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Neurohlau
Bericht Nr. 266
Mißhandlung von Invaliden
Berichter: Pfarrer Oskar F. K. Hahn Bericht vom 22. 7. 1946
Ich wurde am
20. 10. 1945 in das KZ-Lager Neurohlau eingeliefert. Ich war als katholischer
Geistlicher Divisionspfarrer gewesen und stand unter dem Verdacht, russische Soldaten in einem
Schlächterladen mit einer Küchenbelegschaft massakriert zu haben. Die Anzeige
stammte von einer Frau, die dreimal im Irrenhaus gewesen ist.
Ich bin selbst Kriegsinvalide. Trotzdem wurde ich wiederholt, wie auch alle anderen, schwer
mißhandelt. Am schlimmsten war es in der Nacht vom 2. zum 3. November, wo alle
Häftlinge, die der SS, SA sowie der Partei angehört hatten, darunter auch
Fußamputierte, am Hof im Kreise herumgetrieben und dabei mit Gewehrkolben,
Stahlruten
und Latten so geschlagen wurden, daß viele zusammenbrachen. Ein Opernsänger,
Karl Tretsch aus Prag, erlitt durch Mißhandlungen, deren letzte meines Wissens im
März 1946 stattfand, sieben Rippenbrüche, Nierenverletzungen und eine
Kopfverletzung. Derlei Mißhandlungen haben sich auch bei anderen Häftlingen
wiederholt. In Neurohlau befanden sich unter den Häftlingen
zahlreiche 70- und 80-jährige Männer und Frauen, z. T. mit schweren Gebrechen
wie
z. B. Leistenbruch. In meinem Zimmer lagen noch ungefähr 48 Invalide, die amputiert
waren. Selbst diese wurden schwer mißhandelt. Der Student Günther aus Gottesgab
wurde mit Gummiknüppeln solange auf seine beiden Beinstümpfe geschlagen, bis
das Blut herausspritzte. Eine Frau B. aus Lubenz, 68 Jahre alt, wurde vor kurzem zu 20 Jahren
vom Volksgericht verurteilt, weil sie angeblich die Schuld trage, daß im Jahre 1936/37
zwei
Mädchen Selbstmord verübt hatten. Ihr Mann war vor ihren Augen im Lager zu
Tode
geprügelt worden.

Bericht Nr. 267
Lager Neurohlau, Mißhandlungen
Berichter: Johann Schmelzer Bericht vom 1. 6. 1946 (Neurohlau)
Ich wurde am 9. Juni 1945 in
Elbogen verhaftet. Am 26. Juni wurde ich mit anderen
Häftlingen in das Konzentrationslager Neurohlau überführt. Gleich an
diesem Tage wurden
alle Häftlinge - über 100 Mann - einzeln in die Kanzlei gerufen und so
verprügelt, daß man die Schmerzensschreie bis auf die Straße bei
geschlossenen Fenstern hören konnte. Ich selbst wurde beim Betreten der Schreibstube
sofort von vier Mann überfallen, die mich mit den Fäusten auf Kopf und Gesicht
schlugen. Darauf mußte ich mich über eine Stuhllehne legen und wurde von den
vier
Mann mit Stöcken und Gummiknüppeln geschlagen, bis mir das Blut aus der Nase
tropfte. Nachher mußte ich das Blut vom Stuhl ablecken. In derselben Weise wurden alle
Häftlinge bearbeitet. Ich wurde dreimal
während meiner 11-monatigen Haft
verhört und am 11. Mai 1946 ohne Verhandlung oder Urteil entlassen.
Die Verpflegung war anfänglich durch Wochen hindurch nicht nur völlig
unzureichend, sondern auch ungenießbar. Viele Häftlinge wurden krank und starben
vor Entkräftung. Darunter Konhäuser, Beamter in Altsattel, und Wohlrab Karl,
früher Modelleur in Dallwitz.
