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Bd. 2: Teil 2: Die politischen Folgen des Versailler Vertrages

II. Politische Aufgaben des Völkerbundes   (Teil 6)

C) Die Mandatsherrschaft des Völkerbundes

Professor Dr. Freiherrn v. Freytagh-Loringhoven
Mitglied des Reichstags

1. Die Entstehung des Mandatssystems


"Nichts als eine Aufteilung der Beute."
Woodrow Wilson, Memoiren und Dokumente I, 212.

Scriptorium empfiehlt:
weiterführende Artikel zum Thema:
1. "Die deutschen Kolonien unter dem Mandatssystem"
und
2. "Unter fremder Mandatsherrschaft".
"Eine freie, vorurteilslose und völlig unparteiische Zuerkennung aller Kolonialansprüche, gegründet auf eine strikte Befolgung des Grundsatzes, nach dem bei der Festsetzung aller derartigen Hoheitsrechte die Interessen der Bevölkerung gleiches Recht mit den gerechten Ansprüchen der Regierung, deren Titel in Erwägung zu ziehen ist, genießen sollen."

So lautet der fünfte der vierzehn Punkte des Präsidenten Wilson, deren Anerkennung durch die kriegführenden Parteien die Voraussetzung der deutschen Waffenstreckung bildete. Aber noch bevor diese vierzehn Punkte formuliert waren, war zwischen den Mächten der Entente ein Netz von Verträgen geschlossen, die über die Aufteilung der Beute bestimmten. Insbesondere bestanden ein englisch-französisches Abkommen über Togo und Kamerun und ein englisch-japanischer Vertrag über die deutschen Südseeinseln, desgleichen englisch-russische Vereinbarungen über türkisches Gebiet. Darüber hinaus hatten englische Staatsmänner sich mehrfach unzweideutig gegen die Herausgabe der mit Waffengewalt in Besitz genommenen deutschen Kolonien ausgesprochen.

Dieser Gegensatz zwischen Wilsons Programm und den Absichten seiner Verbündeten trat unverweilt zutage, als die Friedenskonferenz am 23. Januar 1919 zur Erörterung der Kolonialfragen überging. Zunächst ergab sich zwar volle Einigkeit darüber, daß Deutschland seine Kolonien nicht zurückerhalten solle. Unter Berufung auf Äußerungen Erzbergers, Dernburgs und Bebels wurde ihm das sittliche Recht auf Kolonialbesitz abgesprochen und damit die koloniale Schuldlüge geschaffen. Aber die Einigkeit erhielt einen Riß, als es galt über das Schicksal der Kolonien zu befinden.

Lloyd George erwog und verwarf gleichermaßen die zwei Möglichkeiten einer Verwaltung der Kolonien durch den Völkerbund, wie durch einen von diesem beauftragten Staat. Er empfahl die Annexion [172] schlechtweg. Ihm schlossen sich die am 24. Januar zur Beratung hinzugezogenen Vertreter der Dominions an und denselben Standpunkt nahmen Japan, Frankreich und Belgien ein.

Präsident Wilson widersetzte sich. Er erkannte jedoch, daß dem Willen zur Annexion ein positiver Gedanke entgegengestellt werden müsse. In seinem ersten Entwurf einer Völkerbundssatzung, den er bereits in Amerika ausgearbeitet hatte, fand sich ein solcher nicht. Nach seiner Ankunft in Paris aber lernte er den Entwurf des Generals Smuts kennen, der ein Mandatssystem für die Rußland, Österreich-Ungarn und der Türkei abgenommenen Gebiete vorsah. Dieser Gedanke verband sich in ihm mit Vorstellungen, die in Amerika schon früher heimisch gewesen waren. Hatten doch MacKinley und Roosevelt bereits um die Jahrhundertwende von Vormundschaftspflichten der Vereinigten Staaten den Philippinen gegenüber gesprochen. So entstand der später auch auf die türkischen Gebiete erstreckte Plan, die deutschen Kolonien einem Mandatsystem zu unterwerfen, ein Plan, der dem General Smuts durchaus ferngelegen hatte.

Erst nach heftigen Kämpfen gelang es dem Präsidenten, seinem Vorschlage zur Annahme zu verhelfen. Aber die notgedrungene grundsätzliche Zustimmung hinderte die Ententemächte nicht, hier, wie in so vielen anderen, auf der Friedenskonferenz erörterten Fragen, nunmehr die praktischen Auswirkungen des ihnen aufgezwungenen Prinzips nach Möglichkeit abzuschwächen und sich auf solche Weise ihren ursprünglichen Zielen wieder zu nähern. Unter diesem Gesichtspunkt forderten sie insbesondere eine Differenzierung der künftigen Mandatsländer. Vor allem drängten die Dominions auf die Schaffung einer dritten Klasse von Mandaten, der sog. C-Mandate, die "nach den Gesetzen des Mandatars als integrierender Bestandteil seines Gebiets" verwaltet werden sollten und in deren Bereich der Grundsatz der offenen Tür für die anderen Bundesmitglieder nicht gelten sollte, die somit praktisch trotz allem einem annektierten Lande gleichgestellt wurden. Dem gleichen Ziel dienten die französischen Vorbehalte über das in den Mandatsländern zu beobachtende Wehrsystem. Ihm dienten nicht minder die überaus unklaren Bestimmungen über die Verteilung der Mandate und über die Festsetzung der dem Mandatar zu gewährenden Befugnisse.

Präsident Wilson, befriedigt durch die Annahme seines Grundgedankens, fand sich mit all diesen Abschwächungen ab, wie er sich auf der Friedenskonferenz im großen wie im kleinen stets damit abgefunden hat, daß seine Gedanken im Prinzip angenommen, praktisch aber bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden. Vielleicht darf die Gestaltung des Mandatsrechts gar als Schulfall angesehen werden, der in besonders augenfälliger Form zeigt, wie die Grundsätze Wilsons tatsächlich in ihr Gegenteil verkehrt wurden.

[173] Die Verbündeten durften mit dem, was sie erreicht hatten, zufrieden sein. Sie durften es um so mehr, als Wilsons Staatssekretär Lansing sicherlich recht hat, wenn er darauf hinweist, daß sie durch die Anerkennung des Mandatssystems davor bewahrt blieben, den Wert der Kolonien auf die Deutschland auferlegten Kriegstribute anrechnen zu müssen.


2. Die Rechtsquellen

Quelle des Mandatsrechts ist Art. 22 der Satzung des Völkerbundes. Er baut sich auf auf den Bestimmungen der Friedensverträge, die den Verzicht Deutschlands und der Türkei auf ihre dem Mandatssystem unterworfenen Gebiete enthalten. Es sind das Art. 118 und 119 des Versailler und Art. 1 und 17 des Lausanner Vertrages.

Grundsätzlich enthält Art. 22 das gesamte Mandatsrecht. Es gibt keine andere, ihm gleichgeordnete Rechtsquelle. Eine solche könnte nur durch Ergänzung oder Abänderung der Satzung auf dem in Art. 26 vorgesehenen Wege geschaffen werden. Solange dieser Weg nicht beschritten ist, bleibt Art. 22 in seinem ursprünglichen Wortlaut allein maßgebend. Alle von Organen des Völkerbundes ausgehenden Normen, die das Mandatssystem betreffen, können nur den Charakter von Ausführungsbestimmungen zu Art. 22 haben und dürfen ihm daher keinesfalls zuwiderlaufen. Und es versteht sich von selbst, daß eine dem Art. 22 widersprechende Praxis der Bundesorgane als rechtswidrig angesehen werden muß.

Die Feststellung dieses Grundsatzes ist um so notwendiger, als die Fassung des Art. 22 der Auslegung einen sehr weiten Spielraum läßt. Nicht nur enthält er eine Anzahl von Sätzen, die keine Rechtsregeln, sondern ethisch-politische Gedanken verkünden. Auch diejenigen Sätze, deren Inhalt als juristisch im eigentlichen Sinne angesprochen werden darf, entbehren der Klarheit und Bestimmtheit, die für eine rechtliche Norm unentbehrlich sind. Das ist freilich ein Kennzeichen der Satzung überhaupt. Ausgesprochenermaßen war beabsichtigt, sie so zu formulieren, daß den Staatsmännern, die sie anwenden würden, die Hände nicht gebunden wären und daß sie die Möglichkeit behielten, den politischen Notwendigkeiten Rechnung zu tragen. Dazu kam der Zwang, die widerstrebenden Interessen und Wünsche der beteiligten Mächte zu berücksichtigen. Vielfach mußte eine Form gewählt werden, die jedem der Unterzeichner die Möglichkeit ließ, an seiner Auslegung der beschlossenen Regel festzuhalten, mochte sie der der Verhandlungsgegner noch so schroff widersprechen. Gerade dieser Umstand spielte, wie die Entstehungsgeschichte ergibt, bei der Formulierung des Art. 22 eine besonders große Rolle. Galt es doch, eine Fassung zu finden, die den Zwiespalt zwischen den Annexionsgelüsten der europäischen Verbündeten [174] und den ganz anders gerichteten Zielen Wilsons überbrückte. So ergab sich eine Fülle von Unklarheiten, die einerseits eine objektive, auf wissenschaftliche Grundsätze gestützte Auslegung in hohem Maße erschweren, andererseits eine willkürliche und tendenziöse Anwendung des Art. 22 in ebenso hohem Maße erleichtern. Von den sich dadurch eröffnenden Möglichkeiten aber konnte um so eher Gebrauch gemacht werden, als die Vereinigten Staaten dem Völkerbunde fern blieben und daher im Rate nur die Träger der Annexionspolitik vertreten waren, die praktische Anwendung des Art. 22 demnach allein in ihren Händen lag.

Unter diesen Umständen ist es nicht überraschend, daß die vom Rat in Ausführung des Art. 22 gefaßten Beschlüsse in allen wesentlichen Fragen und insbesondere dann, wenn sie grundlegenden und grundsätzlichen Charakter haben, auf eine Erweiterung der Rechte der Mandatsmächte abzielen und in Abweichung von den Wilsonschen Gedanken den Unterschied zwischen Mandatsland und annektiertem Gebiet zu verwischen bestrebt sind. Das gilt schon für den vom Rat in seiner Tagung vom August 1920 angenommenen Bericht des Belgiers Hymans, in dem die für das Mandatssystem maßgebenden Grundsätze aufgestellt wurden und der sowohl vom Rat selbst, als auch vom Mandatsausschuß als richtunggebend angesehen wird. Das gilt in vielleicht noch höherem Maße für die von den Hauptmächten ausgearbeiteten und vom Rat bestätigten Mandatsverträge, in denen die Machtbefugnisse der Mandatare festgelegt sind. Wird im Hymans-Bericht das Verfügungsrecht der verbündeten Hauptmächte zuungunsten des Völkerbundes in den Vordergrund geschoben, so verleihen die Verträge den Mandataren Zuständigkeiten, die weit über das hinausgehen, was Wilson ihnen zubilligen wollte und was Art. 22 ihnen seinen Grundgedanken nach zusprechen konnte.

