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Kampf um Berlin: Der 
Anfang.

Verboten!       (Teil 1)

Der Polizeipräsident von Berlin ist der Inhaber der vollziehenden Gewalt in Preußen. Da Berlin zur gleichen Zeit der Sitz der Reichsregierung ist, ist damit die Politik in Preußen und im Reich, was ihre praktische Durchführung anbelangt, in die Hände des Berliner Polizeipräsidenten gelegt. Das Polizeipräsidium in Berlin trägt insofern, wie kein anderes im Reich, einen ausgesprochen politischen Charakter. Der Sessel des Polizeipräsidenten von Berlin wird denn auch fast ausnahmslos von politischen Repräsentanten besetzt.

Solange die Sozialdemokratie in der Opposition stand, war der Polizeipräsident von Berlin die beliebteste Zielscheibe ihres Hasses, ihres zersetzenden Witzes und ihrer verlogenen Demagogie. Dem Polizeipräsidenten von Berlin ist die Durchführung von Ruhe und Ordnung in der Reichshauptstadt anvertraut. Es ergaben sich damit immer und immer wieder Konflikte zwischen der Polizeigewalt und der revolutionären Sozialdemokratie. Bekannt ist, wie der königlich-preußische Polizeipräsident von Jagow sich gegen marxistische Unverschämtheiten mit dem geflügelten Wort: "Die Straße gehört dem Verkehr. Ich warne Neugierige" zur Geltung zu bringen versuchte. Das war in einer Zeit, in der die Sozialdemokratie noch nicht staatstreu war, im Gegenteil, das staatliche Gefüge mit allen Mitteln widerlichster Hetze zu unterhöhlen und zu unterwühlen versuchte. Das kaiserliche Deutschland hatte dem aufsteigenden Marxismus keine Idee entgegenzustellen. Es fehlte ihm deshalb bei der Abwehr seiner zerstörerischen Tendenzen an der nötigen rücksichtslosen Brutalität und Schärfe. Die Folgen dieser sträflichen Laxheit zeigten sich dann am 9. November 1918, als die rebellierenden Massen die Staatsgewalt überrannten und die revolutionäre Sozialdemokratie in die amtlichen Sessel hineintrugen.

Von da ab sieht die Sozialdemokratie im Posten des Berliner Polizeipräsidenten eines ihrer vielen parteipolitischen Reservate. Der herrschende Mann am Alexanderplatz wurde seitdem ausnahmslos von dieser Partei gestellt. Selbst die schlimmste Korruption, die späterhin in diesem Amt blühte und aufschoß, hat die Koalitionsparteien der Sozialdemokratie nicht zu veranlassen vermocht, dieser klassenkämpferischen Organisation wenigstens in der Reichshauptstadt die vollziehende Gewalt wieder zu entziehen. Männer wie Richter, Friedensburg, Grzesinski und Zörgiebel folgten am Alexanderplatz in bunter Reihenfolge, und sie ergaben in ihrer Gesamtheit in der Tat eine Galerie republikanischer Männerköpfe, die keines weiteren Kommentars bedarf.

Die Sozialdemokratie hatte mit der Inbesitznahme des Polizeipräsidiums im Berlin das Heft in der Hand. Es war ihr nunmehr ein leichtes, ihrer eigenen Organisation freie Entwicklungsmöglichkeiten zu verschaffen und jede unbequeme feindliche Meinung mit den Mitteln des Staates niederzuhalten und zu erdrücken. Das sozialdemokratische Polizeipräsidium hatte in den Jahren 1918/1919 und 1920 keinen Anstand genommen, sich unter Zuhilfenahme der Freikorps und Freiwilligenverbände der bolschewistischen Gefahr zu erwehren. Erst als der knallrote Terror in den Straßen niedergerungen war, konnte die Sozialdemokratie auch dazu übergehen, die nationale Bewegung mit allen Schikanen zu bekämpfen. Die Hauptaufgabe dieses Vernichtungsfeldzuges lag in den Händen des Berliner Polizeipräsidenten.

