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Vorwort.
[313: Faltkarte] Die Freie Stadt Danzig.
Maßstab 1: 300 000.
Handskizze von Franz Steffen, zu:
Steffen, "4000 Jahre bezeugen Danzigs Deuschtum". [Vergrößern]
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Die nachfolgenden Ausführungen sind in ihren Grundzügen im
Laufe des vorverflossenen Jahres in den "Heimatklängen", der monatlichen
Heimatbeilage der Danziger
Landes-Zeitung erschienen. Der Anregung mancher Leser folgend, habe ich die
Abhandlungen, die ein zusammenhängendes Ganzes bildeten, einer
nochmaligen eingehenden Durcharbeit unterzogen und lege sie nun, erheblich
erweitert und geschmückt mit einer größeren Zahl
charakteristischer Bilder, einer größeren Öffentlichkeit als
Buch vor mit dem Wunsche, daß es die gleiche liebevolle Aufnahme finden
möge wie die Abhandlungen in den "Heimatklängen".
Die Arbeit verfolgt den Zweck, auf wissenschaftlicher Grundlage und zugleich in
einer den weitesten Kreisen verständlichen Form und Sprache die innige
Verbundenheit Danzigs und seiner Kultur mit Deutschland und dem Deutschtum
in allen Jahrhunderten darzulegen und zu zeigen, wie wir alles, was wir in Danzig
besitzen - nicht nur Bauten und sonstige Kunstdenkmäler, sondern
auch die Menschen und selbst die Kultur unseres
Bodens - dem Deutschtum und der nie rastenden Arbeit der Deutschen
verdanken. Diese Schrift will die innigen Wechselbeziehungen aufzeigen, die zu
allen Zeiten zwischen Danzig und dem Deutschtum bestanden haben, und sie will
dadurch eine Lücke in unserer sonst so reichen Literatur über Danzig
ausfüllen. Denn es fehlt in dem großen Danziger Schrifttum an einer
zusammenfassenden und einigermaßen übersichtlichen
wissenschaftlichen Darstellung der Verbindungen und Fäden, die Danzig
mit dem Deutschen Reich und der deutschen Kultur verknüpften, ehe
Danzig endgültig dem
preußisch-deutschen Staatsverbande eingegliedert wurde. Es fehlt eine
Darstellung der Menschen und der Kultur unseres Landes in Blickrichtung auf die
Verbundenheit mit der deutschen Heimat, während sich eine
tendenziöse polnische Geschichtsschreibung mit Eifer bemüht, die
durch alle Jahrhunderte währende und stets überaus deutlich in die
Erscheinung tretende Verbundenheit Danzigs mit dem
Deutsch- [6] tum zu leugnen und Danzig mehr oder minder
[2] Älteste Gesamtansicht der Stadt Danzig
Diese älteste Gesamtansicht erschien im Jahre 1575 in Braun &
Hogenbergs Städtebuch "civitates orbis terrarum". Sie gibt eine
Darstellung Danzigs in den Jahren 1573/74. Die Zeichnung stammt von
einem unbekannten - wohl Danziger - Maler, die Radierung
von Franz Hogenberg aus Köln a. Rh.
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für den polnischen Kulturkreis in Anspruch zu nehmen, mit dem es jedoch,
wie die Geschichte lehrt, nur verschwindend geringe Berührungspunkte
hat.
Über die Anlage dieser Arbeit sei kurz folgendes gesagt: Ich
möchte meine Darlegungen als einen Durchblick und ein festes Gerippe
bezeichnen, aus dem wir deutlich und unwiderleglich den völlig deutschen
Charakter und die Verbundenheit Danzigs mit dem deutschen Volke und der
deutschen Kultur nach allen Richtungen und durch alle Jahrhunderte erkennen,
aber auch den scharfen Gegensatz zu Polen, mit dem es viele Jahrhunderte in
ebenso erbittertem Ringen gestanden hat, wie wir es in unseren Tagen sehen.
Denn was wir heute alle selbst in Danzig miterleben, ist durchaus nicht etwas
Neues, sondern es ist
nur - wenn auch teilweise mit anderen Mitteln - eine Wiederholung
der Danziger Geschichte zwischen 1454 und 1793.
Die Zwecksetzung dieser Arbeit macht es notwendig, mitunter auch gewisse
Fragen etwas näher zu behandeln, deren Erörterung auf den ersten
Blick im eigentlichen Thema vielleicht nicht begründet erscheinen
möchte. Doch ist dem durchaus nicht so. Sie sind hier zwar nur so kurz wie
möglich und zusammenfassend geschildert, aber sie sind
unerläßlich zum Verständnis der damaligen Entwicklung und
auch der engen Verbundenheit Danzigs mit dem Deutschtum, ja sie sind vielfach
geradezu hervorragende Beweismittel für unsere Darlegung. Nicht minder
wichtig aber sind sie zum Verständnis der Gegenwart und der Erkenntnis
ihrer Aufgaben und Methoden, unerläßlich sind sie auch angesichts
einer polnischen Geschichtsklitterung, die aus gewissen Vorgängen
für Polen politisches Kapital zu schlagen sucht unter Vergewaltigung der
wirklichen Vorgänge und Beweggründe.
