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Ein Nachwort
"Zweihunderttausend Sudetendeutsche zuviel" - das ist die
augenblickliche Bilanz des sechzehnjährigen Vernichtungskampfes der
tschechischen Staatsgewalt gegen das sudetendeutsche Volkstum.
Zweihunderttausend Sudetendeutsche zuviel unter 3½ Millionen,
weil ihnen die Arbeitsplätze und die Scholle, die sie ernähren sollten,
gegen jedes Recht und mit den Mitteln brutalster Gewalt geraubt ober vernichtet
wurden! In den Werkstätten und Fabriken, auf den Bauplätzen und
Schächten, wo sie einst fleißig schafften, arbeiten heute
Tschechen - oder sie sind stillgelegt und zu Trümmerhaufen
geworden. Durch deutsche Bauernerde zieht der tschechische Siedler seinen Pflug
und tschechische Fäller legen grenzdeutschen Wald nieder. Aus der
staatlichen Verwaltung der grenzdeutschen Gebiete aber sind die deutschen
Beamten verschwunden.
Das Streben der tschechischen Vernichtungspolitik geht weiter als auf das
Verdrängen der Deutschen von ihren Arbeitsplätzen! Ihr Ziel ist die
völlige Vernichtung der Deutschen. Man spricht in Prag ganz offen
darüber und stellt Berechnungen an, in welchen Zeiträumen dieses
Ziel im Geiste einer humanitären Demokratie erreicht werden
könnte. Die Prager rechtsstehende tschechische Narodni Politika vom 12. September 1936
läßt "nüchterne Zahlen" sprechen und stellt ihre Berechnungen
über die Bevölkerungslage der Tschechoslowakei im Jahre 1970 an.
Darnach wird man in diesem Zeitpunkt zählen: Tschechen und Slowaken
13 Millionen, Deutsche 2,800.000 "wenn nicht weniger",
Magyaren 300.000, Juden 50.000, Polen 30.000 und
Russen 120.000, d. h., die Tschechen und Slowaken würden
eine 80%ige Mehrheit bilden, die Deutschen eine 17%ige Minderheit, die
Tschechoslowakei würde ein
"national-einheitliches Land im Sinne des tschechoslowakischen Volkes"
darstellen.
Dieser Prozeß wird sich wie folgt vollziehen: Die Deutschen werden um
100.000 abnehmen, wenn man nicht "andere Umstände"
zuläßt. Aber von ihnen siedeln 2½ Millionen in
geschlossenem Gebiet, während 700.000 nach den Schätzungen des
Blattes in der "Diaspora" leben. "Es ist zu hoffen, daß in vier kommenden
Jahrzehnten der Assimilationsprozeß auf die zerstreut lebenden Deutschen
noch stärker einwirken wird als bisher und daß im Jahre 1970 die
[360] deutschen Minderheiten in Pilsen, Budweis, Ostrau,
Olmütz und Mittelmähren vollkommen verschwunden sein
und sich in Iglau, Znaim,
Dux und in der Slowakei zu bedeutungslosen Trümmern, in Leitmeritz,
Bilin, Brüx und Troppau zu Minderheiten verwandelt haben werden. Und
auch dort wird der Assimilationsprozeß in Wirksamkeit treten." Außer
den angeführten 100.000 würden also weitere 300.000 Deutsche
verschwinden und im Jahre 1970 würde man um 400.000 weniger als im
Jahre 1930 zählen.
Was die Tschechen unter "assimilieren" verstehen, ist in diesem Buche in seiner
ganzen Grauenhaftigkeit dargestellt worden! Daß sich das
Sudetendeutschtum gegen diese geplante Vernichtung mit allen seinen
Kräften wehrt, ist sein Recht. Es ist seine Waffe in seinem
Verteidigungskampf, der Wille zum Leben sein stärkster
Bundesgenosse!