Einmal im Juli war ich Zeuge, wie ein Häftling während des Antretens zum
Zählappell von einem Kommissar ohne Anruf oder Warnung mit der Pistole aus der Reihe
herausgeschossen wurde. Ein zweiter Fall ist mir in Erinnerung. Als ein Häftling sich aus
dem Abfallfaß bei der Küche vor Hunger Kartoffelschalen herausholte, wurde er
durch den Kommandanten verwarnt und mit Erschießung bedroht. Als nach einigen Tagen
derselbe Häftling wiederum Kartoffelschalen aus dem Abfallfaß aß, wurde er
vom Kommandanten mit der Pistole durch Genickschuß getötet. Im August wurden
wegen der
Flucht eines SS-Mannes aus dem Lager alle Angehörigen der SS im Lager
verprügelt
und
dabei der SS-Mann Lippert aus Elbogen erschossen. Ich kann diese Aussage beeiden und
dafür auch Zeugen bringen.
Bericht Nr. 268
Dauernder Körperschaden als Folge von
Mißhandlungen
Berichter: Adolf Trägner Bericht vom 22. 7. 1946 (Neurohlau)
Am 23. 7. 1945 erhielt ich den
Befehl, mich am nächsten Tag bei der Schule in Altrohlau
zur Arbeit einzufinden. Dort traf ich 31 andere Männer an, die denselben Befehl erhalten
hatten. Von dort wurden wir in das Lager Neurohlau eingeliefert und alle furchtbar
mißhandelt. Ich selbst erhielt von vorn und hinten Fußtritte in die Geschlechtsteile,
bis ich bewußtlos zusammenbrach. Als ich zu mir kam, wurde ich auf eine Bank gelegt
und
wieder bewußtlos geschlagen. Als ich das Bewußtsein wieder erlangte, schlug mich
einer mit der Stahlrute solange über den Kopf, bis ich wieder zusammenbrach. Dabei trug
ich eine schwere Kopfverletzung davon. Ich habe seitdem ständig Kopfschmerzen, von
Zeit
zu Zeit verschlimmern sich diese Schmerzen so, daß ich bewußtlos
zusammenstürze. Meine Kopfverletzung wurde vom
Lagerarzt in Kladno-Dubi festgestellt. Auch ein Herzleiden steht damit im Zusammenhang.
Bericht Nr. 269
Mißhandlungen und Tod
Berichterin: Marie Georgi Bericht vom 2. 9. 1946 (Neurohlau)
Direktor Pohl von der
Neudeker Papierfabrik wurde im September 45 von der Gendarmerie
abgeholt. Er wurde in das Lager Neurohlau eingeliefert und dort erschossen. Der Tscheche
Kalupa hat sich gerühmt, Pohl in Neurohlau erschossen zu haben.
Der Postbeamte Wenzel Siegert, dessen Wohnung man während seiner Abwesenheit auf
einem Spaziergang beschlagnahmt hatte, wurde bei seiner Rückkehr in die Wohnung
mißhandelt und in den Polizeiarrest gebracht, wo er im September erschlagen wurde.
Josef Schönecker, geb. 26. 10. 93, wurde im November 1945, aIs er bereits seine
Aussiedlungspapiere hatte, am Wege zur Sparkasse, wo er noch Geld abheben wollte, verhaftet
und wurde seitdem in Neurohlau festgehalten, obwohl er krank und arbeitsunfähig ist.
Im Juni 1945 wurde die Bäckersfrau Anna G. aus Neudeck verhaftet, schwer
mißhandelt und in das Gerichtsgefängnis Karlsbad geschafft. Zu Weihnachten sah
ich selbst die Narben an ihren Beinen, die von mit Eisenzwecken versehenen Ruten
herrührten. In der Nacht wurde sie mehrmals aus der Zelle geholt, sie mußte sich
nackt ausziehen und wurde mit kaltem Wasser überschüttet. Sie wurde später
vom Volksgericht zu 12 Jahren verurteilt.
Bericht Nr. 270
Erschießung eines Deutschen im Lager
Neurohlau 1945/1946
Berichter: Josef Heller Bericht vom 22. 6. 1946 (Neurohlau)
Ich war vom 28. 12. 45 bis 29.
5. 46 im KZ in Neurohlau. Schon früher war ich mehrmals
in der Woche durch Monate hindurch gelegentlich zu Materialfuhren, die ich für das
Lager
zu leisten hatte, vorübergehend im KZ gewesen. Ich war dabei selbst Zeuge vieler
Mißhandlungen. Ich sah auch, wie ein alter Mann, er war ein Sechziger, gegen Mittag
über den Lagerhof ging und dabei ohne Anlaß von einem tschechischen Posten,
ohne
daß zwischen dem Posten und dem alten Mann auch nur ein Wort gefallen wäre,
mit
der Pistole niedergeschossen. wurde. Als ich dann selbst im Lager war, war ich Zeuge, wie die
Posten Anlässe zu Mißhandlungen suchten.