Thema und geschichtliche Entwicklung sowohl wie die seit 1918 eingetretenen
Verhältnisse bedingen es, daß unsere Erörterungen ihren
Anfang nehmen schon in der vorgeschichtlichen Zeit, und daß sie durch alle
Jahrhunderte durchgeführt werden. Dabei müssen alle Zweige und
Gebiete zur Behandlung kommen, Siedlung und Kolonisation sowohl wie
Bodenkultur, Architektur, Sprache, Kunst, Wissenschaft und Literatur in ihren
verschiedenen Zweigen und Ausdrucksformen. Einzig der Handel
bleibt - abgesehen von gewissen Andeutungen -
unberücksichtigt, und zwar deshalb, weil die Beziehungen, in die Danzig
zum deutschen Volke durch den Handel trat, für eine Seehandelsstadt von
der Bedeutung und Macht Danzigs, das zudem Hansestadt, ja
führende deutsche Hansestadt war, selbstverständlich sind.
[7] Nicht ausführlich behandelt habe ich hier
auch den Zeitabschnitt von 1793 bis zum Abschluß des Versailler
Vertrages, d. h. also die sogenannte preußische Zeit, und auch nicht
die neuere Entwicklung Danzigs als Freie Stadt seit 1920. Beide Abschnitte sind
nur kurz zusammenfassend dargestellt. Eine Behandlung der preußischen
Zeit im Rahmen dieses Themas erscheint nicht dringend geboten, denn in dieser
Zeit liegt ja die uneingeschränkte und unmittelbare Verbindung mit
Preußen-Deutschland vor den Augen aller Welt klar, und gerade das
Schrifttum anläßlich der Feier der hundertjährigen
Zugehörigkeit der einst unter der Oberhoheit der polnischen Könige
gestandenen Lande zu Preußen (1893) schildert ausführlich, welch
gewaltigen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung unser Land unter der
preußischen Herrschaft genommen hat. Über die Entwicklung und
Kämpfe Danzigs im letzten verflossenen Jahrzehnt aber besitzen wir bereits
eine so umfangreiche Spezialliteratur, daß eine neuere Untersuchung uns
nicht mehr von nöten erscheint, zumal sie nur bereits Gesagtes wiederholen
könnte. Deshalb beschränke ich mich darauf, auf das betreffende
Schrifttum hinzuweisen und begnüge mich einleitend mit einem kurzen
zusammenfassenden Überblick über die gegenwärtige Lage
Danzigs und ihr Entstehen.
Dagegen sind zwei Momente in die Betrachtung mit eingezogen worden: einmal
die Verbindung Danzigs mit dem Niederrhein, insbesondere also mit
den Niederlanden, ihren Bewohnern und ihrer Kunst, denn gerade dies
Gebiet hat auf Danzig einen außerordentlich starken Einfluß
ausgeübt, und es ist ja auch kerndeutsches Land. Bestanden doch damals
selbst die allerengsten politischen Beziehungen, da ja die Niederlande
noch bis gegen das Ende des 16. Jahrhunderts auch zum Verbande des
Deutschen Reiches gehörten. Die Einbeziehung dieses Gebietes in die
Darstellung erscheint also als Selbstverständlichkeit, denn es geht ja nicht
allein um die Beziehungen zu dem in enge politische Grenzen
eingeschnürten Deutschland, sondern um die deutschen Menschen, die
deutsche Kultur und das Deutschtum überhaupt. Andererseits habe ich mich
hinsichtlich Danzigs selbst nicht auf das Gebiet der Stadtgemeinde Danzig
beschränkt, sondern ich habe in den Kreis meiner Erörterungen auch
im wesentlichen das ganze Gebiet des heutigen Freistaates Danzig mit
einbezogen, denn beide, Stadt und Land, haben unter den gleichen
Einflüssen gestanden, die gleiche Entwicklung durchgemacht, und im
wesentlichen gehörte ja auch während der sogenannten polnischen
Zeit zu Danzig schon das Gebiet, das [8] heute den Freistaat ausmacht. Daher erhalten wir
auch nur durch diese gemeinsame Betrachtung ein völlig klares und
einheitliches Bild.
Auf eine besondere Polemik mit den polnischen Darstellungen,
namentlich der neueren und neuesten Zeit, habe ich geglaubt verzichten zu
dürfen. Die nackten geschichtlichen Tatsachen allein schon sprechen
deutlich genug, und sie beweisen das allzeitige Deutschtum Danzigs und Danzigs
allzeitige engste Verbundenheit mit Deutschland und dem deutschen Wesen
jedem, der seine Augen vor der Geschichte und vor der Wahrheit nicht
bewußt verschließt, schlagender als polemische
Auseinandersetzungen mit Gegnern, die unbelehrbar sind oder aber deren Absicht
aus politischen Beweggründen auf Irreführung der Weltmeinung
eingestellt ist. Daß im Verlaufe meiner Ausführungen an geeigneten
und besonders markanten Stellen auch auf die polnischen Thesen eingegangen
wird oder aber Hinweise auf die Gegenwart gegeben werden, ist ebenso
selbstverständlich wie die Kennzeichnung der polnischen Propaganda auf
diesem Gebiete an markanten Beispielen.