Wer das Polizeipräsidium in Berlin hat, der hat Preußen, und wer Preußen hat, der hat das Reich. Dieser Satz, der schon im kaiserlichen Deutschland seine Berechtigung hatte, wurde nunmehr von den politischen Kräften, die 1918 die Macht an sich rissen, rücksichtslos ins Marxistische übersetzt. Die Sozialdemokratie eroberte das Polizeipräsidium von Berlin, um es von da ab mit Zähnen und Klauen zu verteidigen. Sie setzte sich durch Beschlagnahme der wichtigsten Ministerposten in Preußen in diesem größten Land fest und gewann damit mittelbaren und doch entscheidenden Einfluß auf die Reichsgeschäfte, auch wenn sie von einem Kabinett besorgt wurden, das nicht unter ihrem unmittelbaren Druck stand. Es war unvermeidlich, daß die aufsteigende nationalsozialistische Bewegung in Berlin sehr bald mit dem sozialdemokratischen Polizeipräsidium in Konflikt geriet. Dieser Konflikt brauchte von uns gar nicht erst provoziert zu werden. Er lag in der Natur der Sache, und er brach dann auch in dem Augenblick aus, in dem die nationalsozialistische Bewegung sich aus ihrem anonymen Dasein erhob.

Damals herrschte am Alexanderplatz der Sozialdemokrat Zörgiebel. Er brachte zu seinem schweren und verantwortungsvollen Amt nicht viel mehr Qualifikation mit, als daß er im Besitz eines sozialdemokratischen Parteibuches war und man ihm nachrühmte, daß er für die Durchführung seiner Aufgabe die dazu notwendige rücksichtslose proletarische Ellenbogenstärke aufweise.

An seiner Seite amtierte als Polizeipräsident der Jude Dr. Bernhard Weiß.
Bernhard Weiß
Herr Dr. Bernhard Weiß,
Vizepolizeipräsident von Berlin
Er hatte sich aus der Verwaltungskarriere allmählich hochgearbeitet, trat später in den Polizeidienst über, wurde in jungen Jahren Leiter des Hauptressorts am Alexanderplatz, der politischen IA, war intimer Mitarbeiter Severings bei seiner ersten Ministerschaft im preußischen Innenministerrium und avancierte dann nach dem Sturz von Friedensburg zum Vizepolizeipräsidenten. Nichts liegt uns ferner, als zu behaupten, daß dieser Mann für die objektive Handhabung seines hohen Amtes dem Nationalsozialismus gegenüber nicht die notwendige Unvoreingenommenheit aufzubringen in der Lage wäre. Dr. Weiß ist ein Jude. Er bekennt sich auch offen zum Judentum und ist führend in großen jüdischen Organisationen und Verbänden tätig. Er pflegt zwar die Strafrichter zu bemühen, wenn er von nationalsozialistischer Seite als Jude bezeichnet wird. Das aber ändert nichts an der Tatsache, daß er äußerlich und innerlich erkennbar eben ein Jude ist. Die nationalsozialistische Bewegung ist antisemitisch, und zwar verficht sie einen Antisemitismus, der mit dem Stöckerscher und Kunzescher Prägung nur noch sehr wenig zu tun hat. Die judengegnerische Haltung unserer Bewegung resultiert aus grundsätzlichen Erwägungen. Wir machen den Juden durchaus nicht für alles Unglück, das seit 1918 über Deutschland hereingebrochen ist, allein verantwortlich. Wir sehen in ihm nur den typischen Repräsentanten des Verfalls. Er ist ein parasitäres Lebewesen, das vor allem auf dem Sumpfboden sterbender Kulturen gedeiht und daraus Nutzen zieht.

In dem Augenblick, in dem die letzten Schranken niederfielen, die das internationale Judentum von Verwaltung und Regierung in Preußen-Deutschland fernhielten, war es eigentlich schon um das Schicksal der Nation getan. Von da ab begann der Einbruch des geistigen Nomadentums in die Bezirke staatlicher Disziplin und nationaler Verbundenheit, und es gab nun kein Halten mehr in dem katastrophalen Zusammenbruch des deutschen Staates.

Daß Juden überhaupt in hohe Staatsstellen einrücken konnten, das ist schon ein klassisches Zeichen dafür, wie tief Deutschland seit 1918 gesunken und wie hemmungslos die politische Gesinnungsperversion bei uns eingerissen ist. Als die nationalsozialistische Bewegung in Berlin ihre ersten jungen Anfänge überwunden hatte, setzte das Polizeipräsidium gleich zu entsprechenden Gegenmaßnahmen an. Aus der kühlen Reserve, die man bisher uns gegenüber bewahrt hatte, wurde nun mit einem Male interessierte Anteilnahme. Plötzlich begann es in unseren Versammlungen zu wimmeln von Spitzeln des Alexanderplatzes. Jeder Aufzug, jede Demonstration, jede Zusammenkunft von Funktionären wurde von der Polizei peinlichst überwacht. Man schickte amtliche Spione, im Berliner Jargon Achtgroschen-Jungens genannt, als Mitglieder in die Organisation hinein, in der Hoffnung, sich auf diese Weise das notwendige Material zu verschaffen, um im Ernstfall der Bewegung mit einem amtlichen Verbot zu Leibe rücken zu können.