Hymans-Bericht und Mandatsverträge müssen, soweit sie mit Art. 22 nicht übereinstimmen, als rechtswidrig und deshalb als ungültig bezeichnet werden. Aber so unstreitig diese Feststellung unter grundsätzlichen Gesichtspunkten ist, so bedeutungslos ist sie unter praktischen. Denn sowohl der Hymans-Bericht als die Mandatsverträge sind seit bald einem Jahrzehnt tatsächlich in Kraft und werden unbeanstandet angewendet. Zwar hat Deutschland durch eine Note vom 12. November 1920 gegen den Hymans-Bericht Einspruch erhoben, da die in ihm verkündeten Grundsätze zu einer Ausschaltung des Völkerbundes und insbesondere der Völkerbundsversammlung führten und tatsächlich an die Stelle der Verwaltung zu Mandatsrecht die Annexion setzten. Aber dieser Note ist keinerlei Folge gegeben und bei seinem Eintritt in den Völkerbund hat Deutschland es unterlassen, irgendwelche Vorbehalte gegen das vom Rat angewandte Mandatssystem zu machen. Vollends hat es gegen die Mandatsver- [175] träge nicht protestiert. Nachdem es nunmehr seit dem September 1926 selbst Mitglied des Rates ist und seit dem 8. September 1927 sein Vertreter im Mandatsausschuß sitzt, wird es sich schwer dem Argument entziehen können, daß es Hymans-Bericht und Mandatsverträge nicht nur stillschweigend anerkannt, sondern bei ihrer Anwendung als Rechtsquellen auch mitgewirkt hat. Es liegt hier zweifellos ein tief bedauerliches Versäumnis vor, das in vollem Umfange wohl nur bei einer Änderung der gesamten politischen Konjunktur wieder gutgemacht werden könnte. Im einzelnen freilich dürfte vieles schon jetzt gebessert werden können, wenn die deutsche Vertretung im Rat und im Mandatsausschuß sich entschlösse, die zu Gebote stehenden Mittel folgerecht anzuwenden, vor allem, um eine weitere, den deutschen Interessen abträgliche Entwicklung zu verhindern. In erster Reihe käme hier die Anwendung der in sämtlichen Mandatsverträgen enthaltenen Bestimmung in Frage, kraft welcher Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung und Anwendung der Mandatsverträge vom Ständigen Internationalen Gerichtshof zu entscheiden sind. Darüber hinaus wäre es Sache der deutschen Vertretung, den auf eine Erweiterung ihrer Rechte abzielenden Bestrebungen der Mandatsmächte entgegenzuwirken. Das hervorstechendste Beispiel hierfür stellen die englischen Pläne über die Einbeziehung Ostafrikas in ein neu zu bildendes Dominion dar.

Solange die deutsche Vertretung diesen Weg nicht beschreitet, vielmehr stillschweigend die Anwendung rechtswidriger Normen duldet und sich an der Befolgung einer rechtswidrigen Praxis beteiligt, bleibt die wissenschaftliche Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Normen und dieser Praxis bedeutungslos. Die Normen werden weiterhin angewandt und als geltendes Recht betrachtet, die Praxis aber entwickelt sich fort und schafft neue Verhältnisse, die zwar in ihrer Wurzel rechtswidrig sind, jedoch unangefochten bestehen und von der öffentlichen Meinung, die nur durch staatliche Akte, nicht aber durch wissenschaftliche Äußerungen beeinflußt werden kann, als rechtsgültig angesehen werden. Im Ergebnis kann sich so auch hier der Prozeß vollziehen, für den Otto von Gierke die Formel gefunden hat: die rechtlose Macht wird im Laufe der Zeit mit dem Schimmer des Rechts umkleidet.

Aber schon bevor dieser Prozeß vollendet ist, kann eine Darstellung, die nicht in weltfremdem Doktrinarismus befangen ist, an der Tatsache nicht vorübergehen, daß neben die richtigen Normen andere getreten sind, die gleiche und sogar überwiegende Bedeutung tatsächlich errungen haben und daß deshalb das heute angewandte Mandatsrecht nicht mehr auf dem Art. 22 fußt, sondern auf den teilweise im Widerspruch zu ihm vom Völkerbundsrate geschaffenen Normen.


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3. Die Rechtslage der Mandatsgebiete

Nach dem Wortlaut des Art. 22 beruht das Mandatssystem ausschließlich auf altruistischen Beweggründen. Es soll allein dem Wohl der Mandatsländer dienen und der Völkerbund soll darüber wachen, daß die den Mandatsmächten übertragene Vormundschaft nur in diesem Sinne ausgeübt werde. Insbesondere ist als Zweck des Systems eine Erziehung der ihm unterworfenen Völker anzusehen, die sie für eine volle Selbständigkeit reif machen soll. Dieses ist zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich aber nicht nur aus der Anwendung des Ausdrucks "Vormundschaft", sondern auch daraus, daß das Mandatssystem nach Abs. 1 auf die Völker erstreckt werden soll, die "noch nicht imstande sind, sich unter den besonders schwierigen Bedingungen der heutigen Welt selbst zu leiten" und daß "die Entwicklung dieser Völker" neben der Förderung ihres Wohlergehens die Aufgabe des Systems darstellt.

Unter diesen Gesichtspunkten soll die Vormundschaft über solche Völker fortgeschrittenen Nationen übertragen werden, die imstande und bereit sind, sie zu übernehmen. Sie sollen sie als Mandatare des Bundes und in seinem Namen führen.

Das Mandat ist eine dem Völkerrecht bisher fremde Einrichtung. Angesichts der unzureichenden und mangelhaft gefaßten Bestimmungen des Art. 22 ist es daher begreiflich, daß seine rechtliche Beurteilung erhebliche Schwierigkeiten und weitgehende Meinungsverschiedenheiten hervorruft. Will man zu einem positiven Ergebnis kommen, so wird man vor allem den Zweck des Mandats ins Auge fassen und daneben die bürgerlich-rechtlichen Begriffe des Mandats und der Vormundschaft hilfsweise heranziehen müssen, ohne freilich zu verkennen, daß von dieser Analogie nur mit großer Vorsicht Gebrauch gemacht werden darf.

Verfährt man so, so wird man zu dem Schluß gelangen, daß die Mandatsgebiete als Subjekte des Völkerrechts oder, anders ausgedrückt, als völkerrechtliche Persönlichkeiten eigener Art anerkannt werden. Eine Sonderstellung wird hierbei den vormals türkischen Gebieten zugewiesen, die unter gewissen Beschränkungen als unabhängige Nationen und damit als Staaten ausdrücklich anerkannt werden. Aber die Rechtspersönlichkeit kann auch den deutschen Kolonien nicht bestritten werden. Sie werden den Mandatsmächten nicht einverleibt, behalten vielmehr, auch soweit sie als Teil derselben verwaltet werden, grundsätzlich ein selbständiges Dasein. Ihren Einwohnern spricht der Rat eine besondere Landesangehörigkeit zu und auf ihr Domanialeigentum hat die Mandatsmacht keine fiskalischen Rechte. Ihr Besitzstand muß gewahrt werden. Gebietsaustausch selbst bei Grenzregulierungen bedarf der Genehmigung des Rats. [177] Eine Übertragung des Mandats an eine andere Macht ist gleichfalls nur mit einer solchen Genehmigung statthaft. Alle diese Grundsätze sind vom Rat ausdrücklich anerkannt worden.

Eine eigene Staatsgewalt allerdings fehlt den Mandatsländern mit Ausnahme der türkischen Gebiete, von denen der Irak sie bereits besitzt, Palästina und Syrien sie erhalten sollen. An ihrer Stelle steht die vormundschaftliche Gewalt der Mandatsmacht, die nicht mit der Staatsgewalt der Mandatsmacht wesensgleich ist. In ihr verkörpert sich die staatsrechtliche und völkerrechtliche Handlungsfähigkeit des Mandatsgebiets. Doch ist sie ihrerseits durch die Rechte des Völkerbundes beschränkt, der in Art. 22 Abs. 2 als Mandant anerkannt ist und zugleich Befugnisse ausübt, die denen eines Obervormunds verglichen werden können.

Aus der grundsätzlichen Bestimmung des Abs. 2 müßte der Schluß gezogen werden, daß der Bund die Mandatare ernennt, ihre Rechte und Pflichten festsetzt und die Führung der Vormundschaft überwacht. Die Frage der Überwachung wird denn auch in Abs. 7 und 9 geregelt. Dagegen findet sich in Art. 22 kein Wort über die Ernennung der Mandatare. Von der Festsetzung der Rechte und Pflichten aber spricht Abs. 8 und bestimmt, daß der Rat hierüber entscheidet, wenn nicht "der Grad von Machtbefugnis, Überwachung und Verwaltung, den der Mandatar ausüben soll, bereits Gegenstand eines vorgängigen Übereinkommens zwischen den Bundesmitgliedern" gewesen ist.

Die infolge dieser ungenügenden Regelung entstehenden Lücken sucht der Hymans-Bericht auszufüllen. Er geht vom Versailler Vertrage aus, der eine Einheit mit der Satzung des Völkerbundes bilde und deshalb zu ihrer Auslegung herangezogen werden dürfe. Hier verzichte Deutschland zugunsten der Hauptmächte auf seine überseeischen Besitzungen und erkenne in Art. 118 Abs. 2 alle Maßnahmen an, die die Hauptmächte zur Regelung der sich daraus ergebenden Folgen treffen würden. Dadurch sei den Hauptmächten auch die Ernennung der Mandatare zugestanden.

Diese Beweisführung ist nicht schlüssig. Deutschland gegenüber hatten die Hauptmächte allerdings freie Hand. Aber hier geht es um ihr Verhältnis zum Völkerbunde und da ergibt sich aus Art. 22 zwingend, daß diesem die Ernennung der Mandatare zustehen muß. Das ist eine unausweichliche Folgerung daraus, daß sie nach Abs. 2 eben seine Mandatare und nicht etwa die der Hauptmächte sein sollen. Eine andere Regelung wäre nur denkbar, wenn Art. 22 sie ausdrücklich ausspräche. Und selbst dann müßte hervorgehoben werden, daß sie im Widerspruch zum Grundgedanken des Instituts des Mandates stünde, das unzweifelhaft auch auf völkerrechtlichem Gebiet auf dem Vertrauen des Mandanten zum Mandatar beruht.

[178] Hymans sucht über die augenscheinlich auch ihm sich aufdrängenden Bedenken hinwegzukommen, indem er den Mandataren einen doppelten Titel geben will. Die Hauptmächte sollen dem Völkerbundrat diejenigen Mächte bezeichnen, denen die Mandate zu verleihen sie beschlossen haben, der Rat aber soll von der Ernennung Kenntnis nehmen und sie den beliehenen Mächten notifizieren. Hymans erklärt das für eine reine Formfrage und in der Tat ist die von ihm vorgeschlagene Lösung rein formell. Denn von einem Bestätigungs- und Einspruchsrecht des Rates ist nicht die Rede. Wenn ihm die Notifizierung übertragen wird, so mag das äußerlich eine Rücksicht auf sein Prestige bedeuten. In Wirklichkeit fällt ihm eine Botenrolle zu.

Daß der Belgier Hymans, dessen Heimatstaat zwar ein Mandat erhielt, aber selbst nicht zu den Hauptmächten gehört, eine solche Stellung einnahm, dürfte auf einer vorhergehenden diplomatischen Vereinbarung beruhen. Denn aus juristischen Erwägungen läßt sie sich keinesfalls ableiten. Es ist aber auffallend, daß eine solche Vereinbarung für notwendig gehalten wurde. Die Hauptmächte beherrschten den Rat damals in noch höherem Maße als jetzt und hätten die Ernennung der ihnen genehmen Mandatare ebenso leicht durchsetzen können, wie die Annahme des Hymans-Berichts. Wenn sie trotzdem diesen Umweg wählten, kann der Zweck nur der gewesen sein, sich auch für die Zukunft die Verfügung über die Mandate zu sichern oder, was praktisch bedeutsamer ist, sie dem Völkerbunde vorzuenthalten. Es mußte ihnen darauf ankommen, die Möglichkeit auszuschalten, daß der Völkerbund einem von ihnen, etwa wegen Mißbrauchs seiner Befugnisse, das Mandat entziehen könnte oder daß er einen Turnus der Mandatsmächte herbeiführte. Deshalb war es unumgänglich, den Hauptmächten das Recht zur Ernennung der Mandatare zuzusprechen. Von einem Recht auf Entziehung des Mandats ist im Hymans-Bericht zwar nicht die Rede. Aber es liegt auf der Hand, daß gegebenenfalls der Schluß gezogen werden würde, daß dieses Recht nur derselben Instanz zustehen könne, die zur Verleihung befugt ist.