Am 30. 4. 1946 hörten wir in der Nacht mehrere Schüsse. Am 1. 5. durfte niemand
das Lager verlassen. Es wurde uns gesagt, daß von außen auf einen Posten
geschossen worden sei. Angeblich sei einem Posten die Mütze durchschossen worden.
Dieser Vorfall wurde zum Anlaß genommen, in den umliegenden Ortschaften
Hausdurchsuchungen nach Waffen vorzunehmen, wobei den Leuten noch ihre letzten
Habseligkeiten an Kleidern, Wäsche, Geld usw. genommen wurden. Waffen wurden keine
gefunden. Eine tschechische Kommission stellte dann fest, daß ein Posten im Schlaf durch
Herabgleiten der Hand am Gewehr einen Schuß ausgelöst hatte, der ihm durch die
Mütze ging. Ein anderer Posten hätte auf diesen Schuß mit mehreren
Schüssen geantwortet.
Bei der Gepäckkontrolle in Neurohlau haben die Kontrollorgane im betrunkenen Zustand
den Leuten den größten Teil der Sachen abgenommen.
Meiner 79-jährigen Mutter wurden die Federbetten abgenommen, meiner Frau
sämtliche Wäsche und Kleider und mir selbst die besten
Wäschestücke
und Schuhe. Als Abfindungssumme erhielten wir pro Kopf 500 Mark.
Neutitschein
Bericht Nr. 271
Enteignung von Antifaschisten
Berichter: Bürgerschuldirektor a.D. Josef Schramm Bericht vom 14. 5.
1950
Am 10. Oktober 1938 wurde
Neutitschein von deutschen Truppen besetzt. Am 22. November
1938 wurde ich von den neuen Machthabern von meinem Dienstposten abgesetzt. Ich wurde mit
der Erklärung abgesetzt, daß ich mit der Übernahme in den Dienst des
Reiches nicht rechnen könnte.
Ich hatte mich auf Grund einer schriftlichen Denunziation vor den neuen Machthabern zu
verantworten, weil ich im April 1937 von meinen Lehrern den Nachweis verlangte, daß sie
die Schülerschaft im Sinne des Erlasses der Bezirksschulbehörde Nr. 81/n vom 11.
1.
1934 genügend über Demokratie und Diktatur in einem Staate aufgeklärt
hatten.
Ich hatte endlich 1937 den Besitz meiner Frau der tschechoslowakischen
Militärverwaltung
als Militärmagazin zur Verfügung gestellt, und zwar mit einem Vertrage, ohne es
auf
die Beschlagnahme ankommen zu lassen.
Am 5. Mai 1945 wurde Neutitschein von den Russen besetzt. Ich mußte die erste
Plünderung über mich ergehen lassen. Schon am folgenden Tage schien es, als ob
ich
wegen meiner früheren Tätigkeit zur Erhaltung der CSR in Schutz genommen
werden sollte. Ich erhielt auf Grund meiner schriftlichen Nachweise vom eingesetzten
tschechischen Orts-National-Ausschuß eine Bescheinigung mit dem Sowjetstempel, die
mich vor weiterer Plünderung schützte. Nichtsdestoweniger mußte ich
meinen
Radioapparat abliefern.
Als in der Nacht 4./5. Juli 1945 4000-5000 deutsche Einwohner der Stadt Neutitschein
plötzlich ohne Vorankündigung nach Pirna a. d. Elbe abgeschoben wurden, war ich
auch noch ausgenommen. Ich erhielt am Vorabend zu diesem Zwecke eine "weiße Karte"
für mich und meine Familie. Diese Karte und meine schriftlichen Nachweise
schützten aber meine Frau nicht vor Fronarbeit bei Tschechen. Ich selbst mußte an
einem Sonntag von 7 Uhr früh bis 6 Uhr abends öffentliche
Aufräumungsarbeiten leisten.
Am 21. August 1945 wurde an vielen Orten der Stadt Neutitschein eine Kundmachung
plakatiert.
