Teil 1: Die Grundlagen der
deutschen Wirtschaft.
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Die Entwicklung bis zur Machtübernahme B. Boden I. Der Boden als Träger der Landwirtschaft 2. Die Viehzucht Der deutsche Viehbestand Das für die Volksernährung wichtigste Vieh ist das Rind, da es außer Fleisch noch ganz bedeutende Werte in der Milch liefert. Besonders sind für die Rindviehzucht um die Nordseeküste herum und die im Süden unseres Vaterlandes gelegene Grünlandfläche geeignet. Während sich im Norden infolge des feuchten Klimas Wiesen und Weiden in großem Umfange bilden konnten, zwingen im Süden die Berge die regenreichen Wolken zum Niederschlag, der für die Entwicklung von Weideflächen unentbehrlich ist. Dementsprechend können wir in der niederen Rindviehzucht die beiden großen Gruppen Niederungsvieh und Höhenvieh unterscheiden. Das Niederungsvieh umfaßt etwa 57% des gesamten deutschen Rindviehbestandes, der Rest von 43% entfällt auf das Höhenvieh. Der Rindviehbestand hat gegenwärtig mit 19,1 Millionen Stück die Vorkriegshöhe überschritten, dabei ist der Prozentsatz des Schlachtviehs gegenüber dem Milchvieh zurückgegangen. Ganz besonders hat sich in der Nachkriegszeit die Rindviehhaltung in den Gebieten um die Nordseeküste herum vermehrt; dagegen sind in dem süddeutschen Zuchtgebiet die Rindviehbestände nur in Bayern gestiegen.
Das Hauptgebiet der Schweinemast zieht sich von Hamburg bis zum Niederrhein als schmaler Streifen hin. In diesem Gebiet ist die Schweinemast nicht nur ein Glied eines landwirtschaftlichen Unternehmens, sondern wird als selbständiger Gewerbezweig, ähnlich wie die Geflügelfarm, betrieben. Diese industrielle Mast hat ihren Mittelpunkt in Hamburg, wohin bisher aus Übersee billiger Futtermais und billige Futtergerste eingeführt werden konnten.
Die Schweinezucht des Gebietes zwischen Bremen und dem Niederrhein ist von der starken einheimischen Roggenerzeugung in diesen Gegenden abhängig. Erwähnenswert ist, daß die Schweinezucht Süddeutschlands immer mehr an Bedeutung gewinnt. Besonders wichtig sind die Bestrebungen, das Zentrum der Schweinezucht nach den notleidenden Grenzgebieten des deutschen Ostens zu verlegen, um den dortigen Kartoffelüberschuß im Dienste der deutschen Ernährungswirtschaft möglichst günstig verwerten zu können. Die Schafzucht, die noch vor 100 Jahren den wichtigsten Zweig der deutschen Viehzucht darstellte, ist in ständigem Rückgang begriffen. Sie umfaßt heute nur noch 3,4 Millionen Stück (s. Seite 53), während zur Befriedigung des deutschen Wollbedarfs 44 Millionen Stück nötig wären.
Fast ebenso stark wie die Schafhaltung ist die Ziege zurückgegangen. Da die Ziege heute wieder von Kleinsiedlern und Gartenparzellenbesitzern gehalten wird, dürfte sich der Bestand an Ziegen in Deutschland wieder erhöhen. Die Pferdezucht hat sich mit etwa 3,4 Millionen Tieren zu halten gewußt. Durch den stark wachsenden Automobilverkehr ist das Pferd in den Städten und deren Umgebung stark verdrängt worden. Die deutsche Warmblutzucht hat durch die der Reichswehr auferlegte zahlenmäßige Beschränkung schwere Einbuße erlitten. Dagegen ist zu erwähnen, daß in vielen kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben Nord- und Westdeutschlands das Pferd an die Stelle der Zuchtkuh getreten ist. Übrigens sind der Einfuhr der Traktoren in die Landwirtschaft weit mehr Zugochsen zum Opfer gefallen als Pferde. [53=Abb.] [54] Die deutsche Geflügelzucht hat innerhalb unserer Viehwirtschaft den bedeutendsten Fortschritt gemacht. Während wir in der Vorkriegszeit 72 Millionen Stück Federvieh hatten, ist in der Nachkriegszeit die Zahl auf 93,4 Millionen, also um fast ein Drittel, gestiegen. Davon sind 90% Hühner, 6% Gänse und 4% Enten.