Eine solche Regelung steht, das sei nochmals betont, im Widerspruch zum Grundgedanken des Art. 22. Aber der Rat hat sie anerkannt und sie ist tatsächlich angewendet worden. Infolgedessen muß, praktisch betrachtet, zugestanden werden, daß die Verfügung über die Mandate bei den Hauptmächten liegt. Dem Rate bleibt demgemäß nur eine formelle Mitwirkung bei der Verteilung und ihm bleibt weiter die Nachprüfung der Mandatsverträge und die Ausübung der Aufsicht über die Ausübung des Mandats.

Unter diesen Umständen kann die Frage nach dem Inhaber der Souveränität über die Mandatsländer nicht so einfach beantwortet [179] werden, wie das im deutschen Schrifttum überwiegend geschieht. Zwar ergibt sich sicherlich aus Art. 22, daß die Souveränität dem Völkerbunde gehören soll. Nachdem jedoch der Rat namens des Bundes auf die wichtigsten, aus der Souveränität erfließenden Befugnisse zugunsten der Hauptmächte verzichtet hat, wird sich nicht bestreiten lassen, daß die Ausübung der Souveränität zwischen diesen und ihm geteilt ist. Das aber führt unweigerlich zu dem Schlusse, daß Bund und Hauptmächte sie gemeinsam innehaben, mag das auch dem Willen der Satzung widersprechen.

Dagegen können die Hauptmächte für sich allein Anspruch auf die Souveränität nicht erheben. Soweit es um die deutschen Kolonien geht, können sie sich zwar darauf berufen, daß nach Art. 118 und 119 des Versailler Vertrages die Kolonien an sie abgetreten sind. Dem steht jedoch entgegen, daß die Verwaltung mit ihrer Zustimmung im Namen und unter Aufsicht des Bundes geführt wird. Das ihnen allein verbliebene Recht der Ernennung und gegebenenfalls der Abberufung der Mandatare ist keinesfalls gleichbedeutend mit Souveränität. Gilt das schon für die deutschen Kolonien, so kann für die türkischen Gebiete eine Souveränität der Hauptmächte vollends nicht in Frage kommen, da Art. 17 des Lausanner Vertrages den Verzicht der Türkei auf diese Gebiete zum Ausdruck bringt, ohne der Hauptmächte Erwähnung zu tun.

Unhaltbar ist die im französischen Schrifttum anzutreffende Auffassung, als seien die Mandatsmächte Träger der Souveränität. Eine Verwaltung im fremden Namen und unter fremder Aufsicht ist mit Souveränität unvereinbar. Diese Auffassung ist denn auch auf den entschiedenen Widerspruch des Mandatsausschusses gestoßen, als sie von der Regierung der Südafrikanischen Union im Hinblick auf Deutsch-Südwest vertreten wurde.

Ausgangspunkt der Erörterung war die Tatsache, daß die Union sich im Vorspruch zu einem mit Portugal am 22. Juni 1926 abgeschlossenen Grenzvertrage die Souveränität, allerdings unter Vorbehalt der Bestimmungen des Mandats, zugeschrieben hatte. Der Mandatsausschuß erblickte hierin den Ausdruck von Ansprüchen, die mit dem Grundprinzip des Mandatssystems nicht zu vereinen seien. Er berichtete hierüber dem Rat und der Berichterstatter Beelarts van Blokland gab die Meinung des Ausschusses dahin wieder, daß die Ausdrucksweise der Südafrikanischen Regierung mißverständlich sei. Das Mandatssystem sei eine neue völkerrechtliche Institution und deshalb passe die übliche Terminologie nicht. Im übrigen sei die Situation unter praktischen Gesichtspunkten vollkommen klar. Schwierigkeiten ergäben sich allenfalls unter formellen Gesichtspunkten. Eine Stellungnahme des Rats erscheine nicht notwendig, doch mögen diese [180] Bemerkungen des Ausschusses der Mandatsmacht zur Kenntnis gebracht werden.

Das geschah und die Unionsregierung verzichtete auf eine Erwiderung, da Rat und Ausschuß ihre Auffassung der Rechtslage nicht präzisiert hätten. Im Südafrikanischen Parlament jedoch berichtete der Premierminister am 11. März 1927 über diese Vorgänge und berief sich hierbei auf einen Spruch des Obersten Gerichtshofs, der die Union als alleinigen Träger der Souveränität bezeichnet hatte. Beiläufig bemerkt, hatte dieser Spruch auch hervorgehoben, daß die Souveränität nicht dem König gehöre, eine Behauptung, die für die Beurteilung der innern Verhältnisse des Britischen Imperiums um so kennzeichnender ist, als nach dem Wortlaut des Mandatsvertrages das Mandat für Südwest-Afrika übertragen wird "Sr. Britischen Majestät um in seinem Namen ausgeübt zu werden durch die Regierung der Südafrikanischen Union".

Nunmehr sah sich der Mandatsausschuß veranlaßt, den Rat abermals auf die Auffassung der Mandatsmacht aufmerksam zu machen und die Hoffnung auszusprechen, daß die Unionsregierung ihre Stellungnahme präzisieren werde. Der Rat stellte sich in einer Entschließung vom 8. September 1927 auf den Standpunkt des Ausschusses und machte der Union Mitteilung davon. Diese begnügte sich jedoch damit, in einem Schreiben vom 10. Februar 1928 den Empfang zu bestätigen und zu erklären, daß sie angesichts der Meinungsäußerung des Rates keine Bemerkungen vorzulegen habe.

Die strittige Frage ist somit in der Schwebe geblieben. Nichtsdestoweniger glaubte die Bundesversammlung am 27. September 1927 den Rat dazu beglückwünschen zu können, daß er die wichtige und schwierige Frage in so befriedigender Weise geklärt habe.

Im Gegensatz zu dieser Auseinandersetzung ist eine andere Erörterung über die gleiche Frage zu einem formell befriedigenden Abschluß gekommen. Der Mandatsausschuß hatte beanstandet, daß in der Eingangsformel von Gesetzen für das Territorium Tanganyika die Mandatsqualität nicht zum Ausdruck gekommen war. Darauf teilte die britische Regierung unter dem 12. Januar 1928 dem Generalsekretär des Völkerbundes mit, daß die fragliche Formel vor 1920 redigiert und versehentlich weiter benutzt worden sei. In Zukunft würde die Mandatseigenschaft des Gebiets erwähnt werden.

Endlich käme noch die vierte Möglichkeit in Frage, daß das Mandatsland selbst Träger der Souveränität sei. Sie erledigt sich für die B- und C-Mandate von selbst durch den Hinweis, daß die hierher gehörigen Gebiete nicht Staaten sind, während die A-Mandate, insbesondere der Irak, zwar als Staaten anzuerkennen sind, aber die Souveränität nicht besitzen, da sie eben unter fremder Vormundschaft stehen.


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4. Die Befugnisse der Mandatare

Die Befugnisse der Mandatsmacht werden durch Art. 22 bestimmt und im einzelnen in den Mandatsverträgen festgesetzt. Grundlegend ist hierbei die Einteilung der Mandatsgebiete in drei Gruppen, für die die Bezeichnung mit A, B und C üblich geworden ist.

Wesentlich für die A-Mandate, zu denen das Irak, Palästina und Syrien gehören, ist, daß die Mandatsmacht im Einvernehmen mit der Bevölkerung zu wählen ist und daß sie "als unabhängige Nationen vorläufig anerkannt werden", während die Mandatsmacht ihnen nur Beratung und Unterstützung zu leihen hat. In Wirklichkeit freilich hat eine Befragung der Bevölkerung vor der Ernennung der Mandatare nicht stattgefunden und die in Art. 22 zugestandene Selbständigkeit genießt nur das Irak, dessen Verhältnis zu England im übrigen auch nicht durch einen Mandatsvertrag, sondern durch einen zwischen England und dem Irak abgeschlossenen und zur Kenntnis des Völkerbundrates gebrachten Bündnisvertrag vom 10. Oktober 1922 nebst mehreren Zusatzabkommen bestimmt wird. Hier hat sich England eine Stellung gesichert, die als völkerrechtliches Protektorat bezeichnet werden darf und es erscheint durchaus fraglich, ob ein Mandatsverhältnis überhaupt vorliegt. Sehr viel weiter gehende Rechte sind Frankreich in Syrien zugestanden. Das Schwergewicht liegt in Art. 1 des Mandatvertrages, in dem Frankreich aufgegeben wird, im Einvernehmen mit den eingeborenen Autoritäten ein Organisches Statut zu schaffen, und bis dahin das Gebiet im Geiste des Mandates zu regieren. Soweit es die Umstände gestatten, soll es die örtliche Autonomie fördern. Grundsätzlich noch unbeschränkter sind die Befugnisse Englands in Palästina. Ihm wird "die volle Gewalt der Gesetzgebung und Verwaltung" zugestanden, die im wesentlichen nur eingeschränkt wird durch die Verpflichtung, die örtliche Autonomie zu fördern und dafür Sorge zu tragen, daß Palästina gemäß der Balfour-Erklärung vom 2. November 1917 zum nationalen Heim des jüdischen Volkes werde. In allen drei Gebieten wird den Staatsangehörigen der Mitglieder des Völkerbundes die wirtschaftliche Gleichberechtigung gewährleistet.

Die im Palästina-Mandat angewandte Formel, durch die dem Mandatar die volle Gewalt der Gesetzgebung und Verwaltung eingeräumt wird, bildet das Charakteristikum der B-Mandate, für die im übrigen die Verpflichtungen festgelegt werden, die Art. 22 Abs. 5 nennt. Sklaven-, Waffen- und Alkoholhandel sollen unterdrückt werden. Religions- und Gewissensfreiheit sind zu gewährleisten. Die Errichtung von Befestigungen oder von Heeres- oder Flottenstützpunkten ist ebenso verboten, wie die militärische Ausbildung der Eingeborenen, soweit diese nicht lediglich Zwecken der Polizei oder der Landes- [182] verteidigung dient. Endlich muß den anderen Bundesmitgliedern die wirtschaftliche Gleichberechtigung gesichert werden.

Diese Bestimmungen werden im einzelnen näher ausgeführt. Insbesondere wird den Mandataren die Unterdrückung nicht nur des Sklavenhandels, sondern auch der Sklaverei in jeder Form zur Pflicht gemacht. Dazu gehört auch das Verbot der Zwangsarbeit, die nur für wichtige öffentliche Bedürfnisse gegen Bezahlung zugelassen werden darf. Desgleichen soll eine Aufsicht über den Abschluß von Arbeitsverträgen ausgeübt werden. Ferner soll die Übertragung von Grundbesitz außer zwischen Eingeborenen behördlicher Genehmigung bedürfen und es sollen endlich Maßnahmen gegen den Wucher ergriffen werden.

