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Teil XIII - Arbeit

Abschnitt I - Organisation der Arbeit

Kapitel II - Verfahren

Artikel 405

      Erklärt sich die Hauptversammlung für die Annahme von Anträgen, die in Verbindung mit einem Gegenstand der Tagesordnung stehen, so hat sie zu bestimmen, ob diese Anträge die Form haben sollen:
      a) eines "Vorschlags", der den Mitgliedstaaten zur Prüfung vorzulegen ist, damit er in der Form eines Landesgesetzes oder anderswie zur Ausführung gelangt;
      b) oder eines Entwurfs zu einem durch die Mitgliedstaaten zu ratifizierenden internationalen Übereinkommen.
      In beiden Fällen bedarf es zur Annahme eines Vorschlags oder eines Entwurfs zu einem Übereinkommen in der Endabstimmung der Hauptversammlung einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen der anwesenden Vertreter.
      Bei der Aufstellung eines Vorschlags oder eines Entwurfs zu einem Übereinkommen, das allgemeine Geltung erhalten soll, hat die Hauptversammlung auf diejenigen Länder Rücksicht zu nehmen, in denen das Klima, die unvollkommene Entwicklung der gewerblichen Organisation oder anderer Sonderumstände die Verhältnisse der Industrie wesentlich abweichend gestalten. Sie hat in solchen Fällen die Abänderung in Anregungen zu bringen, die sie angesichts der besonderen Verhältnisse dieser Länder für notwendig erachtet.
      Eine Ausfertigung des Vorschlags oder des Entwurfs des Übereinkommens wird vom Vorsitzenden der Hauptversammlung oder dem Leiter unterzeichnet und dem Generalsekretär des Völkerbunds behändigt. Dieser übermittelt jedem Mitgliedstaat eine beglaubigte Abschrift des Vorschlags oder des Entwurfs des Übereinkommens.
      Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, spätestens ein Jahr nach Schluß der Tagung der Hauptversammlung (oder wenn dies infolge von außergewöhnlichen Umständen innerhalb eines Jahres unmöglich ist, sobald es angängig ist, aber unter keinen Umständen später als achtzehn Monate nach Schluß der Tagung der Hauptversammlung), den Vorschlag oder den Entwurf zu einem Übereinkommen der zuständigen Stelle oder den zuständigen Stellen zu unterbreiten, damit er zum Gesetz erhoben oder eine anderweitige Maßnahme getroffen wird.
      Handelt es sich um einen Vorschlag, so haben die Mitgliedstaaten den Generalsekretär von den getroffenen Maßnahmen in Kenntnis zu setzen.
      Handelt es sich um den Entwurf zu einem Übereinkommen, so hat der Mitgliedstaat, der die Zustimmung der zuständigen Stelle oder Stellen erhält, die förmliche Ratifikation des Übereinkommens dem Generalsekretär mitzuteilen und die erforderlichen Maßregeln zur Durchführung der Bestimmungen des betreffenden Übereinkommens zu treffen.
      Hat ein Vorschlag keine gesetzgeberische oder andere Maßnahme zur Folge, die ihm Wirkung verschaffen, oder findet ein Entwurf zu einem Übereinkommen nicht die Zustimmung der dafür zuständigen Stelle oder Stellen, so hat der Mitgliedstaat keine weitere Verpflichtung.
      Handelt es sich um einen Bundesstaat, dessen Befugnis zum Beitritt zu einem Arbeitsübereinkommen bestimmten Beschränkungen unterliegt, so hat die Regierung das Recht, den Entwurf eines Übereinkommens, der unter diese Beschränkungen fällt, als einfachen Vorschlag zu betrachten; in diesem Falle gelangen die Bestimmungen dieses Artikels über Vorschläge zur Anwendung.
      Der vorstehende Artikel ist nach folgendem Grundsatz auszulegen:
      In keinem Falle begründet die Annahme eines Vorschlags oder des Entwurfs eines Übereinkommens durch die Hauptversammlung für einen Mitgliedstaat die Verpflichtung, den durch seine Gesetzgebung den betreffenden Arbeitern schon gewährten Schutz zu vermindern.