden in Sicherheit gebracht, und dann harrten wir der Dinge, die da kommen sollten. Abends gegen 7 Uhr erschien auf der Geschäftsstelle ein Abgesandter des Polizeipräsidiums, um einen Brief gegen Quittung abzugeben. Es war nicht schwer zu erraten, daß dieser Brief das Verbot der Partei enthielt, und es schien mir deshalb eine leichte Geste, seine Annahme einfach zu verweigern. Der Beamte mußte, ohne zum Ziel gekommen zu sein, den Rückzug antreten und heftete den Brief an die Türe des Parteibüros. Es war ja nun doch alles verloren, und so suchten wir wenigstens propagandistisch zu retten, was noch zu retten war. Der Brief wurde einem SA.-Mann in die Hand gedrückt; der warf sich ein letztes Mal in volle Uniform, fuhr zum Polizeipräsidium, und es gelang ihm tatsächlich, bis zum Zimmer des Polizeipräsidenten vorzudringen.

Die Berliner Presse zum Verbot der NSDAP.
[Originalbbildung leider zu klein um genau zu entziffern, daher hier kein Link zum Text. Anm. d. Scriptorium]
Dort riß er barsch und frech die Türe auf, warf den Brief ins Zimmer hinein und schrie: "Wir Nationalsozialisten weigern uns, das Verbot anzuerkennen." Die Presse schloß daraus am anderen Tage nur noch mehr auf unsere eigensinnige Verstocktheit und ruchlose Verachtung der Gesetze. Es erschien dann in aller Morgenfrühe ein großes Schupoaufgebot auf der Geschäftsstelle und besetzte das Haus bis zum Dach. Alle Schränke, Schreibtische und Regale wurden versiegelt, und damit war das Verbot praktisch durchgeführt.

Die nationalsozialistische Bewegung in Berlin hatte aufgehört, gesetzmäßig zu existieren. Das war ein Schlag, den wir nur schwer verwinden konnten. Wir hatten uns gegen die Anonymität und gegen den Terror der Straße durchgesetzt, wir hatten Idee und Fahne vorwärts getragen, ohne auf die Gefahren, die unser dabei warteten, zu achten. Wir hatten keine Mühe und Sorge gescheut, der Bevölkerung der Reichshauptstadt unseren guten Willen und die Redlichkeit unserer Ziele zu zeigen. Das war uns auch bis zu einem gewissen Umfang schon gelungen. Die Bewegung setzte eben an, ihre letzten parteipolitischen Fesseln abzustreifen und in die Reihe der großen Massenorganisationen einzurücken, da schlug man sie mit einem mechanischen Verbot zu Boden. Man ahnte allerdings damals nicht, daß auch dieses Verbot keineswegs die Bewegung endgültig vernichten, daß es im Gegenteil ihr neue, ungeahnte Kräfte verleihen würde, und daß sie, wenn sie diese Belastungsprobe überstände, späterhin allen Anfeindungen gewachsen wäre.

Noch in der Nacht hatte ich eine kurze Besprechung mit Adolf Hitler, der gerade in Berlin weilte. Er übersah sofort die ganzen Zusammenhänge, die zum Verbot geführt hatten; wir stimmten darin überein, daß die Bewegung nun beweisen müsse, daß sie auch dieser schweren Prüfung Herr würde. Wie suchten zu retten, was zu retten war. Soweit es eben anging und eine Möglichkeit dazu geboten war, wirkten wir durch die anständige Presse in bescheidenem Unfang der öffentlichen Diffamierung der Bewegung durch die jüdische Journaille entgegen. Wir erreichten dabei zwar nicht viel, aber immerhin gelang es uns, wenigstens vorerst den Kern der Partei unerschüttert zu erhalten.

Es fehlte natürlich auch hier nicht an weisen Besserwissern, die nun plötzlich, da die Bewegung vom Verbot betroffen wurde, aus ihrem anonymen Dunkel auftauchten, um gute Ratschläge zur Verfügung zu stellen. Als wir kämpften, waren sie weit und breit nicht zu sehen. Nun, da das Signal zum Abbruch der Schlacht gegeben wurde, erschienen sie plötzlich wieder auf der Bildfläche, und zwar nicht, um den Rückzug zu decken, sondern um die weichenden Truppen durch feige Kritikastereien nur noch mutloser zu machen.