Ich mußte selbst ein solches Plakat von 85x60 cm an meinem Wohnfenster durch 14 Tage
ausgehängt halten. Ich besitze es heute noch. Es lautet in deutscher Übersetzung:
"Orts-National-Ausschuß in Neutitschein, Nr. 4735, am 4. 8. 45. Betrifft:
Verläßlichkeit deutscher Personen. Kundmachung. Von den einschränkenden
Vorschriften, die für Personen deutscher Nationalität gültig sind, wurden aus
der Straße Marxova folgende Personen und ihre Familienangehörigen befreit." Nun
sind 7 Namen genannt, darunter der meine. "Weil der ONA seine günstige Entscheidung
auf eine gerechte und rechtliche Grundlage stellen will, fordert er alle Personen tschechischer
Nationalität auf, in der Frist von 14 Tagen schriftlich begründete Einwände
gegen diesen Beschluß einzureichen. Der ONA ist überzeugt, daß sich die
tschechischen Bürger der Stadt Neutitschein, die hier durch die ganze Zeit der deutschen
Okkupation lebten, bei diesen ihren Eingaben nur vom Interesse des Volkes und Staates werden
leiten lassen. Irgendwelche Interventionen in Angelegenheiten Deutscher sind zulässig.
Jan
Oplustil, e. h. Vorsitzender des ONA." Es hat sich niemand zu einem Einwand gefunden.

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Bald nach Beginn des Aushanges dieser Kundmachung erschienen eine Unzahl roter Plakate der
kommunistischen Partei auf allen Ecken der Stadt. Sie verkündeten, daß alle
Deutschen ohne Unterschied ausgewiesen werden müßten. Andere Plakate
verpflichteten auch die "sogenannten Antifaschisten" zum Tragen des 15 cm großen "N"
auf der linken Brustseite.
Am 18. Dezember 1945 mußte ich meine Wohnung im eigenen Hause räumen zu
Gunsten des tschechischen Majors Dlouhý. Als Ersatz erhielt ich Zimmer und
Küche
zugewiesen, wo von 36 Fensterscheiben 23 fehlten. Eine Vorsprache bei dem mir
persönlich bekannten Bürgermeister und Bürgerschuldirektor
Bechný
half
nichts. Die Regierung gestattete angeblich nur, daß ein Deutscher ein Zimmer haben
darf.
Ich bewarb mich beim Sicherheitsreferenten des
tschechischen Orts-National-Ausschusses in Neutitschein um ein Zeugnis über meine
antifaschistische Tätigkeit. Ich erhielt es auf Grund meiner Dokumente. Es war sehr
ausführlich. Mit diesem Zeugnis bewarb ich mich zur Aussiedlung als Antifaschist, die
von
den Sozialdemokraten organisiert war. Obwohl ich nie bei einer politischen Partei war, wurde
ich
angenommen. Trotzdem erhielt ich am 19. März 1946 die Bestimmung zur
gewöhnlichen Aussiedlung mit 50 kg. Als ich
mein Antifaschisten-Zeugnis vorwies, wurde es mir weggenommen. Es trug die
Originalunterschrift des Referenten und des Vorsitzenden des ONA mit Amtssiegel. Eine
Beschwerde beim Vorsitzenden hatte das Ergebnis, daß er mir das abgenommene Zeugnis
neu ausstellte, daß er mich aber von der bevorstehenden Ausweisung nicht befreien
konnte.
Spät abends vor der beabsichtigten Ausweisung kam aus Prag der Befehl, die
Antifaschisten noch zurückzulassen.
Ich mußte neuerdings ansuchen um Zulassung
zur Antifaschisten-Aussiedlung. Sie wurde neuerlich bewilligt.
Ich ließ mir vom kommunistischen Vorsitzenden
des Bezirks-Nationalausschusses schriftlich bestätigen, daß ich ausgenommen bin
auf Grund meiner Zulassung
zur Antifaschisten-Aussiedlung von der Beschlagnahme und Konfiskation des
Vermögens.
Ich bekam die Bestätigung mit großer Freundlichkeit ohne weiteres. Mit diesem
Schriftstück erhob ich fristgemäß die Beschwerde gegen die Konfiskation
meines
Vermögens beim Landes-National-Ausschuß,
Expositur Mährisch-Ostrau. Dieser verständigte mich, daß meiner Berufung
auf Grund eines
Beschlusses des Mähr.-schles. Landes-Nationalrates,
Expositur Mähr.-Ostrau, vom 18. 10. 1946 nicht willfahrt wird.