Die Seele dieses ganzen Unternehmens war nach unserer Überzeugung der Vizepolizeipräsident Dr. Bernhard Weiß selbst. Und so, wie die Sozialdemokratie vor dem Kriege nicht nur ein System, das ihr feindlich war, bekämpfte, sondern auch seine sichtbaren, exponierten Vertreter, so mußten auch wir, ob wir das wollten oder nicht, unsere Taktik darauf abstellen, nicht nur den Alexanderplatz als Sache, sondern auch den Polizeipräsidenten als Person in unsere politischen Angriffe mit einzubeziehen.

So ist es zu erklären, daß unser Kampf gegen die Methoden, die das Polizeipräsidium gegen uns anwandte, und die wir sehr bald in peinlichster Weise am eigenen Leibe zu verspüren bekommen sollten, sich mehr und mehr auf die
Karikatur
(Spruchtext: "Famos getroffen!
Dutzend bedeutend billiger!")
Person des Vizepolizeipräsidenten Dr. Weiß zuspitzte. In ihm hatten wir eine Zielscheibe unserer Kritik gefunden, wie wir sie uns besser gar nicht denken konnten.

Dr. Weiß bringt zu seinem Amt vieles mit, was nicht dazu gehört und wenig, was nach normalen Begriffen dazu gehören müßte. Er ist weder aktiver Polizeimann noch ausgesprochener Politiker. Er ist Angehöriger der jüdischen Rasse, und das mußte ihn in unseren Augen von vornherein verdächtig machen. Der Himmel mag wissen, wie er an den Vornamen Isidor gekommen ist. Wir haben uns späterhin davon überzeugen müssen, daß ihm dieser Name angehängt worden war, und daß er in Wirklichkeit den unverfänglicheren Bernhard trägt. Allerdings muß ich gestehen, daß, wenn der Name Isidor nicht wahr, er doch mindestens gut erfunden ist. Es bewies sich hier wieder einmal der unverdorbene und treffsichere klassische Berliner Volkswitz, der einen Mann mit einem Vornamen belegte, der ihm zwar nicht zustand, der aber außerordentlich gut für ihn zu passen schien.

Wir sind späterhin oft zu hohen Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt worden, weil wir diesem Mann einen Vornamen beilegten, den er, obschon ihm von Natur aus keinerlei beleidigender Charakter anhaftet, als Verbalinjurie ansah und von den Gerichten verfolgen ließ. Immerhin aber wurde er unter diesem Namen bekannt. Er ging darunter in die zeitgenössische Geschichte ein, und unsere massiven Angriffe gegen ihn bewirkten am Ende, daß er bald zu den populärsten Personen des antisemitischen Kampfes der nationalsozialistischen Bewegung wurde.

Dr. Weiß! Das war nun bald ein zündendes Schlagwort. Jeder Nationalsozialist kannte ihn, jeder Anhänger hatte sich seine Physiognomie
Faschingsauftakt
Faschingsauftakt:
Diese Maske (DRP. angem.) garantiert dem Träger Schutz vor dem Gummiknüppel und sieht stark demokratisch aus
aus Tausenden von Witzblättern, Photographien und Karikaturen auf das lebhafteste und deutlichste eingeprägt. In ihm sah man die Seele des Abwehrkampfes gegen unsere Bewegung, soweit er von seiten des Polizeipräsidiums geführt wurde. Er wurde für alles verantwortlich gemacht, was der Alexanderplatz uns an Unrecht antat; und da Herr Dr. Weiß im Gegensatz zu vielen anderen Größen des Systems von einer geradezu mimosenhaften Empfindlichkeit ist, versteifte sich die nationalsozialistische Agitation mehr und mehr darauf, ihn zu einer komischen Figur zu machen, ohne ihn als politischen Gegner ernst zu nehmen, ihn in der Hauptsache karikaturistisch wiederzugeben, und zwar in Situationen, die für ihn wenig schmeichelhaft waren, die aber dem natürlichen Bedürfnis des Berliner Publikums nach Witz, Laune, Spott und lächelnder Überlegenheit weitestgehend entgegenkam.