Dagegen ist von einem Recht der Mandatsgebiete auf Selbstverwaltung nicht die Rede. Der Mandatsmacht wird vorgeschrieben, Friede, Ordnung und gutes Regiment zu sichern und die materielle und moralische Wohlfahrt und den sozialen Fortschritt der Einwohner zu fördern. Aber die sich aus Abs. 1 und 2 des Art. 22 ergebende Verpflichtung der Mandatsmächte, für die Entwicklung der betreuten Volksstämme zur Selbständigkeit Sorge zu tragen, ist in die Mandatsverträge nicht übernommen. Mehr als das, die B-Mandate enthalten mit alleiniger Ausnahme des britischen Mandats für Ostafrika sämtlich die Formel, daß diese Gebiete nach der Gesetzgebung des Mandatars als integrierender Teil seines Gebiets verwaltet werden sollen. Das gilt sowohl für das belgische Ruanda-Urundi, wie auch für Togo und Kamerun, die zwischen England und Frankreich geteilt sind. Daran schließt sich die weitere Bestimmung, daß diese Gebiete zu Zoll-, Fiskus- oder Verwaltungsunionen mit den dem Mandatar gehörigen benachbarten Gebieten zusammengeschlossen werden dürfen und diese Bestimmung ist auch im britischen Mandat für Ostafrika enthalten. Freilich ist sie in allen Fällen mit dem Vorbehalt verknüpft, daß die zu solchem Zweck ergriffenen Maßnahmen den Vorschriften des Mandatsvertrages nicht zuwiderlaufen dürfen, wie denn ein gleicher Vorbehalt auch der erstgenannten Bestimmung über die Verwaltung des Mandatsgebiets als integrierender Teil hinzugefügt ist. Aber diese Vorbehalte besagen im wesentlichen nicht mehr, als daß die sich aus Art. 22 Abs. 5 ergebenden Regeln eingehalten werden müssen. Im übrigen bedeuten die in Rede stehenden zwei Bestimmungen, die bisher die notwendige Beachtung nicht gefunden haben, unstreitig eine schwere Verletzung des Art. 22.

Art. 22 zieht einen scharfen Strich zwischen B- und C-Mandaten und gestattet nur für diese letzteren eine Verwaltung nach den Gesetzen des Mandatars als integrierender Bestandteil seines Gebiets. Sicherlich entspricht nicht einmal das dem Sinn des Mandatssystems, ist vielmehr nichts als ein Zugeständnis an die Annexionsabsichten [183] der beteiligten Mächte. Immerhin lassen sich hier die Umstände geltend machen, die in Art. 22 Abs. 6 angeführt sind: schwache Bevölkerungsdichte und geringe Ausdehnung, Entfernung von den Mittelpunkten der Zivilisation und geographische Nachbarschaft zum Gebiet des Mandatars. Für die B-Mandate hingegen kommen sie nicht in Frage und Art. 22 läßt keinen Zweifel daran, daß diese als besondere Einheiten verwaltet werden sollen. Die dem zuwiderlaufenden Bestimmungen der Mandatsverträge sind deshalb rechtswidrig. Das gilt sowohl für die Zulassung der Verwaltung als integrierender Bestandteil, wie auch für die Genehmigung von Verwaltungs- und sonstigen Unionen.

Es geht dabei nicht nur um eine formelle Rechtsverletzung. Vielmehr liegt es auf der Hand, daß diese Bestimmungen geeignet sind, den Mandatscharakter der fraglichen Gebiete zu verwischen und damit die Rechte des Völkerbundes zugunsten der Mandatsmächte zu schwächen. Welche Bedeutung das gerade vom deutschen Standpunkt aus hat, bedarf keiner Darlegung. Ebensowenig bedarf es einer Begründung, wenn aus diesem Anlaß dem Bedauern darüber Ausdruck gegeben wird, daß Deutschland sich zur Mitarbeit im Völkerbunde und im Mandatsausschuß bereit gefunden hat, ohne eine Behebung dieser Rechtsverletzung zu verlangen.

Tatsächlich haben die Bestimmungen der B-Mandate schon zu besorgniserregenden Folgen geführt.

Am 21. August 1925 erging ein belgisches Gesetz, das die Angliederung Ruanda-Urundis an das Kongogebiet verfügte. Deutschland hatte schon bei Einbringung der Vorlage unter dem 28. März 1925 Einspruch erhoben, doch hatte Belgien es abgelehnt, von ihm Kenntnis zu nehmen. Darauf richtete Deutschland unter dem 25. September 1925 eine Note an den Generalsekretär des Völkerbundes, durch die es seinen Protest dem Bunde unterbreitete. Der Generalsekretär übermittelte das deutsche Schreiben der belgischen Regierung. Diese erklärte sich unter dem 16. Oktober 1925 bereit, die Rechtslage durch den Mandatsausschuß prüfen zu lassen, betonte aber zugleich, daß Deutschland kein Einspruchsrecht besitze, da es seine Kolonien vorbehaltlos abgetreten habe und nicht Mitglied des Völkerbundes sei. Vor dem Ausschuß gab dann der belgische Vertreter eine Auslegung des Gesetzes, die dessen Vereinbarkeit mit dem Mandat nachzuweisen bestimmt war und versicherte, daß eine Annexion keineswegs beabsichtigt sei. Der Ausschuß berichtete darüber dem Rat und dieser glaubte, am 9. Dezember 1925 feststellen zu können, daß die abgegebenen Erklärungen geeignet seien, die Befürchtungen, als liege eine versteckte Annexion vor, zu zerstreuen.

Die Reichsregierung hat ihrerseits die Angelegenheit nach dem Eintritt Deutschlands in den Völkerbund nicht weiterverfolgt.

[184] Ebenso unheilvoll dürfte sich die Bestimmung des Art. 10 des britischen Mandats für Ostafrika, heute Tanganyika genannt, auswirken. Ist es doch bekannt genug, daß Bestrebungen bestehen, dieses Gebiet mit anderen englischen Besitzungen in Mittelafrika zusammenzuschließen und so ein neues Dominion zu bilden. Der Bericht der bekannten Hilton-Young-Kommission spricht in dieser Hinsicht eine bei aller vorsichtigen Zurückhaltung nicht mißzuverstehende Sprache. Wenn er auch zunächst nur die Ernennung eines für Tanganyika, Kenya und Uganda gemeinsamen Hohen Kommissars empfiehlt und als zweiten Schritt die Einsetzung eines Generalgouverneurs vorsieht, also nur die in Art. 10 gestattete Verwaltungsunion schaffen will, spricht er doch beiläufig auch von einer Vereinheitlichung des Verteidigungswesens der drei Gebiete, von der selbst Art. 10 nichts weiß. Darüber hinaus betont er den vorläufigen Charakter der von ihm empfohlenen Maßnahmen. Über das Endziel der einzuleitenden Entwicklung schweigt der Bericht. Aber es kann kein Zweifel daran bestehen, daß sie im Ergebnis zu einer völligen Eingliederung des Mandatsgebiets in das britische Ostafrika führen soll.

Neben den 3 A-Mandaten und den 6 B-Mandaten stehen 5 C-Mandate, nämlich Deutsch-Südwest-Afrika für die Südafrikanische Union, Samoa für Neuseeland, Nauru für England, Neu-Guinea und die Südseeinseln südlich des Äquator für Australien und die Südseeinseln nördlich des Äquator für Japan. Die Mandatsverträge sind bereits am 17. Dezember 1920 vom Rat genehmigt. Inhaltlich sind sie überaus dürftig. Sie sprechen vor allem dem Mandatar die volle Gewalt der Verwaltung und Gesetzgebung über die betreffenden Gebiete zu und betonen hierbei, daß die Mandatsländer als integrierender Teil nach den Gesetzen der Mandatsmacht verwaltet werden sollen. Die Mandatsmacht wird ebenso wie bei den B-Mandaten verpflichtet, für die materielle und moralische Wohlfahrt und den sozialen Fortschritt der Einwohner Sorge zu tragen. Es folgen die in Art. 22 Abs. 5 festgesetzten Bestimmungen über Sklaven-, Waffen- und Alkoholhandel, über Gewissensfreiheit und militärische Fragen. Die wirtschaftliche Gleichberechtigung der anderen Bundesmitglieder wird nicht ausbedungen. Dagegen sollen deren Staatsangehörige als Missionare unbehindert zugelassen werden. Es folgt die Verpflichtung alljährlicher Rechenschaftslegung über die Verwaltung des Mandats. Den Abschluß bildet die Feststellung, daß eine Abänderung der Bestimmungen des Mandats nur mit Zustimmung des Völkerbundrates zulässig und daß Streitigkeiten über Auslegung und Anwendung des Mandats vom Ständigen Internationalen Gerichtshof entschieden werden sollen.


[185]
5. Die Rechtsstellung der Bevölkerung

Die völkerrechtlich neue und daher ungeklärte Lage der Mandatsgebiete führt unvermeidlich zur Aufwerfung einer Reihe von Fragen, deren Lösung erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Das ist in um so höherem Grade der Fall, als bei deren Erörterung politische Erwägungen stets eine entscheidende Rolle spielen und die Instanz, bei der die Entscheidung liegt, nämlich der Rat, von den Trägern bestimmter politischer Bestrebungen beherrscht ist, während das Gegengewicht derjenigen Macht, die der Vertreter des reinen Mandatsgedankens war, der Vereinigten Staaten, fortgefallen ist und Deutschland, das deren Rolle hätte übernehmen sollen, sich bisher zu aktivem Handeln nicht entschlossen hat. Infolgedessen unterbleibt die logische und planmäßige Ausgestaltung des Mandatssystems, die an sich selbst auf Grund des Art. 22 durchaus möglich wäre, und an ihre Stelle tritt ein Gewirr von Kompromissen, das zahlreiche innere Widersprüche enthält.

Das gilt auch für die Frage des Status der Bewohner der Mandatsgebiete. An sich läge es auf der Hand, daß aus der diesen Gebieten zuzugestehenden Stellung als besondere völkerrechtliche Persönlichkeiten mit stufenweise geminderter Handlungsfähigkeit sich eine besondere Landesangehörigkeit der Einwohner ergibt. Da aber die mehr oder weniger versteckten Annexionsbestrebungen der Mandatare naturgemäß einer Klärung der Rechtslage widerstreben, erwachsen Schwierigkeiten auch in der Statusfrage.

Bei den A-Mandaten allerdings liegt die Statusfrage klar. Die Mandatsgebiete sind Staaten und ihren Einwohnern kann, soweit sie nicht Ausländer sind, die besondere Staatsangehörigkeit nicht bestritten werden. Es ist auch kein Fall bekannt geworden, in dem der Versuch gemacht worden wäre, den Bewohnern des Irak, Syriens oder Palästinas die englische oder französische Staatsangehörigkeit aufzuzwingen oder sie zu Schutzbefohlenen der Mandatsmächte zu stempeln. Und wenn im deutschen Schrifttum der Versuch gemacht wird, den in Palästina angesiedelten Juden eine besondere Heimstättenangehörigkeit zuzusprechen, die nicht palästinensische Landesangehörigkeit, aber auch nicht englische Staatsangehörigkeit ist, so beruht das nur auf konstruktiver Überspitzung und ist praktisch bedeutungslos.

Ungeklärt ist dagegen die Lage der Einwohner der B- und C-Mandate. Hier liegt zwar eine Entschließung des Rats vom 23. April 1923 vor, die das Bestehen einer besonderen Landesangehörigkeit anerkennt und fordert, daß für sie eine Bezeichnung gefunden werde, die den Status der Einwohner unter der Mandatsherrschaft klarstelle. Es heißt auch weiter, daß es unstatthaft wäre, die Staatsangehörigkeit der Mandatsmacht durch einen Gesamtakt auf die Bevölkerung zu über- [186] tragen. Diese Staatsangehörigkeit dürfe nur aus freiem Willen von den einzelnen Einwohnern nach den geltenden Vorschriften über Einbürgerung erworben werden. Aber tatsächlich ist in dieser Richtung nichts Ernsthaftes geschehen. Noch unter dem 24. Juli 1928, also 5 Jahre nach jener Entschließung, hat die britische Regierung dem Generalsekretär des Völkerbundes mitgeteilt, daß die Frage des Personalstatus der Mandatsbewohner sich noch in Bearbeitung befinde. Sie habe im übrigen praktische Bedeutung nur für die Ausstellung von Pässen. Da sei die Anwendung folgender Formel üblich geworden: Britischer Schutzbefohlener, herstammend aus dem Mandatsgebiete so und so.