Ich mußte am 26. November 1946 zur Aussiedlung nach Bayern mit meiner Familie
antreten.
Bericht Nr. 272
Schwerste Mißhandlungen, Folter
Berichter: Franz Bordirsky Bericht vom 11. 7. 1946 (Neutitschein)
Ich wurde am 26. 6. 45 auf
dem Felde bei der Arbeit von tschechischen Polizisten verhaftet und in
die Gemeindekanzlei geführt. Dort wurde mir ein Gewehr vorgewiesen, das angeblich in
meinem Hause gefunden worden war und [ich wurde] über die Herkunft des Gewehres
gefragt. Ich
wußte von dem Gewehr überhaupt nichts und konnte darüber auch nichts
aussagen. Um eine Aussage zu erpressen, wurde ich nun regelrecht gefoltert. Zuerst wurde ich
mit
Gummiknüttel geschlagen, bis ich blutete. Am übernächsten Tag wurde ich
neuerdings befragt und dabei mit Peitschen auf Fußsohlen und Beine geschlagen. Mit
einem
Messer wurde ich in die Seite gestochen, daß das Blut herunterlief. Dann wurde ich mit
einem Riemen stranguliert, daß ich bewußtlos wurde. Dann wurden mir mit einem
glühenden Eisen Gesicht und Ohren angebrannt und die Haare versengt, dann mußte
ich mit der Nase eine Schaufel an die Wand drücken und gleichzeitig in jeder Hand einen
Ziegelstein hochhalten. Wenn die Arme herabsanken oder die Schaufel herunterfiel, wurde ich
geschlagen, daß ich mehrmals zusammenbrach. Zum Schluß schlugen sie mich mit
Holzstecken über die Beine und die Füße. Davon erhielt ich offene Wunden,
von denen eine jetzt nach einem Jahr noch nicht vernarbt ist. Hierauf wurde ich in meinem
Zustand zehn Tage im Keller der Schule gefangen gehalten. Dann wurde ich in einem Wagen
nach Neutitschein in den Arrest eingeliefert. Am nächsten Tag wurde ich zu Fuß ins
Lager eingeliefert. Erst einen Tag später wurde ich ins Krankenhaus gebracht, nach 14
Tagen aber auf Befehl des tschechischen Primar wieder entlassen, da das Krankenhaus von allen
Deutschen geräumt werden mußte. Ich kam in den Arrest zurück, wurde am
7.
12. in das Lager überführt, wo ich bis zum 7. 6. d. J. verblieb. An diesem Tage fand
eine Verhandlung statt, bei der ich von der Anklage des unrechtmäßigen
Waffenbesitzes freigesprochen wurde, doch zu zehnmonatigem Gefängnis verurteilt
wurde,
weil ich angeblich einem tschechischen Polizisten das Bajonett aus seinem Stiefel gezogen und
ihn damit bedroht hätte.
Nieder-Mohrau und
Olmütz
Bericht Nr. 273
Mißhandlungen Jugendlicher
Berichter: Johann Stanzl Bericht vom 3. 7. 1946
Ich
wurde am 13. 9. 45 in Nieder-Mohrau verhaftet, obwohl die Polizei wußte, daß
ich schon eineinhalb Jahre zuckerkrank war. Ich war damals 16 Jahre alt und wurde
verdächtigt, Wehrwolf gewesen zu sein. In der ganzen Gegend hatte es
keine Wehrwolf-Organisation gegeben. Mit mir zusammen wurden 52 Jugendliche und
Männer verhaftet. Alle Eßwaren, die wir bei uns hatten, wurden uns abgenommen.
Wir wurden nach Olmütz überführt und dort in einer Schule untergebracht.
Dort wurden wir alle täglich von Posten furchtbar mißhandelt. Die Verpflegung war
sehr wenig und oft ungenießbar. In sechs Wochen sind mindestens zehn Leute an
Unterernährung gestorben. Anfang November wurden wir in das Lager Hodolein
überführt, von wo ich nach ungefähr drei Wochen krankheitshalber entlassen
wurde.
