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Zu zehn und zehn erschossen

Hildegard Hurtinger: "Am 15. Mai wurde ich in meiner Prager Wohnung vom tschechischen Pöbel abgeführt und unter Prügel und Kolbenschlägen an den Haaren ungefähr 500 Meter weit in die Scharnhorstschule geschleppt. Dort wurde ich vollkommen ausgeraubt, so daß mir nur Strümpfe und das Kleid, das ich am Leib hatte, blieben. Eine tschechische Kommissarin verhörte mich und behauptete, ich hätte im Jahre 1942, zu einer Zeit, in der ich gar nicht in Prag weilte, sondern in Teplitz, 16 tschechische Personen ins KZ gebracht, die dort umgekommen sein sollen. Bei jeder Verneinung wurde ich geohrfeigt. Dann wurde ich in die sogenannte Reparation gebracht, wo ich und meine Mithäftlinge, Männer und Frauen, aufs Grausamste mißhandelt wurden. In der Nacht wurden wiederholt alle Häftlinge auf den Hof geholt, dort zu je 10 Männer, Frauen und Kinder - darunter auch meine zwei Brüder mit Familie - abgezählt und vor den Augen der übrigen Häftlinge erschossen. Das jüngste Kind meines Bruders war 5 Monate alt.

Dann mußten wir Gräber schaufeln, die Leichen ausziehen und vergraben. Außer den offiziellen Hinrichtungen wurde ständig bei Tag und Nacht wahllos in die Häftlinge hineingeschossen, wobei zahllose wehrlose Menschen ums Leben kamen. Bei einer solchen Gelegenheit wurde auch ich durch einen Streifschuß am Hals verwundet. Ich blieb einen Tag und eine Nacht unter den [88] Leichen liegen, da ich es nicht wagte, aufzustehen. Dann stiegen die Tschechen über die Leichen und stachen blindlings mit den Seitengewehren in die noch Lebenden; dabei erhielt ich einen Bajonettstich in die linke Hand. Ich verbiß aber den Schmerz und rührte mich nicht, so 'rettete' ich mich wieder in die Reparation. Einmal bekam ich 8 Tage lang nicht einen Bissen zu essen. Den Kindern wurden die Mahlzeiten aus den Spucknäpfen verabreicht. Kinder, die diese zurückwiesen, wurden erschlagen.

Schwangere Frauen wurden von bewaffneten Tschechinnen aus den Zellen geholt, auf den Hof geführt, dort ausgezogen und verprügelt, darauf in die Aborte gesteckt und solange geprügelt, bis die Frucht abging. Ich selbst mußte mithelfen, die auf diese Weise umgekommenen Frauen wegzuschaffen. Durch viele Tage waren es etwa mindestens 10 Frauen, die so ums Leben kamen.

Bei Tag wurden Gruppen von 6-8 Frauen in die Sankt Gotthardskirche zur Arbeit geführt. Dort mußten wir die schon in Verwesung übergegangenen Leichen küssen, auf Haufen zusammenschlichten und den Boden der Kirche von dem dort fließenden Blut reinlecken. Tschechischer Pöbel führte dabei die Aufsicht und verprügelte uns dauernd. Ich sah auch, wie deutschen Männern, darunter einem Ingenieur Färber von der tschechischen Hochschule, mit Kerzen das Hakenkreuz in die Handflächen eingebrannt wurde.

Am 20. Mai 1945 wurden wir zur Arbeit auf den Wenzelsplatz geführt; dort wurden vor unseren Augen deutsche Knaben und Mädchen und auch deutsche Kriegsgefangene an den Füßen an Kandelabern und Bäumen aufgehängt, mit Petroleum übergossen und angezündet.

Ich war bis zum 19. September in der Scharnhorstschule. Die Grausamkeiten erstreckten sich über die ganze Zeit, ohne Unterbrechung. Dann wurde ich nach Pankraz gebracht und von dort aus in die Philips-Fabrik in Prag zur Arbeit eingesetzt.

Am 6. Nov. 1945 wurde ich vom dortigen Lagerführer aufs gemeinste mit dem Gummiknüppel verprügelt, weil ich den Wunsch geäußert hatte, in die Kirche zu gehen; es war mein Hochzeitstag gewesen."



