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Mädel im Kampf. Erlebnisse und Erzählungen.
[21]
Einsatz
Vom BDM. Berlin

Wir, BDM.-Gruppe Moabit, zwölf Mädel stark, hatten unsere Zelte am Ufer des Zechsees aufgespannt. Nicht ganz ungefährlich war es damals für "Hitlermädel", auf Zeltfahrt zu gehen. Auch wir hatten am Vormittag schon einen häßlichen Zusammenstoß mit der Kommunistischen Jugend-Internationale gehabt, die drüben auf der anderen Seite des Sees lagen. Als wir an ihren Lagerplatz vorbeigingen, von dem wir zuerst nicht ahnten, wem er gehöre, riefen sie uns schmutzige und gehässige Worte nach. Obwohl uns Erwiderungen auf der Zunge brannten, waren wir ruhig weitergegangen. Da hatten sie uns einen Hagel von Erdklumpen, Kartoffeln usw. nachgeschickt. Jetzt, da die Dunkelheit ganz hereingebrochen war, konnten wir sie wohl schon erwarten. Doch ruhig trafen wir unsere Vorbereitungen zur Nacht. Die Wachen über je zwei Stunden wurden verteilt. Vor allen Dingen mußte unser Wimpel geschützt sein, der stolz vom First des Zeltes flatterte. Abnehmen und verbergen wollten wir ihn nicht, das wäre feige gewesen, aber wir verfolgten das Feuer vor dem Zelteingang und hielten es so niedrig, daß die Wache [22] nicht durch seinen Schein geblendet wurde. Da wir sowieso nicht im Zelt schlafen wollten, in dem sich die Hitze des Tages gefangen hatte, schafften wir alle unsere Sachen in das Innere des Zeltes und knöpften es fest zu. Wir packten uns mit unseren Schlafsäcken und Decken in einem Halbkreis rund um das Zelt und das Feuer.

Ich wachte in der Nacht auf und sah ein Mädel der Wache vor mir stehen, das mit erregter Stimme flüsterte, es seien zwei Mädel von der KJI. da, die um Hilfe bäten, der Wald drüben habe Feuer gefangen...

Ich sah auf die Uhr. Als wir uns auf den Weg machten, war es halb eins. Acht Mädel waren wir und trugen unsere beiden Handspaten und Kochgeschirre, geführt von den beiden KJI.-Mädeln, die zwar erleichtert waren, daß wir mitgingen, aber doch feindselig schwiegen. Auch wir hatten keine Lust zu reden. Ich dachte an die beiden Mädel, die wir an unserem Lagerplatz zurückgelassen hatten, und rechnete im stillen aus, wann die beiden anderen, die wir zur Herbeiholung der Feuerwehr fortgeschickt hatten, wohl das Dorf, das eine Stunde weit entfernt lag, erreicht haben könnten.

Als wir anlangten, stand tatsächlich eine Fläche von fünf Meter im geviert einer kniehohen Kiefernschonung in Flammen, die von drei Seiten von alten, hohen Kiefern umgeben war. Obwohl wir alle ahnten, daß der [23] Brand durch die Schuld der KJI. entstanden war, wechselten wir kein Wort, sondern lieferten schweigend unsere Spaten an die Jungen der KJI. aus. Sie waren schon dabei, durch aufgeworfene Erde die Flammen zu ersticken. Wir bildeten ebenso schweigend, willkürlich vermischt mit den anderen Jungen und Mädeln der KJI. eine lange Kette von der Brandstelle bis hinunter zum See, die unermüdlich Kochgeschirr für Kochgeschirr mit Wasser hinaufreichte. Was wir vorausgesehen hatten, traf ein:

Die kleine Feuerwehr rückt erst an, als die Sonne über dem Walde aufstieg und die Gefahr beseitigt war. Heiß und müde rückten wir dann ab und überließen die Verhandlungen wegen der Brandursache der KJI. Mochten sie dem Feuerwehrhauptmann erzählen, was sie wollten. Uns war die Hauptsache, daß der Wald gerettet war.

Zum nächsten Heimabend meldeten sich dann zwei Mädel der KJI. bei uns an, die Hand in Hand in jener Nacht mit uns Wasser getragen hatten, und baten um Aufnahme in den Bund Deutscher Mädel.




[24]
Angst durften wir nicht haben
Nacherzählt von Margarete Dargel

Es war am 9. November 1931.