Fast in jeder Woche hatten wir mit Dr. Weiß irgendeinen Strauß auszufechten. Er war das beliebteste Objekt unserer mitleidlosen Angriffe. Wir zogen ihn aus der Anonymität eines schattenhaften, aber um so einflußreicheren Daseins heraus, stellten ihn in das helle Licht der Öffentlichkeit und führten unsere Schläge gegen ihn mit einem so bitteren agitatorischen Sarkasmus, daß Freund und Feind daran seinen Gefallen finden mußte.

Alexanderplatz
Der Berliner Alex
Um so übler aber wurde das am Alexanderplatz vermerkt; und da man nur sehr wenig gegen uns ausrichten konnte, weil wir die Lacher auf unserer Seite hatten, zog man sich, anstatt sich sachlich zu verteidigen, in die Sicherheit des Amts zurück und suchte mit behördlichen Maßnahmen das zu ersetzen, was dort an geistigen Mitteln offenbar zu fehlen schien.

Schon nach dem blutigen und folgenschweren Zusammenstoß auf dem Bahnhof-Lichterfelde-Ost wurde ich zum Polizeipräsidium zitiert und mir dort in ziemlich unverblümter Weise die Eröffnung gemacht, daß die Bewegung in Berlin nunmehr auf das höchste verbotsreif sei, und daß der geringste Anlaß genügen könnte, ihr auch tatsächlich ein praktisches Verbot einzubringen. Damit war der Kampf zwischen NSDAP. und Polizeipräsidium auf seinem vorläufigen Höhepunkt angelangt, und was nun noch folgte, war lediglich zwangsläufiger Natur.




Am 1. Mai sprach Adolf Hitler zum erstenmal in großer Versammlung in Berlin. Damals war noch im ganzen Reich ein Redeverbot über ihn verhängt, und deshalb mußten wir die Versammlung, in der er sprach, als Mitgliederversammlung einberufen. Sie fand im "Clou" statt, einem alten Vergnügungslokal im Berliner Zentrum. Wir hatten diesen Saal gewählt, um gerade am 1. Mai allen Provokationsversuchen der Kommunisten aus dem Wege zu gehen; denn unsere Absicht war es nicht, diese Veranstaltung als Kampfversammlung aufzuziehen, vielmehr durch ein erstes Auftreten des Führers der nationalsozialistischen Bewegung der Partei in der Reichshauptstadt selbst einen neuen großen Impuls zu verleihen und der Öffentlichleit ein vorläufiges Bild ihrer augenblicklichen Stärke zu geben.

Die Versammlung verlief über Erwarten erfolgreich. Die weiten Räume des "Clou" waren bis zum letzten Platz besetzt von eingeschriebenen Parteigenossen, und die Rede Adolf Hitlers schlug in ihrer agitatorischen Schärfe und programmatischen Tiefe bei allen Zuhörern, von denen die meisten Adolf Hitler noch nie gesehen und gehört hatten, wie eine Bombe ein.

Daran konnte die hauptstädtische Presse nicht mit Schweigen vorübergehen. Sie mußte dazu irgendwie Stellung nehmen. Und sie tat das dann auch in der ihrem Charakter gemäßen Art. Schon vor Beginn der Versammlung erschien ein jüdisches Montagsblatt, das über die Versammlung selbst einen gedruckten Bericht brachte, bevor sie überhaupt angefangen hatte. Dieser Bericht strotzte nur so von Beleidigungen, Verdächtigungen und infamen Lügen. Man stellte Adolf Hitler mit den gewöhnlichsten Verbrechern auf eine Stufe und begeiferte seine Bewegung in einer Art und Weise, die geradezu aufreizend war.

Besonders die Tatsache, daß der Bericht über die Versammlung schon vor der Versammlung gedruckt verkauft wurde und damit für alle Welt ein beredter Beweis geliefert war für die Verlogenheit der jüdischen Journaille, empörte und erbitterte die Berliner Parteigenossen auf das maßloseste.