[361]
Eine sudetendeutsche Stadt hilft sich selber und baut eine
Siedlung. In der Stadt Eger in Westböhmen, der Hauptstadt des bekannten
Egerlandes, litten die Arbeitslosen schwer unter dem Mangel an billigen und
gesunden Wohnungen. Sie gingen nun selbst daran, eine
Arbeitslosen-Siedlung zu schaffen und zwar aus eigener Kraft. Ein Gesuch um
staatliche Unterstützung wurde seitens der maßgebenden
Behörde abgelehnt. Egerer Fabrikanten brachten eine Summe von
RM 7000.— auf, die Stadt stellte Baugrund zur Verfügung
und die Arbeitslosen begannen selbst, ihr neues Heim aufzubauen. Eine weitere
Unterstützung fanden die Arbeitslosen von Eger bei ihren Kameraden, die
noch in Arbeit standen und von ihren geringen Löhnen Beiträge
beisteuerten, sowie bei einer Reihe Egerer Geldanstalten, die mit Geldmitteln
einsprangen. Viele Handwerker stellten außerdem auch noch ihre
Arbeitskraft kostenlos zum Aufbau der Siedlung zur Verfügung. Durch
diese verwirkliche Volksgemeinschaft wurde es möglich, den Erwerbslosen
der Stadt Eger zu gesunden Wohnungen zu verhelfen.
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So erschreckend und alarmierend aber auch die Zahlen und Schilderungen
sudetendeutscher Not sind, so ernst und hoffnungslos auch die Zukunft für
das Sudetendeutschtum ist und scheint, noch lebt der Glaube an die Zukunft im
Sudetendeutschtum. Und Glaube versetzt Berge! Mag Hoffnungslosigkeit den
Einzelnen um sein persönliches Schicksal erfaßt haben, mag die
Verzweiflung Tausende in den Freitod getrieben haben, mögen
Hunderttausende Hunger leiden und verarmen, aber die Millionen haben den Halt
nicht verloren und den Willen zum Leben nicht preisgegeben!
Und dieser Glaube an die Zukunft und dieser Wille zum Leben haben innerhalb
des Sudetendeutschtums ein großzügiges Hilfswerk entstehen lassen:
Die sudetendeutsche Volkshilfe. Über alle Parteien und beruflichen
Unterschiede hinweg haben sich Männer und Frauen in den Dienst der
sudetendeutschen Selbsthilfe gestellt. Groß ist die Hingabe des Einzelnen
und gewaltig die Opferbereitschaft der Gesamtheit. Gerade in diesem Hilfswerke
hat sich der Gedanke der sudetendeutschen Volksgemeinschaft das
schönste Denkmal gesetzt.
Die Sudetendeutsche Volkshilfe hat im Winter 1934/35 insgesamt rund
7,722.297 Kc aufgebracht; im Winter 1935/36 beträgt die
Aufbringung 12,300.000 Kc. In dem Gebiet, das der Bund der Deutschen
betreut und das daher auch als Tätigkeitsgebiet der Sudetendeutschen
Volkshilfe in Betracht kommt, wohnen rund 3,008.000 Deutsche. Die
Sammelkopfquote betrug daher im Winter 1934/35 2.57 Kc, im Winter
1935/36 dagegen 4.10 Kc. Im Winter 1934/35 wurden für
Unterstützungen, Fürsorgen und Arbeitsbeschaffung
7,500.000 Kc ausgegeben, im Winter 1935/36 bis jetzt
11,400.000 Kc. Auf einen Unterstützungsempfänger entfielen
daher im vorletzten Winter 65 Kc, im vergangenen Winter dagegen
110 Kc. Die Hauptausgleichskassa des Hilfswerkes hat im Winter 1934/35
971.400 Kc [361-362=Fotos] [363]
eingenommen und als Zuschüsse an die Notstandsgebiete weitergeleitet; im
vergangenen Winter macht dieser Betrag 1,500.000 Kc aus.125
[362]
Ein deutscher Tischler, der unentgeltlich seine Arbeitskraft beim
Bau der "Hohlerhofsiedlung" zur Verfügung stellte.
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So wird die Opfertat des Sudetendeutschtums zu einem ergreifenden Denkmal
nationaler Solidarität und ungebrochenen
Lebens- und Selbsterhaltungswillens dieser hartgeprüften Volksgruppe. Der
Geist aber, der die Männer und Frauen beseelt, die sich freiwillig und
ehrenamtlich in den Dienst des großen Hilfswerkes gestellt haben, spricht
aus den Worten eines der ihren:
"Niemand soll hungern, auch niemand frieren;
Keiner soll sich ins Nichts verlieren,
Wollen wir Schicksalsgemeinschaft sein.