Vor allem ich selbst war in der Öffentlichkeit das Objekt einer hemmungslosen Verleumdung. Diese bürgerlichen Jämmerlinge wollten nun wissen, daß die Bewegung sehr wohl hätte erhalten werden können, wenn sie sich nur eines weniger radikalen und gemäßigten Tones befleißigt hätte. Mit einem Male hatten sie alles vorausgesehen und vorausgesagt. Aber sie halfen nun nicht etwa dabei, aus den Scherben einer zertrümmerten Organisation ein neues Gefüge zusammenzuleimen, sie waren im Gegenteil nur darum bemüht, weiteren Unfrieden zu stiften und die Verwirrung zu vergrößern.

Die Presse wußte bereits zu melden, daß meine Verhaftung unmittelbar bevorstünde. Das war eine offenbare Lüge, da ich mich ja in keiner Weise gegen die Gesetze vergangen hatte. Der Wunsch war der Vater des Gedankens. Und vor allem ging man darauf aus, Stimmung zu machen und die öffentliche Meinung gegen uns einzunehmen.

Zum erstenmal tauchte damals in der jüdischen Presse auch das Gerücht von einem inneren Zerwürfnis zwischen Adolf Hitler und mir auf, demzufolge ich gezwungen werden sollte, mein Amt als Berliner Gauleiter aufzugeben und, wie es damals hieß, als Gauleiter nach Oberschlesien zu übersiedeln. Das Gerücht ist in den nachfolgenden Jahren immer wieder in den mannigfaltigsten Formen variiert worden und bis zum heutigen Tag nicht zum Verstummen gekommen. Jedesmal, wenn die Bewegung zu schweren Schlägen ansetzt oder eine temporäre Krise durchzumachen hat, erscheint es in den Spalten der Judenblätter wieder und bildet für uns einen Anlaß fortdauernder Heiterkeit und Freude. Auch bei ihm ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Man sucht mich von Berlin wegzureden, offenbar weil ich unbequem und lästig bin und weil man hofft, durch meinen Weggang eher Möglichkeiten zu finden, die Partei von innen heraus zu zersprengen.

Mir ist ein solcher Weggang vollkommen fremd. Zwar war ich in den ersten Wochen meiner Berliner Tätigkeit der Meinung, diese Arbeit wäre nur temporär, und sobald ich die schlimmsten Widerstände, die einem Aufstieg der Bewegung in der Reichshauptstadt entgegenstanden, niedergerungen hätte, könnte ich mein Amt einem anderen, Besseren, zur Verfügung stellen. Wenn ich bis zum heutigen Tag auf diesem schweren, verantwortungsvollen Posten ausgehalten habe, so liegt das nicht allein an der steigenden Freude und Befriedigung, die mir diese Arbeit gibt, sondern auch - und zwar zu einem beträchtlichen Teil - an dem Umstand, daß ich aus der jüdischen Presse immer und immer wieder ersehen muß, daß man mich dortseits lieber von hinten als von vorne besieht. Nun pflege ich niemals das zu tun, was der Jude gern will. Er müßte also schon eindringlichst die Forderung erheben, daß ich in Berlin bleiben solle, um mich zu veranlassen, nachzugeben. Solange man mich dort nicht will, bleibe ich, vor allem auch im Hinblick darauf, daß ich die Absicht habe, in Berlin noch einige Arbeit zu tun und diesen oder jenen Erfolg zu erkämpfen.

Erst im späteren Verlauf der Auseinandersetzung um die Reichshauptstadt ist mir die Größe meiner dort übernommenen Arbeit klar geworden. Gelingt es uns, Berlin dem Nationalsozialismus zu erobern, dann haben wir eigentlich alles gewonnen. Die Reichshauptstadt ist nun einmal das Zentrum des Landes; von hier aus gehen die Bewußtseinsströme unaufhaltsam ins Volk hinein. Berlin dem Deutschtum zurückgewinnen, das ist in der Tat eine historische Aufgabe und des Schweißes der Besten wert.