Noch ein Wort über die Quellen meiner Arbeit: Das hier in Frage
kommende Quellenmaterial ist doppelter Natur: Es sind einmal
Archivalien, die noch unendlich viel ungehobenen Stoff enthalten, und
es sind wissenschaftliche Schriften und Abhandlungen, die sich mit der
Geschichte Danzigs und unseres Landes befassen. Die erste Art dieses Materials,
das gerade für Danzig äußerst reichhaltig im Danziger
Stadt- und Staatsarchiv vorhanden ist, ist für die vorliegende Arbeit in nur
verhältnismäßig geringem Ausmaß benutzt worden.
Dazu fehlte es mir bei dem Umfange des zu behandelnden Stoffes und der Unzahl
von Archivalien einmal an der erforderlichen Zeit, dann aber hätte die
ausgiebige Benutzung und Durcharbeitung der Archivalien auch eine allzu starke
Spezialisierung in einzelnen Teilen mit sich gebracht, was der Aufgabe, diese
Schrift für einen weiteren Leserkreis zu gestalten, sicher Abbruch getan
hätte. Andererseits habe ich die gesamte irgendwie in Frage kommende
Literatur über Danzig soweit wie möglich restlos herangezogen. Und
da wir gerade bei Danzig über ein sehr reichhaltiges Schrifttum und
über eingehende Spezialforschungen nach den verschiedensten Richtungen
hin verfügen, ergibt sich aus der Auswertung dieses Schrifttums,
namentlich der größeren und kleineren Spezialforschungen, für
unsere Frage ein völlig klares Bild, das durch neue archivalische
Sonderforschungen nicht verändert, sondern in [9] seiner jetzigen Gestalt in seinen Konturen nur
noch schärfer umrissen und durch mehr Einzelheiten belegt werden
kann.
Diese Arbeit soll wissenschaftlich begründet und zugleich
allgemeinverständlich und leicht lesbar sein. Ich habe versucht, dieser
Zielsetzung nach Kräften auch zu entsprechen. Wie weit ich dieser Aufgabe
gerecht geworden bin, möge der Leser selbst entscheiden.
Dem Zweck der Arbeit entsprechend habe ich die Anmerkungen und
Hinweise auf das allernotwendigste beschränkt und sie aus diesem
Grunde auch nicht als Fußnoten gebracht, sondern an den Schluß
verwiesen, obwohl ich sonst kein besonderer Freund dieser neueren Praxis bin.
[Scriptorium merkt an: in diesem online-Nachdruck haben
wir, der Geschlossenheit der Darstellung halber, Duplikate der Anmerkungen
als Fußnoten unten auf der jeweils
entsprechenden Netzseite angebracht.]
Um diese Hinweise nicht allzu zahlreich gestalten zu müssen, ist das
Verzeichnis der benutzten Literatur möglichst genau und bis ins Einzelne
gehend am Schluß dieser Arbeit aufgestellt, so daß dort jeder sehr
leicht die entsprechenden Schriften über in der Arbeit selbst berührte
Sonderfragen finden wird.
Möge die Arbeit der treuen deutschen, von ihrem natürlichen
Mutterboden losgerissenen Stadt Danzig dienen; möge sie mit dazu
beitragen, in der weiten Öffentlichkeit Verständnis zu wecken für
Danzig, seine Eigenart, seine Not, seinen ihm auf gezwungenen Kampf;
möge sie der Bevölkerung Danzigs ein Ansporn sein, es zu tun wie
ihre Väter, die die gleichen schweren Zeiten durchlebten und nicht
verzagten, die sich nichts von ihren Freiheiten und Rechten rauben ließen;
möge diese Schrift wenigstens zum kleinen Teil mit dazu beitragen, das
Ziel erreichen zu helfen, dem die Bevölkerung der Freien Stadt Danzig mit
ganzem Herzen zustrebt. Das walte Gott!
Zum Schluß erfülle ich die freudige Pflicht, allen, die am
Zustandekommen dieser Arbeit ihr Interesse gezeigt und sie durch Rat oder Tat
gefördert haben, meinen herzlichsten Dank zu sagen, indem ich ihnen ein
herzliches "Vergelt's Gott!" zurufe. Einen ganz besonderen Dank
schulde ich der Stadtbibliothek zu Danzig und ihrer Verwaltung, die mir
das umfangreiche Quellenmaterial stets bereitwilligst zur Verfügung
gestellt hat. Den gleichen Dank spreche ich aus dem Danziger Staatsarchiv,
dem Westpreußischen Geschichtsverein, der Danziger
Verkehrszentrale und der Pressestelle des Senats.
Danzig, den 24. Oktober 1931.
Der
Verfasser.
[Scriptorium merkt an: im Original folgt hier bis inklusive Seite
12 die Inhaltsübersicht, die wir in diesem online-Nachdruck
hier wiedergegeben haben.]
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