Schande, wenn Menschen im Wohlergehen
Not und Verzweiflung übersehen.
Almosengesten sind Bettlern recht.
Aber für jene, die unglückgeschlagen,
Schwer heut an ihrem Leben tragen,
Eignen sich solche Gebärden schlecht.
Opfern, nicht schenken! Sich selbst
beschränken;
Immer erst an die Andern denken,
Das nur heißt Hilfe in Not allein!
Alle müssen wir uns vereinen,
Helfer werden und nicht bloß scheinen,
Wirken nur wandelt Worte zur Tat.
Einst so die Ernte, wie heute die Saat!
Max Zweigelt.
[101]
Vom 17. bis 23. Mai 1936 sollte die Sudetendeutsche Kulturwoche
stattfinden. Das Programm und schräg darüber das Verbot: Aus
Gründen der öffentlichen Ruhe und Ordnung behördl.
verboten. (Bescheid der Bezirksbehörde.)
[364]
Nur wer sich selbst aufgibt, ist wirklich verloren. Das
Sudetendeutschtum, das trotz aller Not, trotz aller Bedrückung, dank
tüchtiger Männer diese frohen frischen Jungturner besitzt, ist auch im
Unglück kein dürrer Ast des deutschen Volkes.
[364]
Freiwillig schloß sich arbeitslose sudetendeutsche Jugend in
Arbeitslagern zusammen, um Gemeinschaftsarbeit zu leisten. Wie unbegreiflich
erscheint es, daß die tschechischen Amtsstellen, statt zu fördern, zu
hemmen versuchen. Turnplätze werden von diesen Arbeitslagern
geschaffen, Teiche entschlammt, Wege gebaut.
[365]
Die Turner zu Eger, der alten Reichsstadt. Der Deutsche
Turnverband ist die einzige unpolitische Erziehungsstätte der
Sudetendeutschen. Gegen 200.000 Jungen und Mädchen, Männer
und Frauen stehen in seinen Reihen, das Ziel vor Augen, durch
Leibesübung gesunde naturhafte deutsche Menschen zu werden.
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Aber ebenso groß wie die Hingabe des Einzelnen und so gewaltig wie die
Opferbereitschaft der Gesamtheit, sind die Hindernisse und Schwierigkeiten, die
der tschechische Humanitätsstaat dem deutschen Werke der
Nächstenliebe und Selbsthilfe bereitet. Nicht nur, daß die große
Selbsthilfe-Aktion überhaupt nur für wenige Wochen im Jahr erlaubt
ist, erfährt sie selbst in dieser kurzen Zeit in ihrer Tätigkeit allerlei
einschränkende Schikanen und Verbote.
[364=Fotos] [365] In
einzelnen Bezirken wurde auf Grund von Denunziationen von Tschechen und
Marxisten, es würden nur Angehörige der Sudetendeutschen Partei
betreut, die Hilfsaktion überhaupt verboten. Daß man in diesen
Denunziationen einen willkommenen Vorwand für das Vorgehen gegen die
sudetendeutsche Volkshilfe sieht, beweist die Tatsache, daß das Verbot
für solche Bezirke ausgesprochen wurde, in denen die Marxisten noch
über einigen Anhang verfügen und sie dessen Verlust angesichts des
Tatsozialismus aller Nicht-Marxisten befürchten.
Der Bund der Deutschen als Träger der Volkshilfe hat Spenderabzeichen
eingeführt, um der Heimindustrie im Erzgebirge, Böhmerwald und
Isergebirge Aufträge geben zu können. Es handelt sich um
Spenderabzeichen in Form kleiner Klöppelspitzen, kleiner gedrechselter
Holzabzeichen. Das wurde verboten.
Die tschechische politische Behörde in Elbogen hat die Tätigkeit der
Ortsgruppe des Bundes der Deutschen in Elbogen eingestellt und 420
Lebensmittelpakete beschlagnahmt, weil die Ortsgruppe sich geweigert habe, eine
Familie mit Lebensmitteln zu betreuen, die ihre Kinder in die tschechische Schule
schickt.