Daß es sich in Wahrheit um sehr viel mehr handelt, als um eine in Pässen zu verwendende Formel, dürfte der britischen Regierung ebenso klar sein, wie dem Völkerbundsrate. Das darf man um so eher annehmen, als der Rat bereits an demselben 23. April 1923, an dem er jene Entschließung annahm, eine Erklärung des Vertreters der Südafrikanischen Union, Sir Edgar Walton, anhörte und billigte, laut welcher den deutschen Ansiedlern in Südwestafrika die britische Staatsangehörigkeit durch einen Gesamtakt verliehen werden sollte. Diese Maßnahme ist inzwischen im März 1925 verwirklicht worden, wobei dem einzelnen Ansiedler ein Ablehnungsrecht zugestanden wurde. Es bedarf kaum eines Hinweises darauf, daß das eine Verletzung des Mandatssystems und einen weiteren Schritt in der Richtung auf die Annexion Südwestafrikas bedeutet, weil es durchaus geeignet ist, die Sonderstellung des Mandatsgebiets zu verwischen und es als bloßen Teil des Gebiets des Mandatars erscheinen zu lassen.

Unter dem gleichen Gesichtspunkt muß es als bedenklich bezeichnet werden, daß die Entschließung des Rats vom 23. April 1923 noch nicht durchgeführt ist. Auch hier eröffnet sich der deutschen Vertretung eine Aufgabe, deren Lösung der Aufrechterhaltung des Mandatssystems dienen würde und damit zugleich im deutschen Interesse läge.

Im Zusammenhang hiermit steht auch die Frage, wieweit die Bevölkerung der Mandatsgebiete zum Kriegsdienst herangezogen werden darf, obgleich sie nicht bloß unter diesem Gesichtspunkt Bedeutung hat.

Art. 22 trifft entsprechende Bestimmungen nur im Hinblick auf die B- und C-Mandate. Hier heißt es ausdrücklich, daß eine militärische Ausbildung der Eingeborenen allein zu polizeilichen Zwecken und zu Zwecken der Landesverteidigung stattfinden dürfe. Eine Ausnahme ist, in Verletzung des Art. 22, Frankreich für Togo und Kamerun zugebilligt worden. Art. 3 Abs. 2 der beiden ihm für diese Gebiete erteilten Mandate bestimmt gleichlautend, daß die für Zwecke der Polizei oder der Landesverteidigung ausgehobenen Truppen im [187] Falle eines allgemeinen Krieges auch außerhalb des Landes verwendet werden dürfen, um einen Angriff zurückzuweisen oder das Gebiet zu verteidigen. Es liegt auf der Hand, daß damit Frankreich vollkommen freie Hand in der Verwendung der Mandatstruppen erhält. Im übrigen ist nirgends eine Festsetzung der Zahl der Truppen getroffen, die zu den bezeichneten Zwecken ausgehoben werden dürfen. Die Mandatsmächte haben also praktisch die volle Möglichkeit, nach ihrem Ermessen eine bewaffnete Macht aufzustellen, die über die Bedürfnisse der Landesverteidigung hinausgeht. Ob diese Macht im Kriegsfalle tatsächlich nur nach Maßgabe des Art. 22 verwendet werden wird, muß heute dahingestellt bleiben. Jedenfalls bedeutete es unter diesen Umständen sachlich kein Zugeständnis, wenn die Frage, ob in den Mandatsgebieten eine Werbung für die Truppen benachbarter Kolonien stattfinden dürfe, verneinend beantwortet wurde. Sie wurde 1925 vom Mandatsausschuß aufgeworfen und nach Befragung der beteiligten Regierungen prüfte der Rat sie in der Juni-Tagung 1926. Hierbei waren sich alle Instanzen einig über die Unzulässigkeit einer solchen Anwerbung. Nur Südafrika behielt sich vor, in außergewöhnlichen Fällen Freiwillige einzustellen, während Frankreich die sich aus den Mandatsverträgen ergebenden Vorbehalte machte.

Anders liegen die Verhältnisse in den A-Mandaten. Art. 22 enthält darüber keine Bestimmungen. Man wird hier zwischen dem Irak einerseits, Palästina und Syrien andererseits unterscheiden müssen. Jenes befindet sich bereits auf der in Abs. 4 vorgesehenen Stufe der Unabhängigkeit. Art. 7 des Bündnisvertrages zwischen England und dem Irak rechnet daher mit dem Bestehen eines eigenen Heeres, über das die Landesgewalt unter Berücksichtigung englischer Ratschläge selbständig verfügt. Im übrigen ist noch ein besonderer Vertrag vorgesehen, der diese Frage des näheren regeln soll. Er ist bisher nicht abgeschlossen oder doch nicht bekanntgegeben. Über die Anwerbung von Landesangehörigen für die englischen Kolonialtruppen fehlt es an einer Bestimmung. Sie dürfte aber praktisch kaum in Frage kommen.

Zum Unterschiede hiervon ist in Art. 17 des palästinensischen und in Art. 2 des syrischen Mandatsvertrages zunächst vorgesehen, daß die Mandatsmacht im Lande eigene Truppen unterhält. Daneben soll zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verteidigung des Gebiets eine Freiwilligentruppe organisiert werden, die unter der Oberaufsicht der Mandatsmacht verbleibt und für andere Zwecke nur mit ihrer Zustimmung verwendet werden darf. Darin liegt, praktisch betrachtet, das Zugeständnis an die Mandatsmacht, die Landestruppen außerhalb des Gebiets zu kriegerischen Zwecken verwenden zu dürfen. An einem Verbot der Anwerbung von Mandatsangehörigen [188] für die eigenen Truppen der Mandatsmächte fehlt es. Es wird von der tatsächlichen Lage und der Stimmung im Lande abhängen, ob die Mächte sich diese Lücke werden zunutze machen können, ebenso wie es von diesen Momenten abhängen wird, ob sie in der Lage sein werden, die Truppen der A-Mandate in ihren Kriegen zu verwenden.

Im Ergebnis muß jedenfalls festgestellt werden, daß die Bestimmungen der Mandatsverträge den Absichten des Art 22 nicht gerecht werden. Diese laufen zweifelsohne darauf hinaus, die Mandatsgebiete zu neutralisieren. Durch die Mandatsverträge wird die Erreichung dieses Zieles keineswegs gewährleistet. Selbst wenn man von den Bestimmungen für Palästina, Syrien und Französisch-Afrika absieht, sind auch die übrigen Gebiete nicht dagegen geschützt, in einen von der Mandatsmacht geführten Krieg hineingezogen zu werden. Man wird vielmehr damit rechnen müssen, daß es regelmäßig zu einer Beteiligung kommen wird. Als rechtlich zulässig ließe sich allenfalls eine Teilnahme an Exekutionskriegen des Völkerbundes konstruieren, obgleich auch hiergegen begründete Bedenken erhoben werden können.


6. Die Aufsicht

Der abhängige Charakter der Mandatsverwaltung kommt in der durch den Völkerbund geübten Aufsicht zum Ausdruck. Träger der Aufsichtsbefugnisse ist der Rat, während der Versammlung Rechte auf diesem Gebiet nicht zustehen. Sie kann sich hier auch nicht auf Art. 3 Abs. 3 der Satzung stützen, laut welchem sie über jede Frage zu befinden hat, die in den Tätigkeitsbereich des Bundes fällt. Denn durch Art. 22 ist dem Rat eine Sonderkompetenz zuerkannt. Immerhin ist eine von der I. Völkerbundversammlung am 7. Dezember 1920 gefaßte Entschließung zu berücksichtigen, die im Falle der alleinigen Zuständigkeit der Versammlung oder des Rats das andere Organ verpflichtet, diese Ausschließlichkeit zu respektieren, es jedoch zugleich für befugt erklärt, eine getroffene Entscheidung zu erörtern und zu prüfen. Das Mittel hierzu bietet der vom Rat alljährlich über seine Tätigkeit erstattete Generalbericht, dessen Besprechung praktisch im Mittelpunkt der Verhandlungen der Versammlung steht und der stets auch die Mandatsverwaltung behandelt. Jedoch ergibt sich aus der Natur der Sache, daß Kritik, Ratschläge und Wünsche sich an den Rat als den Urheber des Berichtes wenden und die Mandatsmächte nur mittelbar zu treffen vermögen. In diesem Rahmen hat die Versammlung gelegentlich in allgemeinen Wendungen die Mandatspolitik gebilligt. In anderen Fällen hat sie grundsätzliche Wünsche zum Ausdruck gebracht, einmal auch, als es sich um den Aufstand der Bondelzwarts handelte, ihrem Mißfallen Ausdruck gegeben und endlich in einem weiteren Falle, als ein Konflikt zwischen [189] Rat und Mandatsausschuß bestand, beide zu einmütiger Zusammenarbeit gemahnt. Es mag dadurch unter Umständen ein gewisser moralischer Druck ausgeübt werden. Aber im allgemeinen wird man der Stellungnahme der Versammlung praktische Bedeutung nicht beizumessen haben.

Der Rat ist Träger der Aufsichtsbefugnisse des Bundes und ihm haben die Mandatsmächte alljährlich einen Bericht zu erstatten. Als Hilfsorgan ist ihm ein Ständiger Ausschuß zur Seite gestellt, der die Berichte entgegen zu nehmen und über sie dem Rat ein Gutachten zu geben hat. Weiter geht die Zuständigkeit des Ausschusses nicht. Insbesondere ist er nicht berechtigt, den Mandatsmächten irgendwelche Vorschriften zu machen oder im Falle einer Pflichtverletzung irgendwelche Maßnahmen gegen sie zu ergreifen. Das ergibt sich unzweideutig aus Art. 22 Abs. 9 und ist in der bisherigen Praxis streng befolgt worden. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, daß seinen Sitzungen Vertreter der Mandatsmächte beizuwohnen pflegen und daß er sie um Auskünfte und Ergänzungen zu den Berichten ersuchen darf. Er bleibt Organ des Rats und seine Stellungnahme kann stets nur in Berichten an ihn Ausdruck finden.

Andererseits ist ihm freilich die Möglichkeit gegeben, in diesen seinen Berichten Anerkennung und Tadel, Ratschläge und Wünsche zu äußern und, da diese Berichte zur Kenntnis sowohl des Bundes, als auch der Öffentlichkeit gelangen, dadurch eine Einwirkung auszuüben. Aber in Wirklichkeit sind ihm, rechtlich wie tatsächlich, enge Schranken gewiesen. Einerseits ist er im wesentlichen auf das Material beschränkt, das ihm die Mandatsmächte vorlegen und ist nicht befugt, an Ort und Stelle eine Nachprüfung vorzunehmen. Er darf nicht einmal die Urheber der ihm zugegangenen Petitionen persönlich vernehmen. Andererseits tragen die Mandatsmächte eine weitgehende Empfindlichkeit gegen Kritik zur Schau und haben mehr als einmal tadelnde Bemerkungen nicht ohne Schroffheit zurückgewiesen, obgleich sich der Ausschuß stets an die sehr gepflegten Ausdrucksformen hält, die im Völkerbunde üblich sind. Ein 1926 unternommener Versuch, durch eine Ausgestaltung des Verfahrens seine Zuständigkeit zu erweitern, wurde vom Rat sofort unterdrückt und man kann sich dem Eindruck nicht entziehen, daß wenigstens in einem aufsehenerregenden Falle, nämlich im syrischen, auch ein diplomatischer Druck mit Erfolg angewandt worden ist, um den Ausschuß zu größerer Zurückhaltung in der Beurteilung von Mißgriffen einer Mandatsmacht zu bewegen.