 
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Der Massenmord von Iglau

Franz Kaupil: "Am 13. Mai 1945 begann die Schreckensherrschaft der Tschechen in Iglau. In der folgenden Nacht haben ungefähr 1200 Deutsche Selbstmord verübt. Bis Weihnachten gab es etwa 2000 Tote. Am 24. u. 25. Mai wurde die deutsche Bevölkerung binnen 20 Minuten von Partisanen aus den Wohnungen getrieben und in die Lager Helenental und Altenberg eingesperrt. Diese Lager waren offiziell als Konzentrationslager benannt. Im Helenental waren 3700 Personen untergebracht, in Altenberg gegen 3000. Es war weder für Trink- noch Nutzwasser hinreichend gesorgt. Klosettanlagen und Waschgelegenheiten gab es keine. In den ersten 8 Tagen gab es auch keine Verpflegung, später gab es nur dünne Suppe und 100 Gramm Brot täglich. Kinder bekamen nach den ersten 8 Tagen ein Viertelliter Milch. Jeden Tag starben mehrere ältere Leute und Kleinkinder. Am 8. Juni wurden die Insassen von Helenental völlig ausgeplündert und am nächsten Tag im Fußmarsch über Telsch nach Stangern, 33 km, geführt. Das war ein Todesmarsch. Die Leute wurden mit Peitschen angetrieben. Die älteren Leute wurden, wenn sie zusammenbrachen, mit Wagen weggeführt. Dieser Marsch kostete 350 Menschen infolge Erschöpfung und Hunger das Leben. In Stangern wurden 3500 Leute in einem Lager mit einem Fassungsraum von 250 Personen zusammengepfercht. Die meisten mußten trotz des Regens im Freien kampieren. Am nächsten Tag wurden die Familien getrennt und in fünf verschiedenen Lagern, getrennt nach Männern, Frauen und Kindern untergebracht. Verpflegung gab es 8 Tage keine. Dann die üblichen Suppen. Die Behandlung war menschenunwürdig. Im Frauenlager wurden einmal mit einem Schuß vier Frauen getötet und eine schwer verletzt. Darunter die Frauen Friedl und Kerpes. Prügelstrafen waren bei Männern und Frauen an der Tagesordnung. Es gab auch eine Prügelzelle. Die Lagerinsassen wurden den tschechischen Bauern von der Lagerleitung als Arbeitskräfte verkauft. Im August besserten sich die Verhältnisse, doch starben bis Weihnachten in Stangern ungefähr 500 Häftlinge. Im [90] Jänner wurde das Lager Stangern aufgelöst. Ich wurde am 9. Jänner 1946 in Untersuchungshaft gesetzt und am 7. August 1946 entlassen. Dort hörte ich von Augenzeugen oder erlebte selbst die furchtbarsten Grausamkeiten. Am 10. Juni 1945 wurden 16 Iglauer Häftlinge aus den Zellen geholt und im Ranzenwald erschossen. Darunter der alte Stadtpfarrer Honsik, Howorka, Augustin, Biskons, Brunner, Laschka, Martel, Kästler usw. Im Gerichtsgebäude wurden noch im Mal 1945 ohne jede Verhandlung erschossen: Krautschneider, Kaliwoda, Müller und Ruffa. Ein gewisser Hoffmann wurde zu Tode geprügelt. Der gefürchteteste Aufseher war Rychetzky. Der Fabrikant Krebs wurde skalpiert. Baumeister Lang starb an den Folgen von Mißhandlungen. Der 70jährige Oberst Zobel erhängte sich in der Zelle. Viele Leute werden noch heute als Arbeitskräfte in dem Gefängnis zurückgehalten, da sie vom Gerichtspersonal zu persönlichen Arbeiten verwendet werden. Viele Leute waren durch grausamste Mißhandlungen gezwungen worden, belastende Aussagen zu machen und werden nun wegen Delikten festgehalten, die sie gar nicht begangen haben.

Ich kann diese Aussagen beeiden und auch weitere Zeugen dafür vorbringen."