Die Fleischversorgung der Bevölkerungszentren Das dichteste Bevölkerungszentrum, das rheinisch-westfälische Industriegebiet, ist von Zentren deutscher Fleischproduktion umgeben. Berlin versorgt sich vorwiegend aus Pommern, Mecklenburg und Brandenburg mit Fleisch. Sachsens bedeutendster Schweinelieferant ist Schleswig-Holstein, gefolgt von den Provinzen Sachsen, Niederschlesien, Ostpreußen, Thüringen und Bayern.
Man kann sich schwer einen Begriff davon machen, welche ungeheure Arbeit die deutsche Landwirtschaft leisten muß, um die Ernährung des deutschen Volkes durchführen zu können. Jährlich werden in Deutschland 8 Millionen Kälber geboren, also im Durchschnitt täglich 22.000. Bei einer Durchschnittsbelegung pro Stall mit 6-7 Stück Rindvieh werden in jedem Jahre 2-3 Kälber in jedem Stalle geboren und großgezogen. Die Hälfte der Kälber wird nach drei Monaten geschlachtet, nur ein Drittel wächst als Rindvieh und Milchkühe auf.
In 3,2 Millionen Betrieben werden in Deutschland Schweine gezüchtet. Davon sind 1,5 Millionen Kleinbetriebe bis 2 Hektar Nährfläche. Täglich werden durchschnittlich 80.000 Ferkel geboren, d. h. 25-30 Millionen im Jahre. Nur jedes zehnte Ferkel wird zu Zuchtzwecken aufgezogen. Welche Hoffnungen werden auf einen Wurf Ferkel gesetzt, und wie groß ist die Enttäuschung, wenn die viele Mühe und Sorgfalt für die Aufzucht nachher einen so niedrigen Lohn bringt, daß kaum das Futter bezahlt werden kann, das notwendig war, um das Schwein fett zu machen. Wie oft mußte es der deutsche Bauer in den letzten Jahren erleben, daß der Verkauf der Schweine nicht mehr die direkten Unkosten ersetzte, geschweige denn noch ein Entgelt für die Arbeit abwarf.
Die Milchversorgung Deutschlands Dank einer sehr beträchtlichen Steigerung des durchschnittlichen jährlichen Milchertrages um etwa 400 Liter auf 2300 Liter pro Kuh und pro Jahr im letzten Jahrzehnt verfügen wir heute im Jahr über nicht weniger als 23 Milliarden Liter Milch. Da etwa 5 Milliarden Liter in den landwirtschaftlichen Betrieben selbst ihre Verwendung finden, so bleiben für den Markt rund 18 Milliarden Liter zurück, die im Durchschnitt fast den Wert der gesamten Getreide- und Kartoffelernte und mehr als die ganze jährliche deutsche Stein- und Braunkohlenproduktion ausmachen. Von der Vollmilcherzeugung werden etwa 30 bis 40% als Frischmilch, 50% zur Butterherstellung und 8-10% zur Käseproduktion verwandt.
Sobald die Milch dem Bauern eine Rente abwirft, was in der letzten Zeit nicht der Fall war, wird die Milcherzeugung automatisch steigen. Der Zeitpunkt ist nicht mehr fern, daß Deutschland aus einem Zuschußland für Milcherzeugnisse zu einem Land mit Überschuß wird. Wir müssen uns daher rechtzeitig für den großen Verbrauch von Milch und allen daraus hergestellten Produkten kümmern, da wir kaum mit den Exportländern wie Dänemark und Holland konkurrieren können. Eine Steigerung des Verbrauches an Milch und Milcherzeugnissen ist nicht nur ohne Schwierigkeiten möglich, sondern sogar im Interesse der Volksgesundheit unbedingt zu begrüßen. Die Milch und deren Erzeugnisse sind und bleiben für den Menschen zeit seines Lebens das beste und vollwertigste Nahrungsmittel, das wir überhaupt besitzen. Ins Gewicht fällt dabei die Tatsachen, daß die Milch im Vergleich zu anderen Nahrungsmitteln billig ist. Ein Liter Vollmilch enthält mehr Nähreinheiten als 1 Pfund Rindfleisch, fast ebensoviel wie 1 Pfund Schweinefleisch, und genauso viel wie 1½ Pfund Kalbfleisch, 9 Hühnereier und 4-5 Pfund Gemüse.