Die Berichte, die am anderen Tag in der gesamten jüdischen Presse erschienen, standen dieser publizistischen Niedertracht in keiner Weise nach. Die Stimmung unter den Parteigenossen stieg damit bis zur Siedehitze, vor allem, als man feststellte, daß auch die sogenannte national-bürgerliche Presse nicht nur gegen diese journalistische Verwilderung keinen Einspruch erhob, sondern darüber hinaus das erste Auftreten Adolf Hitlers in Berlin entweder mit einem beleidigenden Schweigen oder mit ein paar nichtssagenden, hämischen Bemerkungen abtat.

Dagegen mußten wir Stellung nehmen. Das war ein Gebot der Selbstachtung. Die nationalsozialistische Bewegung hätte sich moralisch aufgegeben,
Karikatur
(Text in Gedankenblase: "Ich bin doch beim Polizeipräsidium!"
Figur hinter Schreibtisch: "Zörgiebel")
wenn sie das widerspruchslos hingenommen hätte; und da es uns damals noch an einem publizistischen Organ in Berlin fehlte, beriefen wir für den 4. Mai eine Massenversammlung im Kriegervereinshaus ein. Sie war als Protestversammlung gegen die damals von der Darmstädter Bank, insbesondere deren Geschäftsinhaber Jakob Goldschmidt, inszenierten Börsenmanöver gedacht. Wir hatten schon einige Wochen vorher gegen diesen typischen Vertreter des internationalen Finanzkapitalismus eine aufsehenerregende Massendemonstration veranstaltet und ihn damit zum erstenmal einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Diese zweite Versammlung sollte eine Fortsetzung der ersten sein, und ich beschloß nun, bevor ich mich als Redner mit dem eigentlichen Thema beschäftigte, mich mit dem Presseüberfall auf Hitlers Auftreten in Berlin in aller Schärfe auseinanderzusetzen.

Es darf dabei nicht unerwähnt bleiben, daß nach der Hitlerversammlung in einer Berliner Judenzeitung ein Interview mit Adolf Hitler erschien, das tatsächlich niemals stattgefunden hatte. Ein Journalist war telephonisch mit mir in Verbindung getreten, um dieses angebliche Interview nachzusuchen. Ich lehnte es kategorisch ab und mußte nun zu meinem maßlosen Erstaunen feststellen, daß es trotzdem und offenbar von A bis Z gefälscht und erlogen am nächsten Tag in der Presse erschien. Dieses Interview machte die Runde durch alle jüdisch beeinflußten Provinzzeitungen. Es strotzte nur so von hämischer Gemeinheit und nichtswürdiger Niedertracht. Adolf Hitler, der bekanntlich Abstinenzler ist, wurde darin als notorischer Säufer geschildert, und das Gemeinste an diesem Presseskandal war, daß der Verfasser des Interviews den Eindruck zu erwecken versuchte, als habe er als Vertreter einer jüdischen Zeitung einen ganzen Abend zusammen mit Adolf Hitler pokuliert und somit die beste Gelegenheit gehabt, ihn aus nächster Nähe zu beobachten.

Die Versammlung im Kriegervereinshaus war überfüllt und mußte zum erstenmal polizeilich gesperrt werden. Ich begann meine Rede mit einer scharfen Auseinandersetzung mit der reichshauptstädtischen Journaille und versäumte nicht, die jüdische Pressekanaille an Hand von einwandfreien Beweisen rücksichtslos an den Pranger zu stellen.
Plakat

Plakat zur Versammlung
am 4. Mai 1927

[Originalbbildung leider zu klein um genau zu entziffern, daher hier kein Link zum Text. Anm. d. Scriptorium]

Plakat
Ich verlas die einzelnen Presseberichte vor den atemlos lauschenden Menschenmassen und stellte ihnen dann immer nach Verlesung den wahren Tatsachenverhalt gegenüber. Das war in seiner Wirkung frappierend, und der Zuhörer bemächtigte sich eine ständig steigende Wut und Empörung, die sich in lauten Zurufen des Unwillens Luft zu machen versuchte.