Unter den unglücklichen Opfern befinden sich teilweise sogar antifaschistische Aktivisten, die, von den Alliierten aus den KZs befreit, freudig in ihre Heimat geeilt waren, um am Aufbau einer demokratischen Č.S.R. mitzuarbeiten. Wir bringen ihre eidesstattlichen Erklärungen als schlagende Beweise für die Welt.

Sie berichten nachstehend über ihr Schicksal.

 

Ein tschechischer Anti-Kommunist
muß Blut trinken

Karl Schöner: "Ich hatte in Prag, Obstgasse 9, eine Praxis als Dentist. Am 6. Mai gegen Abend 6 Uhr wurde ich vom Haustelephon angerufen, ich solle mit erhobenen Händen hinunterkommen, und als ich dies ablehnte, kamen ungefähr 14 Par- [91] tisanen, bis an die Zähne bewaffnet, zu mir in die Wohnung, durchsuchten dieselbe nach Waffen und verhafteten mich und meine Frau Charlotte, sowie einen Kameraden namens Hans Kramer aus Breslau.

Wir wurden ins Polizeipräsidium gebracht und am späten Abend ins Gefängnis am Karlsplatz, wo ich von meiner Frau getrennt wurde. Wir hatten nur das, was wir am Leibe trugen. Von meiner Frau erfuhr ich später, nach ungefähr 3 Monaten, daß sie nach Theresienstadt gebracht worden sei. Zwei Tage später wurden wir zu 20 Mann in einer Zelle im Ausmaße von zirka 4 x 2½ m untergebracht, ohne Decken und Strohsack. 10 Mann, welche zu uns kamen, waren auffallend stark - bis zur Unkenntlichkeit - zerschlagen und besonders an den Füßen zertreten!

Dort blieb ich bis 24. Mai. In dieser Zeit mußten wir Barrikaden aufräumen und Pflasterarbeiten verrichten; zu der Arbeitsstätte mußten wir mit bloßem Oberkörper gehen, wobei wir vom Pöbel und auch gut angezogenen Leuten beschimpft, auch bespuckt und geschlagen wurden. Innerhalb kurzer Zeit waren wir vollkommen verlaust und hatten die ersten 10 Tage kein Wasser zum Waschen. Medikamente und ärztliche Hilfe für die Kranken und Verwundeten gab es nicht. Das Essen bestand aus zweimal schwarzem Kaffee und einmal Suppe, einem Stück Brot. Oft blieb das Essen ganz aus. 20 Mann hatten 10 Eßschalen und zwei Löffel.

In der Zeit vom 8. bis 13. Mai war fast ununterbrochen das Schreien der Mißhandelten zu hören, das Brüllen der Wärter und das Betteln der jungen Menschen, wobei besonders arg die 15- und 16-jährigen Burschen, welche im HJ-Lager bei Prag untergebracht waren, geschlagen wurden. Ein höherer tschechischer Polizeioffizier, der Antikommunist war, mußte die Blutlachen aufwischen und dann das Blut trinken. Die Namen der mit mir Inhaftierten sind mir bekannt. Darunter waren 3 Rechtsanwälte, ein Amtsgerichtsdirektor, ein deutscher General a.D., und so fort.

Am 24. Mai wurden wir, zirka 150 Männer und Frauen, auf den Bahnhof geschafft, dort von 'Revolucni-Garda'- [92] Soldaten ausgeraubt und geschlagen und kamen nach Raudnitz. Viele ohne Schuhe, alle ohne Mäntel, teilweise ohne Röcke. Ich wurde einem Bauern zur Zwangsarbeit zugeteilt. Die Kost war halbwegs, die Unterbringung sehr schlecht. Wir waren 8 Mann und mußten die Arbeit von 14 Slowaken verrichten. Unsere Kleidung bestand aus alten Säcken.

Ein tschechischer Dekorateur namens Marek aus Prag VII, der besonders schwer mißhandelt war, erzählte mir, daß dann bei den Plünderungen der deutschen Wohnungen auch Frauen und Kinder bei den Fenstern hinausgeworfen wurden und, weil er sich einer Frau mit kleinen Kindern schützend angenommen hatte, sei er so mißhandelt und eingesperrt worden.