Im übrigen ist auch durch die Zusammensetzung des Ausschusses dafür gesorgt, daß er die ihm gewiesenen Grenzen einhält und den Mandatsmächten nicht zu nahe tritt. Sind doch nicht weniger als vier seiner Mitglieder Angehörige von Mandatarstaaten. Dadurch [190] sind diese sämtlich vertreten, Belgien, England, Frankreich und Japan direkt, die Dominions durch England. Und obgleich sie formell als Personen und nicht als Vertreter ihrer Staaten im Ausschuß sitzen, dürfte es auf der Hand liegen, daß sie die Interessen ihres Landes wahrnehmen.

Wenn so der Ausschuß auf eine moralische Einwirkung beschränkt ist, darf nicht übersehen werden, daß im Grunde die Stellung des Rates sich von der seinen nur formell unterscheidet. Art. 22 enthält kein Wort darüber, ob und mit welchen Mitteln er im Falle einer Verletzung der Mandatspflichten einzuschreiten hat. Das ist selbstverständlich Absicht und entspricht dem allgemeinen Charakter der Satzung, erscheint auch als kaum vermeidliche Folge der Tatsache, daß Art. 22 die Frucht eines Kompromisses ist. Immerhin ergibt sich daraus eine rechtlich wie tatsächlich gleich unbefriedigende Lage. Denn was bedeutet ein Aufsichtsrecht, das zugleich Aufsichtspflicht ist, wenn dessen Träger nicht die Möglichkeit hat, die Abstellung zutage tretender Mängel zu veranlassen?

Praktisch hat sich der Brauch herausgebildet, daß der Rat die Bemerkungen und Beanstandungen des Ausschusses, soweit er ihnen beitritt, zur Kenntnis der betroffenen Macht bringt. Doch hat der Rat noch nie den Versuch unternommen, auf der Abstellung von Mißständen oder der Durchführung von Verbesserungen zu bestehen. Vielmehr hat er einen Widerspruch der Mandatsmächte gegen Beanstandungen des Ausschusses immer auf sich beruhen lassen und sich mit einer formellen Überbrückung von Gegensätzen begnügt. Er hat auch nie einen Schritt getan, um eine Mandatsmacht zur Erfüllung von Verpflichtungen zu bewegen, die unzweideutig übernommen sind und über deren Vernachlässigung kein Streit bestehen kann. Beispielsweise duldet er es stillschweigend, daß Frankreich der in Art. 1 des Mandatsvertrages für Syrien übernommenen Pflicht, binnen drei Jahren, d. h. bis 1925, ein Organisches Statut zu schaffen, nicht nachgekommen ist und voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht nachkommen wird.

Der Rat ist zu wirksamem Einschreiten - und darin liegt die wesentlichste Schwäche des Mandatssystems - auch weder tatsächlich noch rechtlich in der Lage. Nach Art. 5 der Satzung bedarf es der Einstimmigkeit für jeden Beschluß, der nicht bloß das Verfahren betrifft. Eine solche Einstimmigkeit wäre zu einem Vorgehen gegen eine Mandatsmacht nicht zu erzielen, da England, Frankreich und Japan dem Rat als ständige Mitglieder angehören und die Dominions stets auf Englands, Belgien auf Frankreichs Schutz rechnen können. Sollte aber etwa in Anlehnung an die Bestimmungen über die Behandlung von internationalen Streitigkeiten der Versuch gemacht werden, die Stimme der beteiligten Mandatsmacht nicht zu zählen, so [191] wäre das gleichbedeutend mit dem Zerfall des Völkerbundes, der wiederum das Ende des Mandatssystems bedeuten würde. Darüber hinaus jedoch sieht die Satzung auch keinerlei Maßnahmen vor, die gegen eine widerspenstige Mandatsmacht angewendet werden könnten. Die Anwendung unmittelbaren Zwanges kommt nur unter den Voraussetzungen des Art. 16 in Frage, d. h. dann, wenn ein Bundesmitglied unter Verletzung der Vorschriften über Streitschlichtung zum Kriege schreitet. Im übrigen steht dem Bunde nur der Ausschluß eines Mitgliedes, das sich gegen die Satzung vergeht, offen. Diese Maßnahme aber ist gegen die in Frage kommenden Mächte tatsächlich nicht anwendbar. Sie hätte einen Sinn auch nur dann, wenn gleichzeitig eine Entziehung des Mandats erfolgen würde. Sie wiederum ist unter den gegebenen Verhältnissen praktisch nicht durchführbar und selbst unter rechtlichen Gesichtspunkten könnte es streitig scheinen, ob der Bund, der die Mandate nicht verliehen hat, sie zurückziehen darf, ob die Befugnis hierzu nicht vielmehr bei den Hauptmächten ruht.

Das Ergebnis ist jedenfalls, daß dem Rat Machtmittel nicht zur Verfügung stehen und daß er nicht in der Lage ist, einen der Mandatarstaaten zur Erfüllung seiner Pflichten zu zwingen. Er vermag einzig und allein einen moralischen Druck auszuüben und kann sich dabei nur auf die öffentliche Meinung stützen. Das ist gewiß, geschickt und zielbewußt gehandhabt, eine gewaltige Waffe. Aber wenn man ihre Bedeutung in dieser Frage richtig einschätzen will, wird man nicht vergessen dürfen, wie entscheidend im Rate der Einfluß gerade der Mächte ist, die an der Mandatsfrage interessiert sind und wie groß das Gewicht gerade ihrer Presse in der Welt ist. Noch dazu sind alle Mandatsmächte bis zu gewissem Grade in ihren Belangen solidarisch, von den besonderen Bindungen innerhalb des britischen Imperiums und zwischen Frankreich und Belgien ganz zu schweigen.

Unter diesen Umständen wird man nicht verkennen dürfen, daß der vom Rat ausgehende moralische Druck nicht sehr stark sein kann und daß letzten Endes die Erfüllung der übernommenen Pflichten vom guten Willen der Mandatsmächte abhängt. Dieser gute Wille aber wird durch die mangelhafte Fassung und den unbestimmten Inhalt des Art. 22 sicherlich nicht gestützt.


7. Die Praxis des Mandatsausschusses

Am 29. November 1920 beschloß der Rat eine "Konstitution des Ständigen Mandatsausschusses", am 10. Januar 1922 bestätigte er die von dem Ausschuß selbst ausgearbeitete Geschäftsordnung.

Der Ständige Mandatsausschuß bestand ursprünglich aus neun vom Rate auf Grund ihrer besonderen Eignung ernannten Mitgliedern, [192] von denen mindestens fünf nicht Angehörige von Mandatsmächten sein dürfen. Ein Platz im Ausschuß soll einer Frau übertragen werden - ihn nimmt von Beginn an die Schwedin Frau Bugge-Wicksell ein. Den Vorsitz hatte zuerst der Italiener Marquis Theodoli inne. Nach seinem Tode ist ihm der Holländer van Rees gefolgt. Seit dem September 1927 gehört dem Ausschusse ein Deutscher, Geheimrat Kastl, als zehntes Mitglied an. Zum außerordentlichen Mitgliede wurde im Dezember 1924 Prof. Rappard ernannt, nachdem er von der Leitung der Mandatsabteilung des Sekretariats zurückgetreten war.- Der Rat betonte hierbei ausdrücklich, daß damit ein Präzedenzfall nicht geschaffen werden solle. Mit beratender Stimme darf ein Vertreter des Internationalen Arbeitsamts an den Sitzungen teilnehmen, in denen Fragen des Arbeitsrechts behandelt werden.

Der Ausschuß hat seinen Sitz in Genf. Dort versammelte er sich anfänglich einmal im Jahr, seit 1924 zweimal jährlich. Zur Beschlußfähigkeit ist die Anwesenheit von fünf Mitgliedern erforderlich. Die Mehrheit entscheidet, bei Stimmengleichheit findet Stichentscheid des Präsidenten statt. Die Minderheit kann verlangen, daß ihre mit Gründen versehene Meinung dem Rat vorgelegt werde. Als Büro dient dem Ausschuß die Mandatsabteilung des Sekretariats des Völkerbundes, die anfänglich unter der Leitung des Schweizers Prof. Rappard stand, an dessen Stelle jetzt der Italiener Catastini getreten ist.

Die von den Mandatsmächten zu erstattenden Berichte sind alljährlich bis zum 1. September einzureichen. Um einen Rahmen für sie zu schaffen und ihre Abfassung zu erleichtern, arbeitete der Ausschuß bereits auf seiner ersten Tagung im Oktober 1920 je einen Fragebogen für die B- und C-Mandate aus. Nachdem sie vom Rate gebilligt waren, entstand im folgenden Jahre je ein Fragebogen für Syrien und für Palästina. Hierbei wurde nachdrücklich betont, daß die Mächte an das aufgestellte Schema nicht gebunden wären. Mit der Zeit erwiesen sich jedoch die Fragebogen als nicht genügend. Der Ausschuß überprüfte sie und legte dem Rat im September 1926 erweiterte Bogen für die B- und C-Mandate vor, die bis zu 118 Fragen enthielten. Sie fanden im Rat eine überaus unfreundliche Aufnahme. Es trat die Meinung zutage, daß der Ausschuß seine Zuständigkeit auszudehnen und sich in die Einzelheiten der Mandatsverwaltung einzumengen, ja, an die Stelle derselben zu treten geneigt sei. Man beschloß, die Mandatsmächte um eine Stellungnahme zu ersuchen. Diese fiel durchweg ablehnend aus und der Rat verwies in seiner Tagung vom Dezember 1926 die Frage an den Ausschuß zurück, der sich in einer ausführlichen Entschließung gegen die erhobenen Vorwürfe verwahrte und betonte, daß die Benutzung der Fragebogen vollkommen im Belieben der Mächte stehe. Übrigens hatte auch die [193] Bundesversammlung von 1926 sich mit dieser Frage zu befassen. In ihrem VI. Ausschuß kam es zu sehr scharfen Auseinandersetzungen, in deren Verlauf namentlich Fridtjof Nansen für den Mandatsausschuß eintrat. In der Vollversammlung wurde der entstandene Konflikt zwar berührt, aber sehr diplomatisch behandelt und durch eine Entschließung ausgeglichen, die dem Mandatsausschuß für seine hingebende und eifrige Arbeit dankte, zugleich jedoch dem Vertrauen Ausdruck gab, daß Rat und Ausschuß in herzlicher Zusammenarbeit die Anwendung der Grundsätze des Art. 22 zu sichern wissen würden.

Es bleibt somit bei der Anwendung der ursprünglichen Fragebogen, eine Tatsache, die vielleicht nicht an sich, jedenfalls aber als Symptom Beachtung verdient: Mandatsmächte und Rat wollen selbst den Anschein vermieden wissen, als sei eine Verstärkung der Kontrolle des Ausschusses zulässig. Und unter demselben Gesichtspunkt verdient ein zweiter, gleichzeitig verhandelter Konflikt zwischen Rat und Ausschuß Aufmerksamkeit.

Es ging dabei um das Petitionsrecht der Eingeborenen. Ein solches wurde durch Beschluß des Rates vom 1. Februar 1923 anerkannt und geregelt. Danach müssen Petitionen von Gemeinwesen oder Einwohnern der Mandatsländer durch Vermittlung der Mandatsmacht an den Generalsekretär gehen. Die Mandatsmacht kann ihre Bemerkungen hinzufügen. Petitionen, die auf anderem Wege an den Generalsekretär gelangen, werden zurückgesandt. Petitionen aus sonstiger Quelle, etwa von humanitären Vereinigungen, werden dem Präsidenten des Ausschusses überwiesen. Zu denjenigen, die beachtlich scheinen, wird eine Äußerung der Mandatsmacht eingeholt. Über die übrigen berichtet der Präsident dem Ausschuß. Die Petitionen werden vom Ausschuß zusammen mit den Bemerkungen der Mandatsmacht geprüft. Soweit es angebracht scheint, werden sie dem Rat und den Bundesmitgliedern zur Kenntnis gebracht. Unabhängig davon wird in dem Bericht an den Rat eine Übersicht über die in der jeweiligen Tagung des Ausschusses verhandelten Petitionen gegeben.