Als ich eben die Abrechnung mit der Journaille beendigt hatte und zum Hauptthema übergehen wollte, erhob sich mitten im Saal auf der rechten Seite ein anscheinend etwas angetrunkenes Individuum. Ich sah durch den Nebel von Zigarren- und Tabakqualm einen weingeröteten Kopf, der sich da unter aneinandergepferchten Menschen in die Höhe schob, und vernahm zu meinem maßlosen Erstaunen, wie dieser freche Provokateur Anstalten machte, die Versammlung, die bis dahin in vollster Disziplin verlaufen war, durch anmaßende und beleidigende Zwischenrufe zu stören. Ich wollte das zuerst überhören. Die Versammlung selbst war auch über dieses dreiste Vorgehen so betroffen, daß sie einen Augenblick lang in atemloser Stille versank; und in dieser atemlosen Stille wiederholte das Subjekt ostentativ, um zu provozieren und die Zuhörer zu Unbesonnenheiten zu reizen, seine mich auf das gröblichste beleidigenden Zurufe, die mir beim erstenmal im einzelnen unverständlich geblieben waren. Und das wirkte um so empörender, als ich ja niemandem und durch nichts Veranlassung zu einem so ungezogenen Benehmen gegeben hatte.

Ich merkte sofort, daß wir es hier offenbar mit einem Lockspitzel zu tun hatten, und ich war deshalb entschlossen, mich in keiner Weise provozieren zu lassen, vielmehr den ganzen Zwischenfall mit einer leichten Handbewegung abzutun. Ich unterbrach auf zwei bis drei Sekunden meine Rede, wandte mich zu dem Unruhestifter herüber und sagte in wegwerfendem Ton: "Sie wollen wohl die Versammlung stören! Haben Sie Lust, daß wir von unserem Hausrecht Gebrauch machen und Sie an die frische Luft befördern?" Als das Subjekt nun nicht etwa auf seine vier Buchstaben zurücksank, sondern mit lauter Stimme seine Provokationen fortzusetzen versuchte, traten ein paar beherzte SA.-Männer hinzu, verabreichten ihm ein paar Ohrfeigen, faßten es am Nacken und Hinterteil und spedierten es so aus dem Saal heraus.

Das alles ging in Bruchteilen von Minuten vor sich. Die Versammlung selbst verlor dabei nicht einen Augenblick die Nerven. Man verbat sich nur in lauten Zwischenrufen diese ganz grundlose und ungerechtfertigte Störung und hatte vielleicht auch seine Freude daran, daß der Unruhestifter nun entfernt wurde und die Rede selbst ohne Zwischenfall fortgesetzt werden konnte.

Ich persönlich hatte dem ganzen Vorgang keine Bedeutung beigemessen. Ich sah nur von meinem erhöhten Platz aus, wie der Provokateur unter etwas unsanfter Nachhilfe den Saal verließ. Ich fuhr dann in aller Ruhe mit meiner Rede fort, indem ich das eigentliche Thema begann. Die Rede dauerte danach noch anderthalb Stunden, und da sich niemand zur Diskussion meldete, wurde die Versammlung darauf geschlossen. Eben wollten die Zuhörer in freudiger Begeisterung den Saal verlassen, als Polizei hereindrang, die natürlich von den friedlichen Besuchern mit Johlen und Pfeifen empfangen wurde. Ein Polizeioffizier bestieg einen Stuhl und krähte mit erhobener Stimme seine amtliche Meinung in den wild durcheinanderwogenden Menschenknäuel hinein. Es war ganz unmöglich, auch nur ein Wort zu verstehen. Ich legte mich selbst ins Zeug und gebot Ruhe, die auch augenblicklich eintrat. Der Polizeioffizier gewann damit die Möglichkeit, der Versammlung mitzuteilen, daß er Befehl habe, jeden Besucher auf Waffen zu untersuchen; und als ich erklärte, daß wir uns schweigend und widerspruchslos dieser Maßnahme fügen wollten, wurde die Versammlung wieder durchaus friedlich und ruhig, und es kam dann auch während der zwei Stunden, in denen die Durchsuchung von zwei- bis dreitausend Menschen durchgeführt wurde, zu keinerlei Reibungen und Zusammenstößen mehr.