Der Milchverbrauch Deutschlands Vor dem Kriege verbrauchte jeder Städter etwa 1/3 Liter Milch am Tage, heute ist es höchstens 1/5 Liter. In Amerika legt die Hausfrau einen bedeutend größeren Teil ihres Haushaltsgeldes für Milch und Milcherzeugnisse an. Auf den Kopf der Bevölkerung kommt dort täglich ¾ bis 1 Liter. Dabei ist der Preis dort für 1 Liter Milch bedeutend höher als bei uns. Einen ähnlich hohen Milchverbrauch haben die Schweiz, Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland. Das deutsche Volk müßte bei seinem knappen Einkommen die billige Ernährung durch Milch ganz besonders berücksichtigen. Wenn die deutsche Hausfrau einen Vergleich zieht zwischen dem Nährwert der Milch und anderen Nahrungsmitteln, und dabei die Preise beachtet, muß sie feststellen, daß die Milch bestimmt nicht zu teuer ist. Doch sollte nicht nur die Preiswürdigkeit der Milch im Vergleich zu ihrem Nährstoffgehalt zu stärkerem Milchverbrauch Veranlassung geben, sondern vor allen Dingen auch ihre Bekömmlichkeit und ihr Einfluß auf Gesundheit und Wohlbefinden. Abgesehen von dem Gehalt der Milch an allen Stoffen, die der menschliche Körper zu seinem Aufbau nötig hat, enthält sie noch die zum Leben unentbehrlichen Vitamine, die für das Wachstum und für die Knochenbildung erforderlich sind. Trinkt Milch! Gebt Euren Kindern Milch und immer wieder Milch!
Eßt deutsche Butter! Die in der Milch an das Fett gebundenen Vitamine gehen fast ausnahmslos in die Butter über. Man kann sie also mit Recht als einen Vitaminextrakt der Milch bezeichnen. Ein Mangel an Milchfett kann bei wachsenden Menschen zu schweren Wachstumsstörungen führen, eine Tatsache, die wir leider in der Kriegszeit und Nachkriegszeit oft genug feststellen mußten. Unsere Ärzte haben beobachtet, daß die Butter am leichtesten vertragen wird. Daher verordnen sie Kranken und Schwachen reichlich Butter. Heute beträgt der Verbrauch im Jahresdurchschnitt pro Kopf der Bevölkerung 7¼ Kilo, während der Gesamt-Fettverbrauch je Kopf und Jahr 17-18 Kilo ausmacht. Das immer mehr sich vermindernde Einkommen hat die Bevölkerung gewissermaßen dazu gezwungen, sich dem Butterkonsum ab- und dem Margarineverbrauch zuzuwenden. Die nationalsozialistische Regierung wird in Zukunft jedem Deutschen die Möglich- [57-59=Abb.] [60] keit geben, seinen Fettbedarf durch Butter zu decken. Durch die gesetzliche Einschränkung der Margarineerzeugung ist der Butterkonsum bereits gestiegen. Man kann annehmen, daß der Rückgang der Buttereinfuhr, von der bereits im Abschnitt "Die Milchversorgung Deutschlands" gesprochen worden ist, den Absatz deutscher Butter gehoben hat. Der höhere Butterkonsum kommt nicht nur dem einzelnen Verbraucher zugute, sondern liegt auch im Interesse der gesamten Volkswirtschaft und hilft besonders dem schwer um seine Existenz ringenden Bauern. Den Butterverbrauch steigern heißt also zur Volksgesundung beitragen und Bauernnot lindern.