Schon im Juli 1923 tauchte auf Anregung der englischen Antisklaverei-Gesellschaft im Ausschuß die Frage auf, ob nicht unter Umständen eine Anhörung der Urheber von Petitionen angebracht sei. In der Folge wurde diese Frage gleichzeitig mit der der neuen Fragebogen verhandelt. Der Ausschuß stellte sich hierbei grundsätzlich auf den Standpunkt, daß er nur ein Hilfsorgan des Rates sei und diesem Gutachten zu erstatten habe, daß er aber keineswegs befugt sei, als Tribunal in Tätigkeit zu treten. Nichtsdestoweniger sei anzuerkennen, daß sein Verfahren ein wenig einseitig sei. Die Erfahrung habe gezeigt, daß es in Einzelfällen unmöglich sei, sich ein endgültiges Urteil über die Berechtigung von Petitionen zu bilden. In [194] solchen Fällen könnte es unumgänglich scheinen, die Petitionäre anzuhören. Der Ausschuß wolle jedoch dem Rat keine Empfehlung in dieser Frage vorlegen, sondern nur die Auffassung des Rats kennen lernen.

Diese Anregung löste beim Rat noch schärferen Widerspruch aus, als der Vorschlag der neuen Fragebogen. Im Ergebnis faßte der Rat unter dem 7. März 1927 eine Entschließung, laut welcher von einer Änderung des bisher vom Ausschuß befolgten Verfahrens ein Vorteil nicht zu erwarten wäre.

Damit war der Versuch, den Urhebern von Petitionen eine günstigere Stellung zu schaffen, erledigt und es blieb beim Verfahren, das der Ausschuß selbst als "ein wenig einseitig" bezeichnet hatte. Danach wird zunächst der Bericht der Mandatsmacht geprüft, und zwar unter Teilnahme eines von ihr entsandten Vertreters. Dazu wird vom Ausschuß verschiedentlich dankbar erwähnt, daß in steigendem Maße nicht mehr Beamte der Kolonialministerien erscheinen, sondern hochgestellte Vertreter der örtlichen Mandatsverwaltung, vielfach die Gouverneure der Mandatsgebiete. Sie geben ergänzende Erläuterungen zu den Berichten und zu den Bemerkungen, die den Petitionen beigefügt sind. Überraschend wirkt in diesem Zusammenhange eine Mitteilung, die das portugiesische Mitglied des Mandatsausschusses 1926 in der schon erwähnten Sitzung des VI. Ausschusses der VII. Bundesversammlung machte. Der Vertreter einer Mandatsmacht habe geäußert, daß sein Land angesichts der minutiösen Untersuchungen des Mandatsausschusses beginne, eine gewisse Ungeduld zu spüren. Dabei seien die sich auf mehrere Mandatsgebiete erstreckenden Berichte dieser Macht geprüft worden 1921 in drei Stunden, 1922 in zweieinhalb, 1923 in zwei, 1924/25 in viereinhalb.

Auf Grund dieser Prüfung und Verhandlung wird ein Bericht an den Rat verfaßt, der zunächst einen allgemeinen Überblick gibt und dann auf einzelne Fragen eingeht. Hierbei wird öfter der Wunsch ausgesprochen, nähere Informationen über bestimmte Punkte zu erhalten. Auch der Hinweis auf die Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung bestimmter Verwaltungszweige, so des Medizinalwesens, ist wiederholt anzutreffen. Besondere Sorge bereitet dem Ausschuß die ständig wachsende Einfuhr alkoholischer Getränke in die B-Mandate. Daneben stand, namentlich in den ersten Jahren, die Erörterung von Rechtsfragen. Das Problem der Souveränität wurde, wie schon erwähnt, mehrfach angeschnitten, allerdings ohne daß eine Lösung erfolgt wäre. Der Anregung des Mandatsausschusses ist es zu danken, daß die Frage des Domanialbesitzes in dem Sinne geklärt wurde, daß die Mandatsmächte auf ihn keinen Anspruch haben. Im Interesse der Kreditbeschaffung allerdings wurde zugestanden, daß [195] eine Verpfändung dieses Besitzes zulässig ist und den etwaigen Nachfolger in Mandat bindet. Im übrigen aber wird auch jener Grundsatz praktisch unter Umständen nicht eingehalten. So erwies es sich nach den Erklärungen des Vertreters der Südafrikanischen Union im VI. Ausschuß der VII. Bundesversammlung, daß die Union sich das Eigentum an den Bahnen in Südwestafrika zuschreibt, da es nicht angängig gewesen sei, es dem Administrator als einem Beamten der Union zuzugestehen. Sehr häufig und eingehend werden auch Fragen des Eingeborenenrechts behandelt, so die der Zwangsarbeit.

Der Ausschuß bedient sich in seinen Berichten der im Völkerbunde üblichen diplomatischen Ausdrucksweise. Lob und Anerkennung werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit in oft überschwenglichen Wendungen gespendet. Zuweilen allerdings kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß eine gewisse leise Ironie mitunterläuft, so wenn der Ausschuß Japan dafür dankt, daß es ihm die im Mandatsgebiet geltenden Gesetze in japanischer Sprache und ein Album mit Ansichten aus dem Gebiet überreicht habe. Dagegen ist der Ausschuß sehr zurückhaltend und vorsichtig mit tadelnden Äußerungen. Wenn das notwendig erscheint, läßt er die Tatsachen selbst sprechen, ohne ein ausdrückliches Urteil abzugeben und verbindet derartige Feststellungen gern mit anerkennenden Auslassungen über andere Maßnahmen der Mandatsmacht. Immerhin hat sich in einem Falle trotz Anwendung dieser Methoden ein vernichtendes Urteil über die Mandatsverwaltung ergeben. Das geschah im Februar 1926 aus Anlaß des Drusenaufstandes in Syrien. Der Bericht war so eindrucksvoll, daß der Rat in seiner Märztagung dem Ausschuß für seine unparteiische und sorgfältige Arbeit dankte, und zwar kein eigenes Urteil fällte, aber immerhin erklärte, er betrachte die Lage mit lebhafter Besorgnis und hoffe, daß die Bemühungen aller Beteiligten diesem Zustande der Dinge bald ein Ende zu machen erlauben würde. Er beschloß, den Bericht der französischen Regierung mit der Bitte zu übermitteln, sie wolle ihm die gebührende Folge geben.

Es ist jedoch bezeichnend, daß bald darauf ein Umschwung in der Beurteilung der syrischen Vorgänge eintrat. Es mag sein, daß sich das zum Teil aus der Beruhigung der öffentlichen Meinung erklärt, die sich anfänglich sehr lebhaft mit jenen Dingen beschäftigt hatte. Man kann sich aber nur schwer dem Eindruck entziehen, daß auch ein diplomatischer Druck auf den Ausschuß ausgeübt worden ist und daß die Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Rat über die Angelegenheit der Fragebogen und der Anhörung von Petitionären den Ausschuß gleichfalls zur Zurückhaltung veranlaßt haben. Jedenfalls nimmt er schon im November 1926 einen veränderten Standpunkt zu den neu überreichten französischen Berichten ein, will auf die schmerzlichen Ereignisse nicht zurückkommen und hofft auf [196] eine Beruhigung durch die Politik der Mandatsmacht, die durch einen neuen Kommissar vertreten sei. Im folgenden Jahre stellt er erfreut fest, daß der Aufstand beendet sei und daß die Mandatsmacht Vorbereitungen für den Erlaß eines Organischen Statuts treffe. Und auf seiner Septembertagung 1928 kann der Rat auf Grund des Ausschußberichts mit Befriedigung zur Kenntnis nehmen, daß Ruhe im Lande herrsche.

In gleicher Richtung bewegt sich die Behandlung der zahlreichen syrischen Petitionen, die anfänglich sehr sorgfältig berücksichtigt, dann aber fortschreitend beiseite geschoben wurden.

Die Behandlung, die die Petitionen im Ausschuß erfahren, vermag auch sonst einen befriedigenden Eindruck nicht hervorzurufen. Freilich befindet sich hier der Ausschuß in einer überaus schwierigen Lage. Da er weder Untersuchungen an Ort und Stelle vorzunehmen, noch die Petitionäre zu hören berechtigt ist, hat er es einfach mit den einander widersprechenden Angaben der Beschwerdeführer und der Mandatsmacht zu tun. Und da diese mit amtlichen Materialien belegt werden können, kann ihm nicht einmal ein Vorwurf daraus gemacht werden, wenn er zugunsten der Mandatsmacht entscheidet. Die Schuld liegt nicht am Ausschuß, sondern am System, das zu ändern er vergeblich versucht hat.

Besonders bezeichnend für diese Lage ist die Behandlung von Petitionen des Bundes der Deutsch-Togoländer. Sie wurden zuerst unter dem 27. Juni und 26. September 1925 eingereicht und enthielten an erster Stelle die Bitte um Rückgabe Togos an Deutschland. Am 30. Oktober 1925 machte der Präsident dem Ausschuß von ihnen Mitteilung mit dem Bemerken, daß diese Bitte unvereinbar mit den Bestimmungen des Mandats sei und daß die vorgebrachten Klagen so allgemein gehalten seien, daß sie weder die Aufmerksamkeit des Ausschusses, noch eine Weiterleitung an die Mandatsmacht verdienen. Im folgenden Jahre liefen abermals zwei Petitionen ein, in denen die Beschwerden nunmehr substanziiert waren. Sie betrafen übermäßige Erhöhung der Kopfsteuer, wirtschaftliche Schädigung durch die mangelnde Stabilität des Franken, Greueltaten französischer Beamten, Rekrutierung von Eingeborenen für die französischen Sudan- und Senegaltruppen u. a. In den beigefügten Bemerkungen der Mandatsmacht war allen diesen Beschwerden widersprochen. Der Ausschuß fand die Auskünfte der französischen Regierung befriedigend, erklärte die Beschwerden in allen wesentlichen Punkten für unbegründet und erbat nur in einem Falle, in dem es sich um die Tötung eines Eingeborenen durch französische Beamte handelte, ergänzende Mitteilungen.

Eine sehr scharfe Zurückweisung und Verurteilung fanden 1928 mehrere Petitionen aus Samoa, die auf die bekannten Eingeborenen- [197] unruhen zurückgingen. Diese seien nur eine Frucht der Treibereien namentlich genannter Personen. Die Mandatsmacht habe gegen die Grundsätze des Mandatssystems keineswegs verstoßen. Allenfalls sei dem Administrator der Vorwurf zu machen, daß er zuviel Geduld bewiesen und dadurch seine Autorität geschwächt habe. Ein neuer Administrator besitze nunmehr genügende Machtmittel. Der Ausschuß hoffe auf eine Wiederherstellung des Friedens und der Wohlfahrt und auf die Rückkehr der Bevölkerung zum früheren Vertrauen der Mandatsmacht gegenüber. Diese Entscheidung soll der Bevölkerung bekannt gegeben werden.