Damit war die Angelegenheit eigentlich erledigt. Ich war auch durchaus dieser Meinung, hatte aber dabei die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Mit Erstaunen mußte ich am anderen Morgen, als ich die Presse las, feststellen, daß sich nach Schluß der Versammlung noch außerordentliche Dinge am Alexanderplatz begeben hatten. Unser Unglück wollte, daß der Provokateur, den wir aus unserer Versammlung entfernt hatten, zwar ein Trunkenbold und verkommenes Subjekt war, aber sehr zu Unrecht noch einen abgelegten Pfarrertitel trug, dessen er sich offenbar in keiner Weise würdig erwies. Das aber genügte der Journaille. Das war das Fressen, das sie lange gesucht hatte. Dieselben Pressekanaillen, die jahrzehntelang alles, was geistlichen Standes war oder geistliches Gewand trug, mit dem Spülicht ihrer feigen Lügen und Verleumdungen überschüttet hatten, warfen sich nun plötzlich zu berufenen Hütern christlicher Moral und Sitte auf. Aus dem versoffenen Subjekt wurde ein ehrwürdieger, weißhaariger Pfarrer. Aus der frechen und unmotivierten Provokation unserer Versammlung machte man einen harmlosen und bescheidenen Zwischenruf. Die zwei Parteigenossen, die das Individuum, zwar etwas unsanft, aus dem Saal transportiert hatten, wurden zu nationalsozialistischen Mördern degradiert, und die paar Ohrfeigen, die der abgetakelte Pfarrer dabei bezogen hatte, wurden zu schweren und verhängnisvollen Keulenschlägen, die dem armen und bedauernswerten Opfer, das nun in irgendeinem Krankenhaus heroisch mit dem Tode rang, die Schädeldecke zertrümmert hatten.

Das war das Signal. Die Presse stürzte sich mit einer wahren Wollust auf diesen an sich harmlosen Zwischenfall. Er wurde nach allen Regeln journalistischer Verdrehungskunst aufgebauscht. "Das Maß ist voll!" "Macht endlich Schluß! Weg mit diesem verbrecherischen Terror!" "Mußte erst ein Pfarrer totgeschlagen werden, ehe die Behörden zum Einsehen kommen?" So schrie und johlte es in den jüdischen Asphaltorganen. Die Pressekanonade war offenbar von langer Hand vorbereitet und wurde amtlicherseits inspiriert und genährt. Noch in der Nacht nach der Versammlung hatte eine Besprechung zwischen den Behörden des Polizeipräsidiums und des preußischen Innenministeriums stattgefunden. Schon am nächsten Mittag kündigte ein Ullstein-Organ das sofortige Verbot der Partei an. Die national-bürgerlichen Zeitungen beugten sich, wie immer, feige und widerspruchslos der jüdischen Massenpsychose. Sie nahmen sich gar nicht die Zeit und Mühe, den objektiven Tatbestand festzustellen. Sie hieben in dieselbe Kerbe und erklärten mit pharisäerhafter Selbsgerechtigkeit, wenn der politische Kampf solche Formen annehme, dann könne man allerdings den Behörden nicht verdenken, wenn sie mit der Schärfe des Gesetztes einschritten.

Damit war die Einheitsfront vom bürgerlichen Patriotismus bis zum proletarischen Kommunismus hergestellt. Alles schrie nach dem Verbot der ohnehin verhaßten und lästigen Konkurrenz, und es war dem Polizeipräsidium ein leichtes, im Schutz dieses künstlich vorbereiteten Pressesturms das Verbot nun auch tatsächlich auszusprechen und durchzuführen. Uns fehlte es an publizistischen Möglichkeiten, die Öffentlichkeit über den wahren Sachverhalt aufzuklären. Wir besaßen keine Zeitung. Ein im Laufe des darauffolgenden Tages herausgegebenes Flugblatt wurde von der Polizei beschlagnahmt. Nachdem die bürgerliche Presse sich der Sache der Gerechtigkeit versagt hatte, war das Schicksal der Bewegung entschieden.

Eine einzige Zeitung in Berlin hat damals die Nerven behalten und tapfer und uneigennützig unsere Bewegung gegen die Lügen und Verleumdungen der jüdischen Journaille verteidigt: die Deutsche Zeitung. Das soll diesem aufrechten Blatt nicht vergessen werden. Späterhin, als wir eine große Massenpartei geworden waren, hatten wir in den national-bürgerlichen Redaktionsstuben Freunde die Menge. Wir haben diesen Freundschaften immer nur wenig Gewicht beigelegt; denn wir kannten sie allzu gut aus der Zeit, da wir klein und unbeachtet waren und es für einen bürgerlichen Zeilenschinder ein billiges Vergnügen war, ohne Gefahr auf uns zu schlagen, weil alle auf uns schlugen. Die Deutsche Zeitung hat damals Recht und Gerechtigkeit das offene Wort gegeben, und sie hat damit bewiesen, daß sie, wenn es um die nationale Sache geht, auch Mut genug hat, etwas Unpopuläres zu sagen, selbst wenn es sich gegen die ganze öffentliche Meinung richtet.


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