Mitten im tobenden Pressesturm mußte ich, einer alten Zusage zufolge, für zwei Tage nach Stuttgart verreisen. Und das war wieder Anlaß für eine maßlose, hetzerische Verleumdung in den Spalten der Journaille. Man erklärte, ich hätte mich feige gedrückt, ich sei einer drohenden Verhaftung durch die Flucht entgangen. Man benutzte die Gelegenheit, daß ich von Berlin abwesend war, die öffentliche Meinung gegen die Partei und mich mobil zu machen in der vagen Hoffnung, damit zwischen Führer und Gefolgschaft einen Keil zu treiben und die wankende Bewegung von innen heraus zu zerbrechen.

In Stuttgart selbst erfuhr ich, daß eine unverantwortliche Stelle von Berlin aus durch den Rundfunk das Gerücht verbreitet hatte, es schwebe gegen mich ein Haftbefehl. Ungeachtet dessen trat ich am Abend die Rückreise an, und obschon ein paar treue Kameraden mir bis Halle entgegenkamen, um mich davon abzuhalten, nach Berlin zurückzukehren, fuhr ich weiter und wurde dann zu später Abendstunde am Anhalter Bahnhof durch einen Empfang geehrt, den ich allerdings in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet hatte.

Der ganze Bahnsteig stand schwarz voll von Menschen. Die Bahnhofsvorhalle war überfüllt, und draußen vor dem Bahnhof Massen von begeisterten Parteigenossen und Anhängern, um mich zu erwarten. Hunderte und Tausende von Menschen liefen, ohne Achtung der Bannmeile, die Königgrätzer und Potsdamer Straße hindurch, hinter dem abfahrenden Auto her, das sich nur mit Mühe einen Weg durch diesen Trubel bahnen konnte. Zu nächtlicher Stunde erklang an diesem schönen Maiabend zum erstenmal der Kampfruf, der nun für ein ganzes Jahr die hinreißende Massenparole der unterdrückten Bewegung in Berlin werden sollte:

"Trotz Verbot nicht tot!"

Ja, die Bewegung war nicht totzukriegen. Nicht mit Terror und nicht mit Verboten. Man knüppelte sie zusammen, wo sie aufzutreten wagte. Sie war recht- und wehrlos. Die Behörden nahmen sie in die Zange, und die rote Bluttscheka verfolgte sie mit Dolch und Revolver; aber über Bedrängnis und Gefängnis stiegen die stolzen Adler unserer Standarten hoch. Die Idee war fest verankert in den Herzen einer gläubigen Gefolgschaft, und die Fahne flatterte siegreich den marschierenden Bataillonen voran. Verbot und Verfolgungen sollten am Ende der Bewegung jene unzerbrechbare Härte geben, deren sie bedurfte, um den schweren Kampf um das Schicksal des deutschen Volkes siegreich bestehen zu können.




Es begann nun ein neuer Abschnitt unserer Arbeit. Die Organisation war zerschlagen, das legale Gefüge der Partei aufgelöst. Es war vorerst unmöglich, die Parteigenossen durch einen neuen festen Halt zusammenzuschließen; denn es blieb natürlich nicht beim Verbot. Dazu kamen Drangsale und Schikanen aller Art, mit denen man uns das Leben sauer machte. Mit allen Mitteln wurde die Partei überwacht, bespitzelt und ausspioniert. Die Achtgroschen-Jungens verfolgten uns auf Schritt und Tritt, und keine Provokation war zu schlecht, sie gegen die Bewegung anzuwenden.

Das Verbot war vom Polizeipräsidium ausgesprochen, und zwar nicht auf Grund des Republikschutzgesetzes, sondern des Allgemeinen Landrechts. Die sogenannte Begründung, die man uns wenige Tage später übermittelte, spottete einfach jeder Beschreibung. Verhaftung Man hatte es sich, da wir uns nicht wehren konnten, am Alexanderplatz sehr leicht gemacht. Man unterstellte einfach Exzesse, über die ein richterliches Urteil überhaupt noch nicht vorlag, als wahr. Man erwähnte den Vorfall in der Kriegervereinshaus-Versammlung gar nicht. Man bezog sich auf Dinge, die in der weiten Vergangenheit lagen, und da die rigorosen Maßnahmen des Polizeipräsidiums gegen uns im Verfolg des Verbots selbstverständlich die Empörung in der eigenen Parteigenossenschaft bis zur Siedehitze steigerten und es unweigerlich Abend für Abend zu Ausschreitungen auf der Straße kam, nahm man das als willkommenen Vorwand, um ein Verbot zu begründen, das in der Tat erst die Ursache dazu gegeben hatte.