Ein Kamerad erzählte mir, daß er mit seiner Frau zehn Tage lang in einem Kino gefangen war. Jeden Abend zwischen 10 und 3 Uhr holten sich die Russen die deutschen Frauen und Mädchen. Einmal mußte er mit den anderen Mitgefangenen 47 Leichen deutscher Frauen, die verstümmelt waren, eingraben.

Ich sprach den Tschechen Klecanda, welcher als antikommunistischer Tscheche optimistisch war, und uns aufmunterte, auszuhalten. Er machte einen absolut gesunden Eindruck und dachte nicht an Selbstmord. Später las ich in der Zeitung, daß Klecanda im Gefängnis gestorben sei.

Mir gelang es später zu fliehen und die amerikanische Besatzungszone zu erreichen. Bei der Flucht traf ich einen Bekannten - Mitglied der deutschen Philharmonie in Prag -, der gesehen hatte, daß man deutsche Frauen, als sie von der schweren Arbeit auf der Straße erschöpft zusammenbrachen, durch die Aufseher nackt auszog und zum Gespött der tschechischen Jugend auf die Bänke legte. Andere mußten sich in einer Reihe aufstellen und jüngere Leute spuckten ihnen in den Mund und man zwang sie, zu schlucken. Ein Universitätsprofessor, Dr. Michl, wurde ohnmächtig geschlagen und blieb blutüberströmt liegen.

Eine Cousine von mir, deren Name mir zur Verfügung steht, erzählt aus Brüx, daß der dortige Dechant und der [93] Kaplan der katholischen Kirche an die Kirchenbänke gebunden und ohnmächtig geschlagen wurden. Der alte Dechant arbeitet jetzt als Bergarbeiter im Schacht.

Eine bekannte Dame aus Prag schreibt mir (der Brief liegt vor), daß von vielen deutschen Ärzten in Prag, die man im Repräsentantenhaus gefangen hielt, die meisten erschlagen wurden, u. a. Universitätsprofessor Doktor Kraus, Universitätsprofessor Dr. Albrecht, Universitätsprofessor Dr. Greipl und Universitätsprofessor Dr. Watzka, ferner die Ärzte Dozent Dr. Weinzierl, Dr. Tichy und Dr. Spanel. Dies ist nur ein Teil der in Erinnerung liegenden Namen."



 


Durch mit Benzin getränkter
Holzwolle versengt

Rudolf Payer: "Ich wurde vom 8. Mai 1945 bis 6. Juni 1946 im Gerichtsgefängnis Klattau gefangen gehalten. Neben den schwersten Mißhandlungen, die ich wie alle anderen erdulden mußte, erhielt ich dreimal im Juni und zweimal im Juli 1945 sogenannte Korrektion. Am Abend wurden täglich bis August und auch später noch alle Neuankömmlinge, wahllos 4-5 Häftlinge herausgeholt und in die Korrektur gebracht. Dabei erlebte ich folgendes:

Jedesmal wurde ich an Händen und Füßen nackt gefesselt und mit Stahlruten, die mit Leder überzogen waren, blutig geschlagen. Wer bewußtlos wurde, wurde mit Wasser übergossen und dann weiter geschlagen, bis der Schläger selbst erschöpft war. Einmal wurde mir mit Benzin getränkte Holzwolle zwischen die Füße gelegt und angezündet, so daß mir die Geschlechtsteile versengt wurden. Ich habe selbst im Juni und Juli 4 Leichen aus dem Gefängnis herausgetragen, darunter Muckenschnabel aus Deschenitz, der in der Korrektur angeblich Selbstmord verübt haben sollte. Nach meiner Überzeugung war er dort zu Tode geprügelt worden. Ferner der Sohn des ehemaligen Abgeordneten Zierhut, der im Gefängnis gestorben ist. Die anderen Leichen kenne ich nicht mit [94] Namen. Ich selbst habe gesehen, wie im Gefängnishof zwei junge Soldaten, 16 und 17 Jahre alt, von einem Tschechen in Uniform, nach vorheriger grausamer Mißhandlung durch Genickschuß erschossen wurden."


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Das andere Lidice
Die Tragödie der Sudetendeutschen