"Die Feier findet in der Waldschenke statt!" hatte gestern der SA.-Führer angesagt. "Der Fahrweg darf nicht zum Hinweg benutzt werden, da unsere Gegner Posten stellen werden."

Um sieben sollte es beginnen. Jetzt war es fünf Uhr und schon stockdunkel. Daß wir drei Mädel nicht fehlen durften, war uns selbstverständlich. Doch schon bei hellem Tage fanden wir den Weg kaum durch den Wald. Wie sollte es nun werden?

Und als wir die dunklen Tannen vor uns stehen sahen, mußten wir zugeben, daß wir eigentlich auch Angst hatten.

Dazu fing jetzt noch ein langsamer Regen an, daß es ganz schaurig durch den Wald rauschte. Wir zögerten alle, bevor wir unter die ersten Tannen traten, schämten uns dann und gingen schneller zu.

Wie schreckten wir anfangs zusammen, wenn wir auf einen trockenen Ast traten, ein Vogel aufflog oder ein Tannenzapfen durch die Zweige zu Boden fiel. Wir sprachen nichts, hörten nur unsere Schritte und den [25] Regen, und am lautesten unser Herz schlagen. Die anderen Mädel saßen jetzt alle zu Hause um die Lampe oder am Ofen, der schon warm ist. Nachher schämten wir uns über dieses Auskneifen in Gedanken und wurden auch ruhiger, als wir uns an den Wald gewöhnt hatten. Wir sahen dann gar nicht mehr ängstlich auf die kleinen Tannen, die am Anfang aussahen wie geduckte Menschen. Daß es viele Baumstämme gab aus vielerlei Gestalt, hatten wir auch schon erfahren.

Gesprochen haben wir aber lieber doch nicht.

Eigentlich war es wunderschön im Walde, wenn nicht die Unruhe gewesen wäre, ob wir die Schenke finden, da wir immer noch kein Licht sahen. Es wollte immer nicht kommen, und ich wagte das erste Wort.

Halt! rief es da hinter uns.

Mit einem Sprung standen wir an einem Baum und zitterten noch, als der Absperrdienst uns den Weg für die letzten zweihundert Meter wies, da im Haus alle Fenster verdunkelt waren.

Als wir in den kleinen Raum traten, waren wir ganz geblendet von dem Licht. Wir setzten uns gegenüber vom Führerbild, das unseren selbstgeflochtenen Tannenkranz trug, und vor dem sechzehn Kerzen unruhig brannten, und sahen auf die beiden Fahnen.

Noch niemals waren wir so wach gewesen wie an diesem Abend. Jedes Wort begriffen wir zuinnerst und [26] leisteten voll von Überzeugung den Eid, immer treu und nimmer zaghaft zu sein.

    "Hört ihr die Trommel schlagen?
    Sie ruft euch allzumal...
    Vorbei das bange Zagen."
war unser Schlußlied.

Als wir alle gemeinsam den breiten Waldweg heimgingen, wußten wir, daß wir den Weg zum Führer immer finden und ihm immer folgen würden.

(Ostpreußen.)


Ein schöner Sommerabend. Die Dämmerung sinkt bereits herab, stiller wird es in den Straßen. Da wird es auf dem Hof des Jugendheimes lebendig. Hitlermädels finden sich zum Volkstanz zusammen. Aber die Stimmung ist nicht so fröhlich wie sonst. Gruppen bilden sich, es wird erregt gesprochen.

"Heute ist mein Bruder verhaftet worden!"

"Ja, und andere auch noch!"

"Zweiundzwanzig der besten SA.-Leute müssen untätig sitzen hinter Gefängnismauern!"

"Jetzt ist sogar verboten worden, aus dem Fenster eines Parteigenossen die Gefangenen beim Rundgang zu grüßen. Dafür weht ihnen jetzt dort die Hakenkreuzfahne!"

[27] Die Stimmung zum Tanzen ist vorbei. Ein großer Kreis schließt sich um die Eiche, und trotzige Kampf- und Vaterlandslieder klingen auf. Zuhörer - Zaungäste - finden sich ein und spenden Beifall. Da fällt das Wort:

"Ob wohl unsere Gefangenen die Lieder hören können?"

Der Abend klingt aus mit einem Sieg Heil auf den Führer des kommenden Deutschlands, er wird aller Schmach ein Ende bereiten.