Man hütete sich wohlweislich, den während der Pressehetze so stürmisch geforderten Prozeß gegen mich zur Durchführung zu bringen. Man hatte gar nichts, dessen man mich anklagen konnte. Die ganze Presseaktion war ein aufgelegtes Komödienspiel und in dieser frechen Dreistigkeit nur durchführbar, weil wir uns nicht wehren konnten und die öffentliche Meinung uns den Schutz der anständigen Gesinnung einfach versagte.

Schon ein paar Tage später hatte jeder objektiv und gerecht Denkende Gelegenheit festzustellen, wie sehr auf unserer Seite das Recht war. Da trat der greise, ehrwürdige Pfarrer a. D. mit namen Stucke, malerisch den Kpof mit einer weißen Binde verziert, in einer Reichsbannerversammlung auf, um den Knüppelgarden der Sozialdemokratischen Partei seine heldenhaften Erlebnisse auf dem Kriegsschauplatz des Nationalsozialismus zu erzählen. Der Pfarrer als Reichsbannerkamerad! Das war das Ende einer feigen, nichtswürdigen und verleumderischen Pressekampagne. Die kirchlichen Behörden erklärten in aller Öffentlichkeit, daß "der frühere Pfarrer Stucke von der Nazarethkirche rechtskräftig durch Disziplinarentscheidung des evangelischen Konsistoriums der Mark Brandenburg wegen unwürdigen Verhaltens mit Dienstentlassung bestraft" sei und daß er "nach der Entscheidung des Kammergerichts vom 21. Juli 1923 damit das Recht zur Führung des Pfarrertitels und zur Tragung der Amtskleidung eines Geistlichen der evangelischen Landeskirche verloren" habe. Man erfuhr weiterhin, daß dieses Individuum trotz seines Ausschlusses aus der Landeskirche einen schwunghaften Handel mit Leichenreden betrieb,
''Deutschland erwache!''
Ein stummer Appell
[Am Flußufer: "Deutschland erwache!" Anm. d. Scriptorium]
daß sein Normalzustand die sinnlose Besäufnis war und sein Provokationsversuch in unserer Versammlung lediglich noch die Frage zuließ, ob es sich hier nur um einen Akt der Trunkenheit oder um eine bezahlte Lockspitzelei handelte. Aber was nutzte das, nachdem die Partei verboten und die Pressekampagne abgeebbt war. Die Journaille hatte ihr Ziel erreicht, die Kanonade auf die öffentliche Meinung hatte diese zur Kapitulation gezwungen, man hatte einen lästigen politischen Gegner mit den Mitteln der Staatsgewalt aus dem Weg geräumt und durch eine künstlich hergestellte Massenpsychose das öffentliche Gewissen beruhigt.

Ein paar Tage später veranstaltete die KPD. eine Riesendemonstration im Sportpalast, in deren Verlauf ein Schupowachtmeister es wagte, selbstverständlich ohne sich überhaupt auch nur die Spur einer Provokation zuschulden kommen zu lassen, den Versammlungssaal zu betreten. Man warf ihn von der Tribüne herab ein Bierglas an den Kopf, das ihm die Schädeldecke zertrümmerte, so daß er in schwerverletztem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte.

Wie klein und bescheiden nahm sich dagegen unser Vergehen aus! Aber der KPD. wurde kein Haar gekrümmt; denn die Kommunisten sind ja die "politischen Kinder" der Sozialdemokratie. Man läßt sie gewähren, weil man sie hin und wieder gebrauchen kann, und schließlich sind sie ja beide Brüder vom selben Fleisch und vom selben Blut.