Die Staatsanwaltschaft in Pisek erhob gegen einige hungernde Arbeitslose
Anklage nach §17 des tschechoslowakischen Schutzgesetzes, weil sie sich
von einem Pfarrer in Bayern ein paar Lebensmittel spenden ließen! Von der
staatlichen Ernährungsaktion hatte man sie ausgeschlossen.
[366] Von privater Seite war
61 sudetendeutschen Kindern ein Erholungsaufenthalt in Sachsen vermittelt
worden. Nicht alle waren mit vollgültigen Pässen ausgestattet. Bei
ihrer Rückkehr wurden die Kinder stundenlang verhört und sogar mit
Anwendung des Republikschutzgesetzes bedroht. 23 Väter wurden wegen
Paßvergehens zu 50 Kc (etwa 5.30 RM) Strafe oder
5 Tagen Arrest verurteilt, Väter, die heute einen solchen Betrag im
Laufe des Jahres nicht einmal zusammen zu sehen, geschweige denn zu besitzen
pflegen.
Es sind bittere Worte, die sich die Prager Humanitätsprofessoren auf ihren
Regierungsbänken von dem Abgeordneten Sandner der Sudetendeutschen
Partei sagen lassen mußten, der gegen diese Schikanen im Parlamente
Protest einlegte:
"Es ist vollkommen unbegreiflich und
widerspricht den primitivsten Grundsätzen der Humanität, von der ja
gerade in diesem Staate soviel gesprochen wird, wenn man die
Durchführung eines gemeinnützigen Hilfswerkes für den
ganzen Bezirk verbietet. Wenn Sie imstande sind, an die Stelle der
Maßnahmen, mit denen die Volkshilfe unseren notleidenden Volksgenossen
unter die Arme greift, bessere Maßnahmen des Staates zu setzen, werden
unsere Einwendungen wohl weniger erbittert sein. Solange Sie aber nicht
imstande sind, die von der Volkshilfe geleisteten Hilfsmaßnahmen durch
staatliche Maßnahmen weitgehend zu ersetzen, haben Sie keine
menschliche und moralische Berechtigung, derart gegen das
Sudetendeutschtum vorzugehen."
Der Staat ist wohl imstande, Hilfsmaßnahmen zu treffen, aber er will sie
nicht treffen. Gerade die Tatsache, daß er der Selbsthilfe des
Sudetendeutschtums die allergrößten Schwierigkeiten bereitet,
beweist nur seinen Vernichtungswillen dieser deutschen Volksgruppe
gegenüber.
Das Sudetendeutschtum ist mehr als ein deutsches Grenzland. Der Adler
hinter Gittern im Wappen der alten Staufenstadt Eger, die alte
Katharina-Kirche in der alten Ritterstadt Komotau am Fuße des Erzgebirges
u. a. mahnen an das Schicksal des ganzen Sudetendeutschtums.
Im Sudetenraum ringt Grenzlanddeutschtum um seine Existenz. Noch ist seine
Volkskraft nicht gebrochen, denn die deutschen Menschen, die hier
kämpfen und den lebenden Wall um ihr ewiges Deutschland bilden gegen
den tschechischen Angriff auf deutschen Lebensraum, hat der Kampf der
Jahrhunderte um die Scholle, die sie durch ihrer Hände Arbeit aus Wildland
rodend und pflügend zum Kulturland gewandelt haben, hart und
widerstandsfähig gemacht.
[367] Aber es
führt heute seinen Volkstumskampf in der Abwehr, darüber
müssen wir uns klar sein. Und sie wird ihm durch die Krise auch
volkspolitisch nicht leicht gemacht.
Es ist einmal vom Sudetendeutschtum treffend gesagt worden, es kann heute nicht
von dem reden, was es von der Zukunft erwartet: doch die Türme der Burg
Karlstein im Herzen Böhmens, die von deutschen Händen gebaut,
einst durch Jahrhunderte die Kleinodien des hl. römischen Reiches
schirmten, ragen noch über dem Tal der Beraun zum Himmel und noch
mahnt der Dom zu Prag, den deutsche Frömmigkeit einst schuf, das
deutsche Blut des Landes, daß alles möglich ist, dem, der da
glaubt!
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