Der Heimweg führt über den Domplatz. Da liegt das Gefängnis düster und groß, das täglich tapfere deutsche Kämpfer in seinem trostlosen Innern verschwinden läßt. - Sie sollen wissen, daß wir an sie denken und ihnen Freude bringen möchten in die Haft erzwungener Untätigkeit! Wir stellen uns hin und singen ein Lied von treuer Kameradschaft und der Hoffnung der Millionen. - Da - ein Echo? Nein! Eine Antwort aus den Kerkern, das Lied ist gehört worden. "Deutschland erwache!"

Dumpf und hohl klingt es heraus - erschütternd. - Dann ruft die kalte Vernunft uns in die Wirklichkeit zurück. Es ist doch noch Burgfrieden, wer weiß, ob dies erlaubt ist? Vielleicht straft man morgen die Gefangenen dafür.

Langsam zerstreut sich die Gruppe. Hie und da bleiben [28] noch einige stehen und sprechen miteinander, die Herzen übervoll von dem soeben Erlebten, die Gefangenen gegrüßt und Antwort erhalten zu haben.

(Erzählt vom BDM., Stendal.)


Ich war Blumenmädchen in Spandau.

Mit vierzehn Jahren ging ich zu den Versammlungen der Partei und habe jede freie Stunde in ihren Dienst gestellt. Oftmals mußten wir Lehrmädels abends Kränze binden, wenn gerade einer unserer Führer sprach. Dann wollte die Arbeit gar nicht von der Hand gehen. Und ungeduldig liefen wir dann noch spät am Abend zu Bekannten, um zu erfahren, wie es gewesen war, ob wir Erfolg gehabt hatten.

Dafür halfen wir unseren SA.-Männern an jedem Sonntag. Um fünf Uhr standen wir auf, schnitten all die vielen Brote, die wir von gespendetem Geld gekauft hatten, und machten sie zurecht. Um sieben Uhr hielt dann der Lastwagen vor unserem kleinen Fenster, und wir reichten froh unseren Korb herauf, der wohl auslangen mußte zur Propagandafahrt.

Wieder einmal war ein Versammlungsabend zu Ende. Ich ging auf die andere Seite hinüber, um mein Rad loszuschließen und den Hakenkreuzwimpel anzuknüpfen, als einer jener Lümmel, die immer vor unserem Versammlungslokal lauerten, vor mir stand.

[29] "Laß den Fetzen da herunter!" sagte er gehässig und stellte sich vor mein Rad. Ich kümmerte mich nicht darum und befestigte das andere Ende der Schnur an der Lenkstange.

"Du!" brüllte er nun, und andere seiner Gesinnungsgenossen kamen dazu. "Ich kann dir nur raten, nimm den Fetzen ab."

Einen Augenblick stand ich unschlüssig. Sollte ich meinen Wimpel abnehmen? Doch ich sah ein, daß ich als Mädchen nichts ausrichten konnte. Die würden mich doch vom Rad reißen und meinen Wimpel fortnehmen, den ich nun schon ein Jahr trug.

Es fiel mir schwer, ihn wieder abzunehmen. Unter unglaublichen Schmähworten, die mir das Rot ins Gesicht trieben und die Horde in tobendes Gelächter brachten, knüpfte ich den Wimpel wieder los, führte mein Rad und ging an ihnen vorbei, die mir voller Hohn eine Ehrengasse gemacht hatten.

Ich kam mir dabei unsagbar feige vor.

Den Wimpel hatte ich auf Gebot der Kommunisten weggesteckt und ihn nun für alle Zeiten entweiht. Und ich hatte doch immer mitgesungen von der Fahne, die uns mehr als das Leben bedeutete. Davon mußten diese Brüder jetzt wahrhaftig überzeugt sein!

Ich hatte den Führer und die Fahne verraten!

Entschlossen hielt ich an. Zehn Meter davon standen [30] die Kommunisten und schrien mir nach. Da nahm ich meinen Wimpel aus der Tasche, diesmal ganz ruhig, und machte ihn wieder fest. Erst waren sie sprachlos, dann stand einer von ihnen mit wenigen langen Schritten vor mir, griff an meinen Kragen und riß ihn ab mitsamt meinem Parteiabzeichen.

Ich faßte meine Lenkstange, trat dem Burschen heftig in den Leib, sprang auf mein Rad und entkam.

Und mein Wimpel flatterte weiter.

(Berlin.)


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