Dem Nationalsozialismus aber rückte man mit Verboten zu Leibe, obschon er oft genug seine Friedlichkeit unter Beweis gestellt und selbst die frechsten und aufreizendsten Provokationsversuche nur mit eiserner Ruhe und Disziplin beantwortet hatte. Denn der Nationalsozialismus ist grundsätzlicher Gegner des Marxismus. Er hat den Marxismus in allen Schattierungen zur Entscheidung herausgefordert. Zwischen ihm und dem Marxismus gibt es keine Versöhnung, sondern nur Kampf bis zur Vernichtung. Das wußte man in der Lindenstraße, das wußte man am Alexanderplatz, und das wußte man auch am Bülowplatz. Deshalb schlug man im geeigneten Augenblick zu. Deshalb verseuchte die Journaille die öffentliche Meinung mit dem Pesthauch einer schnöden, lügnerischen Verleumdung. Deshalb appellierte man an die Staatsautorität und setzte man Gesetzesparagraphen in Bewegung, die man sonst nicht müde wurde, zu verachten und mit Hohn zu bespeien.

Daß die Sozialdemokratie so handelte, konnte uns nicht wundernehmen. Die Sozialdemokratie wehrt sich ihrer Haut, und sie kämpft ja schließlich und endlich um ihre nackte Existenz. Daß aber die bürgerlichen Parteien und ihre schreibenden Zeilenschinder sich dazu herabwürdigen ließen, für den Marxismus Solddienste zu tun und dabei zu helfen, eine Bewegung, die sich nicht wehren konnte, niederzuschlagen, das wird für immer und ewig eine Schmach und Schande für die bürgerliche Presse und die hinter ihr stehenden Parteien sein.

Sie haben ihr Ziel nicht erreicht. Zwar wurden an dem Tage nach dem Verbot in einem schwerkapitalistischen Ullstein-Blatt die höchsten preußischen Würdenträger bemüht, sie stürtzten sich in geistige Unkosten, um zu beweisen, daß es in Berlin keinen Platz gebe für den Nationalsozialismus.

    "Einmal und nicht wieder! Wußte man es nicht schon aus der Tätigkeit an anderen Orten, so beweisen die skandalösen Vorgänge, die sich am Mittwoch in der Versammlung im Kriegervereinshaus abgespielt haben, erneut, daß es sich bei der sogenannten nationalsozialistischen Arbeiterpartei nicht um eine Bewegung handelt, sondern um die Zusammenrottung radaulustiger und gewalttätiger Elemente, die unter der Leitung politischer Desperados sich zu einer Gefahr für die öffentliche Ruhe und Sicherheit auswachsen. Die unverblümten Aufforderungen zu Gewalttätigkeiten in der Versammlung und das Ergebnis der Waffendurchsuchungen sowie die Mißhandlung nicht genehmer Versammlungsbesucher zeigen in aller Deutlichkeit, welcher Art diese Bewegung ist, die, auf Münchener Boden gewachsen und zur Entfaltung gelangt, nunmehr ihr Tätigkeitsfeld auch nach Berlin verlegt hat.

    Aber Berlin ist nicht München. Ebenso wie wir Berlin vor einer kommunistischen Räteherrschaft bewahrt haben, werden wir die Berliner Einwohnerschaft vor dem Terror dieser radausozialistischen Arbeiterpartei bewahren. Diese auf Gewalttätigkeiten gegen Andersdenkende gerichtete und in der Organisierung von Ungesetzlichkeiten sich erschöpfende Bewegung werden wir in Berlin und in ganz Preußen im Keime ersticken."

So schrieb in der Berliner Morgenpost vom Freitag, den 6. Mai 1927, der preußische Ministerpräsident Otto Braun. Er hat sich schwer getäuscht. Die Bewegung wurde weder in Berlin noch in Preußen im Keime erstickt. Höher und höher stieg ihre Idee, trotz Haß und Verbot! Jede Verfolgung machte die Organisation nur stärker und härter. Zwar gingen viele von uns. Aber es handelte sich dabei nur um die,
Adler
Und die Schwingen
wachsen doch wieder...
die den schwersten Belastungsproben nicht gewachsen waren. Der Kern blieb fest und unerschüttert. Die Partei selbst lebte auch verboten weiter. Die Idee war zu fest in den Herzen einer gläubigen Gefolgschaft verankert, als daß sie noch mit mechanischen Mitteln herausgerissen werden konnte.

Die nationalsozialistische Bewegung in Berlin war nun vor die Probe gestellt; sie mußte beweisen, daß ihre Lebenskraft unerschütterlich war. Sie hat diese Probe in einem heroischen, entsagungsvollen Kampf bestanden und in siegreichem Vorwärtsmarsch die Parole, unter der sie begann, wahr gemacht:

Trotz Verbot nicht tot!



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