Anlage 13
Dekret des Präsidenten der Republik vom 2. August 1945
über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit von Personen
deutscher und magyarischer Nationalität.
(Dekret Nr. 33; Slg. d. Ges. u. V. Nr. 33/1945)
(Übersetzt aus dem Tschechischen)
Auf Vorschlag der Regierung bestimme ich:
§ 1
1. Tschechoslowakische Staatsbürger deutscher oder magyarischer
Nationalität, welche nach den Vorschriften der fremden Besatzungsmacht die deutsche
oder
magyarische Staatsangehörigkeit erworben haben, haben mit diesem Erwerb die
tschechoslowakische Staatsangehörigkeit verloren.
2. Die übrigen tschechoslowakischen Staatsbürger deutscher oder
magyarischer Nationalität verlieren die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit
mit
dem Tage, an welchem dieses Dekret in Kraft tritt.
3. Dieses Dekret bezieht sich nicht auf Deutsche und Magyaren, welche sich in der Zeit
der erhöhten Bedrohung der Republik (§ 18 des Dekretes des Präsidenten der
Republik vom 19. Juni 1945, Slg. d. Ges. u. V. Nr. 16, über die Bestrafung der
Naziverbrecher, Verräter und deren Helfer und über die außerordentlichen
Volksgerichte) bei der amtlichen Meldung als Tschechen oder Slowaken gemeldet haben.
4. Tschechen, Slowaken und Angehörige anderer slawischer Völker,
welche sich in jener Zeit unter Druck oder unter besonders berücksichtigenswerten
Umständen als Deutsche oder Magyaren bekannt haben, werden nach diesem Dekret
nicht als Deutsche oder Magyaren beurteilt, wenn das Innenministerium die Bescheinigung
über die nationale Zuverlässigkeit, welche der zuständige
Bezirksnationalausschuß (Bezirksverwaltungskommission) ausstellt, nach
Überprüfung der angeführten Tatsachen genehmigt.
§ 2
1. Personen, welche unter die Bestimungen des § 1 fallen und welche nachweisen,
daß sie der Tschechoslowakischen Republik treu geblieben sind und sich niemals gegen
das
tschechische und slowakische Volk vergangen haben und sich entweder aktiv am Kampf um die
Befreiung beteiligt haben oder unter dem nationalsozialistischen oder faschistischen Terror
gelitten haben, behalten die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit.
2. Das Gesuch um Feststellung, daß die tschechoslowakische
Staatsangehörigkeit erhalten bleibt, kann binnen 6 Monaten vom Beginn der Wirksamkeit
dieses Dekretes bei dem örtlich
zuständigen Bezirks-Nationalausschuß (Bezirksverwaltungskommission) oder, falls
der Gesuchsteller im Auslande wohnt, bei der Vertretungsbehörde eingebracht werden. Es
entscheidet darüber das Innenministerium über Vorschlag
des Landes-Nationalausschusses, in der Slowakei des Nationalrates. Diese Personen gelten bis
zur
Erledigung des Gesuches als tschechoslowakische Staatsangehörige, falls ihnen
der Bezirks-Nationalausschuß (die Bezirksverwaltungskommission) oder die
Vertretungsbehörde eine Bescheinigung über die in dem vorhergehenden Absatz
angeführten Umstände ausstellt.
3. Über die Beibehaltung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit
tschechoslowakischer militärischer Einheiten, welche deutscher oder magyarischer
Nationalität sind, wird in kürzester Zeit das Innenministerium über
Vorschlag
des Ministerium für nationale Verteidigung von amtswegen entscheiden. Bis zur
amtlichen
Entscheidung gelten sie als tschechoslowakische Staatsangehörige.
§ 3
Personen, welche die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit nach § 1 verloren
haben, können binnen 6 Monaten von dem Tage, welcher durch die Kundmachung des
Innenministeriums, abgedruckt in der Sammlung der Gesetze und Verordnungen, bestimmt
werden wird, bei dem örtlich
zuständigen Bezirks-Nationalausschuß (Bezirksverwaltungskommission) oder der
Vertretungsbehörde um deren Rückgabe ansuchen. Über ein solches Gesuch
entscheidet nach freier Erwägung das Innenministerium über Vorschlag des
Landesnationalausschusses, in der Slowakei des slowakischen Nationalrates; es darf ihm aber
nicht stattgeben, falls der Gesuchsteller die Pflichten eines tschechoslowakischen
Staatsbürgers verletzt hat. Soweit durch Regierungsverordnung nicht anders bestimmt
werden wird, gelten auch für diese Fälle die allgemeinen Vorschriften über
den Erwerb der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft.
§ 4
1. Für Zwecke dieses Dekretes werden verheiratete Frauen und
minderjährige Kinder selbständig beurteilt.
2. Gesuche nach § 3, welche Ehefrauen und minderjährige Kinder
tschechoslowakischer Staatsbürger einreichen, sind wohlwollend zu beurteilen; bis zur
Entscheidung darüber sind die Gesuchsteller als tschechoslowakische Staatsbürger
anzusehen.
§ 5
Tschechen, Slowaken und Angehörige anderer Völker, welche sich in der Zeit der
erhöhten Bedrohung der Republik (§ 18 des Dekretes des Präsidenten der
Republik Nr. 16/1945 Slg. d. Ges. u. V.) um die Erteilung der deutschen oder magyarischen
Staatsangehörigkeit beworben haben, ohne hiezu durch Druck oder besondere
Umstände gezwungen worden zu sein, verlieren mit dem Tage, an welchem dieses Dekret
Wirksamkeit erlangt, die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit.
§ 6
Dieses Dekret tritt mit dem Tage der Bekanntmachung in Kraft. Der Innenminister im
Einvernehmen mit dem Außenminister und dem Minister für nationale
Verteidigung
führt es durch.
[gez.:]
Dr. Benes Fierlinger
Masaryk Nosek General Svoboda
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
|