Am 7. 4. d. J. wurde ich mit 15 anderen Jugendlichen
aus Nieder-Mohrau abermals eingesperrt, als
in Nieder-Mohrau eine Scheune abbrannte, die, wie sich später herausstellte, ein Tscheche
angezündet hatte. Ich war verhaftet worden, obwohl ich gerade damals, wie seit meiner
Entlassung aus dem Lager schon öfter, drei Tage zu Bett gelegen war. Nach 24 Stunden
wurde ich krankheitshalber wieder entlassen. Die anderen wurden länger festgehalten.
Niemes und Grottau
Bericht Nr. 274
Schwerste Mißhandlungen von
Frauen
Berichterin: Elfriede Brockelt Bericht vom 15. 10. 1946
Nach dem Tode
meines Vaters führte ich mit meinem Sohn die Landwirtschaft meiner
Mutter in Niemes weiter. Am 1. 6. v. J. wurde ich vom Národní výbor
von
Denis aufgefordert, nach Denis in meine Wohnung zurückzuziehen. Ich kam dieser
Aufforderung sofort nach. Am 6. 6. wurden ich und mein Mann plötzlich ohne Angabe
eines Grundes verhaftet und in das Gefängnis in Grottau eingeliefert. In Grottau wurde ich
schwer mißhandelt. Wir mußten am Bahnhof arbeiten und wurden täglich in
der Früh vor der Arbeit und am Abend nach Rückkehr ins Lager mit
Gummiknütteln und Fäusten geschlagen. Mein Mann ist von mir getrennt worden
und ich habe ihn seitdem nicht mehr gesehen. Am 13. 6. v. J. wurden wir ungefähr 30
Personen in das Kreisgericht Reichenberg eingeliefert. Die Männer mußten sich
dort
bei der Einlieferung am Gang nackt ausziehen und wurden mit Gummiknütteln und
Peitschen geschlagen. Wir fünf Frauen wurden in die Frauenabteilung geführt und
dort schwer mißhandelt. Jede Frau mußte sich ganz nackt ausziehen und wurde dann
von vier Soldaten mit Gummiknütteln und Peitschen, über ein Bett gebeugt,
geschlagen. Als ich als Letzte an die Reihe kam, weigerte ich mich, mich auszuziehen, da ich
unwohl war. Ein Wachtmeister schaute nach, ob es wahr sei und erklärte dann: "Das ist
gleich." Da ich mich trotzdem nicht auszog, zog mir ein Wachtmeister das Hemd hoch und ein
anderer die Hose herunter und es schlugen mich vier Männer mit Gummiknütteln
und Peitschen über Rücken, Gesäß, Beine und Füße. Es
waren bestimmt 25-30 Schläge. Ich war davon ganz blau. Als ich in die Zelle
zurückgehen sollte, brach ich zusammen. Mit Aufbietung meiner letzten Willenskraft
schleppte ich mich in die Zelle. Nach einer Stunde wurden wir in die Aufnahmekanzlei geholt.
Dort wurde ich wieder mit der Peitsche bedroht, da ich 1938 mit den Kindern über die
Grenze gegangen war. Als ich in die Zelle zurückkehrte, wurde ich von einem
Wachtmeister geohrfeigt und an den Haaren in die Zelle gestoßen, da ich "auch" Kinder
habe, wie er sagte. Ich wurde am 5. 9. d. J. zu fünf Jahren Zuchthaus mit Zwangsarbeit
verurteilt. Ich verrichtete Säuberungsarbeiten. Am 10. 10. d. J. wurde ich entlassen, ohne
daß ich dazu etwas unternommen hatte oder daß mir ein Grund angegeben wurde.
Mein Mann wurde ebenfalls zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt und befindet sich noch in
Karthaus.
Nikolsburg
Bericht Nr. 275
Mißhandlungen, Folter zur Erpressung eines
Geständnisses
Berichter: Johann Gerlinger Bericht vom 17. 6. 1946
Am 21. 9. 1945 kamen in der
Nacht vier Tschechen, pochten an die Tür meines Hauses und
fragten mich, wo ich meine Pistole habe. Ich habe nie im Leben eine Waffe besessen und sagte
das auch. Darauf schlugen sie mit den Gewehrläufen auf mich ein und zerschlugen mir
den
ganzen Körper. Meinen linken Arm kann ich seitdem bis heute noch nicht gebrauchen.