Ernste Beschwerden brachte eine Petition der Rehoboths in Südwestafrika vom 26. November und 21. Dezember 1926 vor. Europäern werde erlaubt, ihre Ländereien zu erwerben und ihre Jagdgründe würden verwüstet, da jeder Europäer mit Jagdschein als jagdberechtigt anerkannt werde. Ihnen selbst aber seien, soweit sie sich an den Unruhen von 1925 beteiligt hätten, die Waffen fortgenommen. Auch sei das in deutscher Zeit erlassene Verbot, Forderungen von Europäern an Eingeborene einzuklagen, aufgehoben. Die Rehoboths bäten dringend, persönlich vernommen zu werden. Trotz wiederholten Drängens des Ausschusses blieben eingehende Äußerungen der Mandatsmacht aus. Im Juni 1928 erklärte sich der Kommissar der Unionsregierung zu mündlichen Erläuterungen vor der Herbstsession des Ausschusses bereit. Ob und in welchem Sinne eine Entscheidung gefallen ist, steht dahin, da die einschlägigen Drucksachen des Völkerbundes noch nicht vorliegen.

Im übrigen sei bemerkt, daß der Ausschuß sich Ausfälle gegen die deutsche Verwaltung der derzeitigen Mandatsgebiete nicht zuschulden kommen läßt. Die wiederholten Feststellungen, daß auf diesem oder jenem Gebiet der Mandatsverwaltung Fortschritte zu begrüßen seien, rufen nicht den Eindruck hervor, als sei eine Herabsetzung der deutschen Kolonialverwaltung beabsichtigt. Das dürfte nicht einmal dann der Fall sein, wenn der Ausschuß 1927 seiner Beunruhigung darüber Ausdruck gibt, daß "unter der früheren Herrschaft" in Neu-Guinea fast alles fruchtbare Land ausländischen Pflanzern überlassen sei und daß das Not und Niedergeschlagenheit unter den Bewohnern gewisser Inseln hervorrufe. Es wird keinerlei Werturteil daran geknüpft, sondern nur die Frage gestellt, welche Maßnahmen die Mandatsverwaltung zu ergreifen gedenke.

So ergibt sich denn im allgemeinen der Eindruck, daß der Mandatsausschuß zwar von gutem Willen beseelt ist, daß er aber gezwungen ist, Rücksichten zu nehmen und daß das ihm vorgeschriebene Verfahren ebenso wie das Fehlen jeglicher Machtmittel seiner Tätigkeit einen überwiegend formalen Charakter aufprägt.


[198]
8. Ausblick

Immer noch besteht in weiten Kreisen die Hoffnung, daß es Deutschland in absehbarer Zeit gelingen werde, wenigstens einen Teil seiner Kolonien zu Mandatsrecht zurück zu erhalten. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Lösung der Würde und den Interessen Deutschlands entspräche. Wohl aber muß die Frage aufgeworfen werden, ob sie bei Fortbestehen des Mandatssystems im Bereich der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit liegt.

Rein theoretisch betrachtet, wird sie zu bejahen sein. Theoretisch ist es denkbar, daß eine der gegenwärtigen Mandatsmächte auf ihr Mandat verzichtet und daß dieses dann Deutschland zugeteilt würde. Die weitere Frage, in welchen Formen sich eine solche Zuteilung abspielen würde und ob hierbei wieder, wie bei der ersten Vergebung, die Hauptmächte die materielle Entscheidung treffen würden und der Rat sich mit einer formellen Rolle begnügen müßte, oder ob nun der Rat in den Vordergrund treten würde, muß freilich ungelöst bleiben. Die Mängel, an denen Art. 22 krankt, machen ihre wissenschaftliche Beantwortung unmöglich. Die Entscheidung würde unter rein politischen Gesichtspunkten fallen, und es hat keinen Zweck, jetzt Hypothesen darüber aufzustellen, mit welchen Machtverhältnissen zu einem unbekannten Zeitpunkt zu rechnen sein dürfte. Es hat um so weniger Zweck, als der freiwillige Verzicht einer Mandatsmacht eben nur theoretisch möglich, praktisch jedoch sehr unwahrscheinlich ist. Allerdings liegen Erklärungen von Führern der englischen Liberalen sowohl als der Arbeitspartei vor, die sich in unzweideutiger Weise zugunsten einer Rückgabe der deutschen Kolonien aussprechen. In besonders bindender Weise hat das Philip Snowden noch im Juli 1926 in The Nation getan. Es wird deshalb abzuwarten sein, ob nun, da die Arbeitspartei die Macht erlangt hat und Mr. Snowden selbst im Kabinett sitzt, den Worten auch Taten folgen werden. Angesichts der Wandlungen, die auch englische Politiker beim Übergang aus der Opposition in die Regierung durchzumachen pflegen, ist Skeptizismus sicherlich am Platze und die Bereitschaft Englands, die heute von ihm verwalteten deutschen Kolonien zurückzugeben, geschweige denn, die anderen Mandatsmächte zu einem gleichen Schritt zu veranlassen, darf bis auf weiteres in eine nüchterne politische Rechnung nicht eingestellt werden.

Theoretisch ist es weiter denkbar, daß eine Mandatsmacht zum Verzicht gezwungen würde, und daß Deutschland an ihre Stelle träte. Aber es heißt, sich darüber klar sein, daß diese Möglichkeit im Rahmen des Völkerbundsrechtes nicht eintreten kann. Die Satzung sieht die Entziehung eines Mandats nicht vor. Rechtlich konstruieren ließe sie sich nur im Zusammenhang mit dem Ausschluß der Mandatsmacht [199] aus dem Völkerbunde. Es liegt jedoch auf der Hand, daß das das Ende des Völkerbundes und zugleich das Ende des Mandatssystems bedeuten würde. Daraus würde sich eine vollkommen neue Lage ergeben, die nicht aus dem Gesichtswinkel des Mandatsrechts bebetrachtet werden kann.

Ferner kommt - wiederum theoretisch - die Möglichkeit der Bildung eines neuen Mandatsgebietes in Frage. Praktisch ist auch sie auszuschließen, da sie nur die Folge eines Krieges sein könnte, der mit der Niederwerfung einer der heutigen Kolonialmächte enden müßte. Auch das würde zu einer Neugestaltung der Erde führen, es sei denn, daß man an eine Beraubung Hollands oder Portugals dächte, die in eine deutsche Rechnung keinesfalls eingestellt werden soll. Noch dazu würde es sich in diesem Falle nicht um einstigen deutschen Besitz handeln.

So bleibt denn nur noch eine letzte Möglichkeit, die sich der zuerst genannten nähert: die Einführung eines Turnus im Mandatsbesitz. Aber abgesehen davon, daß dadurch auch Deutschland nur befristeten Besitz erhielte, der seinen Ansprüchen keinesfalls genügen könnte, abgesehen auch davon, daß der dadurch hervorgerufene ständige Wechsel im Besitz sowohl für die Mandatsmacht, wie für das Mandatsgebiet mit schwersten Unzuträglichkeiten verbunden wäre, wäre die Voraussetzung dafür ein dahingehender einstimmiger Beschluß des Rates, für den unter Umständen auch noch die Zustimmung der Hauptmächte verlangt werden könnte. Da jedoch ein solcher Beschluß praktisch gleichbedeutend wäre mit einem wenigstens teilweisen freiwilligen Verzicht der heutigen Mandatsmächte, kann auch er in eine ernsthafte Rechnung nicht eingestellt werden.

Tatsächlich haben denn auch die Mandatsmächte nie einen Zweifel daran gelassen, daß sie glauben, ein unbefristetes Recht auf die Innehabung der Mandatsgebiete erworben zu haben. Das ergibt sich nicht nur aus ihrer allgemeinen Haltung. Das klingt auch aus wiederholten Äußerungen ihrer Vertreter hervor. Bezeichnend in dieser Richtung waren Aussprüche, die im Sommer 1926 der englische Kolonialsekretär Amery und bald darauf der Premierminister Baldwin taten. Sie führten zu einer Auseinandersetzung in der Presse zwischen dem früheren Gouverneur von Deutsch-Ostafrika Dr. Schnee und Herrn Amery. Aber dieser sah sich zu einer Änderung seiner Stellungnahme nicht veranlaßt. Und noch in jüngster Zeit hat Sir Austen Chamberlain im Unterhause Erklärungen über den Standpunkt der britischen Regierung abgegeben, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Nach dem Bericht der Times vom 23. April 1929 sagte er auf eine Anfrage des Abg. Kenworthy: "Die Mandate über die früheren deutschen Kolonien, die auf dem Versailler Vertrage und nicht auf dem Völkerbunde beruhen, sind ihren gegen- [200] wärtigen Inhabern endgültig zugeteilt. Soweit ich sehe, ist niemals eine Andeutung gemacht worden, als wünsche einer der gegenwärtigen Mandatare von seiner Verantwortlichkeit befreit zu werden. Unsere Stellungnahme ist Deutschland zur Zeit der Locarno-Konferenz auseinandergesetzt und seitdem mehr als einmal bestätigt worden. Wenn ein neues Mandat geschaffen werden sollte oder in dem unwahrscheinlichen Fall der Erledigung eines bestehenden Mandats, wären wir bereit, den Anspruch Deutschlands zu prüfen, ebenso wie den jeder andern Großmacht, die Mitglied des Völkerbundes ist. Wir können aber nicht im Hinblick auf eine so hypothetische Möglichkeit im voraus eine Verpflichtung übernehmen."

Diese Erklärung ist so präzis, als irgend denkbar, und man wird nicht daran zweifeln dürfen, daß die anderen Mandatsmächte die in ihr vertretene Auffassung teilen. Gewiß läßt sich ihr gegenüber der Nachweis führen, daß Art. 22 der Völkerbundssatzung von einer endgültigen Zuteilung der Mandate nichts weiß. Trotzdem bleibt die Tatsache bestehen, daß die maßgebenden Mächte, deren Wille für den Völkerbund bestimmend ist, die Zuteilung als endgültig ansehen und nicht gesonnen sind, von dieser Auffassung abzuweichen. Jetzt allerdings, nachdem Sir Austen Chamberlain von der politischen Bühne abgetreten ist und die Arbeitspartei die Macht ergriffen hat, wird abzuwarten sein, ob sie den Willen und die Möglichkeit hat, die Versprechungen zu erfüllen, die ihre Führer abgegeben haben, als sie in der Opposition standen. Solange jedoch unzweideutige Beweise dafür nicht vorliegen, ist es ein Gebot der politischen Vernunft, sich von den durch die Locarno-Verträge und den Eintritt in den Völkerbund geweckten unbegründeten und aussichtslosen Hoffnungen zu lösen und die Sachlage klar zu erkennen. Diese Sachlage aber muß in der Feststellung zusammengefaßt werden, daß vom Völkerbunde, so wie er heute ist, eine Befriedigung der deutschen Kolonialansprüche nicht erwartet werden darf. Sie kann nur Wirklichkeit werden, nachdem der Versailler Vertrag zerrissen und nachdem der Völkerbund aufgehört hat, eine Gemeinschaft zur Sicherung der Früchte des Weltkrieges zu sein.

Inzwischen muß es die Aufgabe Deutschlands sein, die rechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um die Mandatsgebiete vor einer förmlichen Einverleibung in die Besitzungen der Mandatare zu bewahren und ihre Bevölkerung vor Gewalt und Unrecht zu schützen. Diesem Ziel muß die Mitarbeit Deutschlands im Rate und im Mandatsausschuß dienen. Und soweit es infolge der Mängel der Satzung und der Mandatsverträge, infolge des Widerstrebens der interessierten Mächte und der Schwäche des Mandatsausschusses nicht erreicht werden kann, wird auch der bloße Einspruch Deutschlands der Vorbereitung jener Neugestaltung dienen, die wir anstreben müssen.

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Zehn Jahre Versailles
in 3 Bänden herausgegeben von
Dr. Dr. h. c. Heinrich Schnee und Dr. h. c. Hans Draeger