Margarine In den Jahren 1928/32 kamen 60% des in Deutschland verbrauchten Fettes aus dem Ausland. Einen bedeutenden Anteil hatte daran die Margarine. Die für ihre Herstellung benötigten Rohstoffe stammen fast ausschließlich aus anderen Ländern und Zonen. Fischtran und Pflanzenöle aller Art werden mit Milch zur Margarine verarbeitet. Dabei kommt die größere Menge des Öles schon gepresst aus den Tropen. Die größte Zahl der Margarineverbraucher stellt der minderbemittelte Teil der Bevölkerung und die Arbeitslosen. Sie sind es also, die Löhne für gelbe und schwarze Arbeiter aufbringen. Aus dieser Tatsache ergibt sich mit eine Notwendigkeit der Zurückführung der Arbeitslosen in die Wirtschaft. Bei einem ausreichenden Einkommen wird man den Margarineverbrauch von selbst einschränken.
Die Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung Zweckentsprechender Ausbau der Milchwirtschaft und die Fernhaltung pflanzlicher Öle und Fischtrane sind also zwei Notwendigkeiten für eine Gesundung der nationalen Fettwirtschaft. Dazu kommt noch die Forderung, die Gewinnung an Schweineschmalz zu erhöhen, um das amerikanische Schmalz vom deutschen Markt zu verdrängen. Die Preise für Schmalz sind in USA so niedrig, daß die Regierung durch Zollerhöhung dem deutschen Landwirt einen Preis, der ihn doch noch auf seine Kosten kommen lassen dürfte, sichern muß. Bisher hat die nationalsozialistische Regierung durch ein Handelsmonopol für Öle und Fette zur Kräftigung der Landwirtschaft und Förderung der Selbstversorgung Deutschlands mit Fett folgende Maßnahmen ergriffen: Sie hat die Margarineproduktion auf rund 60% der Vorjahrsmenge eingeschränkt. Außerdem wird eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 50 Rpf. je Kilo Margarine erhoben. Hinzu kommt der verordnete Beimischungszwang von 5% inländischen Schweineschmalzes bei der Margarineherstellung. Damit ist in der Überwindung der Abhängigkeit Deutschlands in seiner Fettversorgung ein wesentlicher Schritt vorwärts getan. Während im Frühjahr noch etwa 60% der zum menschlichen Verbrauch bestimmten Fette aus dem Ausland kamen, sind es heute schätzungsweise nur noch 46%. Die Zurückdrängung der Auslandsfette hat den Bauern auch bessere Preise für Milch, Butter, Schmalz, Kühe und Schweine gebracht.
Nur etwa zwei Drittel des gesamten deutschen Bedarfes an Geflügel und Eiern werden von der heimischen Landwirtschaft befriedigt, trotz der starken Zunahme des Geflügelbestandes. Man denkt im allgemeinen nicht daran, wieviel Geflügel gegessen wird. Jeder Deutsche verzehrt etwa 3½ Pfund jährlich. Damit ist der Vorkriegsverbrauch noch nicht ganz erreicht. An Eiern werden je Kopf der Bevölkerung 130 Stück verbraucht, insgesamt über 8 Mil- [61=Abb.] [62] liarden Stück im Jahr, von denen 2,8 Milliarden aus dem Auslande kommen. In den ersten Nachkriegsjahren machte der Anteil der ausländischen Einfuhr noch 75% aus. Die Eierproduktion des Inlandes wurde seither durch Umstellung der deutschen Hühnerzucht auf bessere Rassen mit erhöhter Legeleistung um nahezu 50% gesteigert. Heute erhält man bereits in den Lebensmittelgeschäften Eier mit Garantiestempel der einzelnen Landwirtschaftskammern bezw. Genossenschaften. Der Stempel verbürgt Qualität und Frische der Ware. Der Verbraucher hat also die Möglichkeit, auch auf diesem Gebiet an der Herabminderung der Einfuhr mitzuhelfen, ohne seine Ansprüche an die Güte der Ware einschränken zu müssen.
Rückgang der deutschen Wollproduktion
Rückgang der Honigproduktion
Nationalsozialistischer Wirtschaftsaufbau und seine Grundlagen Ein bildstatistischer Tatsachenbericht Dr. Paul Blankenburg und Max Dreyer |