Dann wurde ich auf die Gemeindekanzlei geschickt. Dort bekam ich Wasser zum waschen, da
ich
blutüberströmt war. Dann führten sie mich in den Keller und hängten
mich an den auf meinen Rücken zusammengebundenen Händen auf und
ließen
mich eine halbe Stunde so hängen. Als sie mich losbanden, wollte ich aus einem
Wasserbehälter auf der Straße im Vorbeigehen trinken. Da tauchte der Posten mir
den Kopf ins Wasser. Dann wurde ich im Arrest eingesperrt. Ich wurde in der folgenden Nacht
ohne weiteres Verhör entlassen und mit weiteren Prügeln bedroht, wenn ich von
meinen Mißhandlungen zu jemandem spreche. Unterdessen war meine Familie aus dem
Hause gewiesen worden. Sie konnten sich nur heimlich einige Kleinigkeiten mitnehmen. Sie
wohnten drei Wochen bei meiner Schwester. Dann kam ich und meine Frau in das Lager
Nikolsburg, wo ich neun Monate bleiben mußte. Meine Frau wurde nach zwei Monaten
entlassen, da sie kränklich war.

Bericht Nr. 276
Schwere Mißhandlung im Lager Nikolsburg
zur Erpressung eines Geständnisses
Berichter: M. Krebs Bericht vom 17. 6. 1946 (Nikolsburg)
Ich wurde am 26. 5. 1945
verhaftet und am 27. nach Nikolsburg ins Gerichtsgebäude
gebracht. Dort wurde ich nach meiner Uniform des NSFK und nach meinem Jagdgewehr gefragt.
Ich erklärte, daß ich nie eine Uniform besessen und mein Gewehr einem
Treuhänder übergeben habe. Das wurde nicht geglaubt. Deshalb wurde ich zur
Erpressung eines Geständnisses schwer mißhandelt. Ich erhielt auf einem Stuhl
liegend zweimal 25 Hiebe mit einem Gummischlauch, die ich selbst abzählen
mußte.
Dann mußte ich mich nackt ausziehen und in einem abgeschlossenen
Hof vor 12-15 Mann, die mit Gummiknüppeln, Schläuchen, Stecken, Kabeln usw.
bewaffnet waren, Spießruten laufen, wo ich besonders auf die Magengegend und die
Geschlechtsteile geschlagen wurde. Ich brach mehrere Male bewußtlos zusammen. Am
Boden wurde ich mit Füßen getreten. Dann mußte ich im Hofe stehen. In der
Dämmerung kamen neuerlich drei Tschechen und ich wurde wiederum auf einem Sessel
liegend geschlagen, wobei mir der eine mit dem Fuß den Kopf und der andere die
Füße auf den Boden preßte. Wieviele Hiebe ich bekam, weiß ich nicht,
jedenfalls bis ich bewußtlos wurde. Nach Übergießen mit Wasser wurde ich
weiter geschlagen.
Am 28. 5. wurde ich trotz meiner Wunden abermals geschlagen. Nach 14 Tagen brachen die
Wunden am Gesäß auf und eiterten durch vier Monate. Ich war in dieser Zeit auf
der
Krankenstube. Durch einen Hieb mit einer Maschinenpistole in das Rückgrat hatte ich
eine
Neuralgie mit folgender Atropie in der rechten Hand erlitten, an der ich heute noch leide.
Ich war Augenzeuge, wieviele Häftlinge auf dieselbe Weise mißhandelt wurden.
Die
Prügeleien wurden von folgenden Tschechen ausgeführt: Malicek, Medek, Tyrsch,
Trha, Blaha und Schick, der mit einer Maschinenpistole vor allen Häftlingen die Frau
Mischensky aus Weißstätten erschoß.
In den ersten sechs Wochen wurde überhaupt kein Brot ausgegeben. Die
Tagesverpflegung
bestand aus zwei Pellkartoffeln kalt und zwei Scheiben roter Rüben. Später gab es
250 g Brot täglich und eine Kartoffelsuppe. Die Suppe war durch sechs Wochen
ungesalzen. Während des ganzen Winters wurde nicht geheizt. Die Fenster wurden mit
Kalk gestrichen und mit Stacheldraht überzogen. Ein Waggon Wäsche und Kleider,
die von der UNRRA für die Lagerinsassen gespendet wurden, wurde restlos unter dem
Wachpersonal aufgeteilt.
Ich kann diese Aussage beeiden.
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