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Zeichen der Zeit:

Eigene Landsleute leugnen Brünner Massaker!

Reisebericht von Eleonora Bolter-Schwella, Karlsruhe, Germany

Das Weihnachtsfest des Jahres 2000 verbrachte ich in Südböhmen mit Standort Budweis. Bei den Teilnehmern der Busreisegesellschaft handelte es sich fast ausschließlich um Einheimische aus Karlsruhe und Umgebung. Die dabei durchgeführten Ausflugsfahrten führten durch die denkmalgeschützten Städte Krummau, Prachatitz mit wunderschönen Sgraffitofassaden, vorbei an Renaissanceschlössern nach Neuhaus und Teltsch. In all den besuchten Orten waren Spuren deutscher Vergangenheit in Form von Inschriften, von mittlerweile beschädigten oder verblaßten Hausbeschriftungen zu erkennen. Die von Touristen besuchten Plätze und Hauptstraßen mit ihren farbig renovierten Hausfassaden erfreuten das Auge des Betrachters. Abseits der Zentren zeigte sich allerdings Verfall und Zerstörung.

Angeregt durch Fragmente deutscher Beschriftungen fühlte ich mich berufen, meine Mitreisenden auf die deutsche Vergangenheit des Sudetengebietes aufmerksam zu machen. Ich erntete Unwissenheit, wenn nicht gar Unverständnis und mußte mich belehren lassen, daß wir uns doch in "Tschechien" befänden. Meinen Hinweis auf ehemals deutsche Gebiete und Vertreibung der Sudetendeutschen nahm man nicht ernst. Hier ist Tschechien. Warum sollten hier einmal Deutsche gelebt haben, waren die Entgegnungen. Ich war erschüttert ob solcher Ignoranz deutscher Mitbürger. Nach mehrmaligem Bemühen wollte ich mein Vorhaben der Belehrungen gerade aufgeben, als ich an einen in Brünn geborenen Mitreisenden meines Alters geriet. Nun erhoffte ich mir durch ihn Unterstützung. Ich brachte das Thema auf den Brünner Todesmarsch, wurde jedoch sogleich unterbrochen mit der Behauptung, daß es einen Marsch mit Todesfolgen, ausgelöst durch Massaker, nie gegeben habe. Besagter Herr habe als Kind diesen Marsch mitgemacht. Alte, Kranke und Kinder waren zwar manchmal erschöpft am Straßenrand liegengeblieben; möglicherweise auch nachher gestorben. Geschlagen, vielleicht auch getötet worden seien nur tschechische Kollaborateure, die sich vorher mit den Nazis eingelassen hatten. Die Erzählungen über den sogenannten Todesmarsch seien zum Teil aus der Luft gegriffen, zum Teil weit überzogen. Nach diesem Disput gab ich mein Vorhaben, die Mitreisenden über historische Fakten zu unterrichten, auf. Die von mir angesprochene tschechische Reiseführerin aus Prag wich meinen Einwendungen und Fragen ohnehin ständig aus. Während all ihrer Erklärungen erwähnte sie die deutsche Vergangenheit bzw. die Vertreibung der Sudetendeutschen mit keinem Wort.

Zum Programm dieser Tage gehörte auch die Besichtigung eines Krippenmuseums. Laut Preistafel sollte der Eintritt 10 Kronen, also ein sehr geringer Betrag, kosten. Als unsere tschechische Reiseführerin, zurückgekehrt von der Kasse, verlauten ließ, daß Ausländer 30 Kronen zu bezahlen hätten, verließ ich unter lautem Protest das Gebäude. Außer drei oder vier Personen folgten mir sämtliche Reiseteilnehmer. Hier ging es nicht um den Preis, sondern ums Prinzip. In Deutschland dürfte man sich eine derartig "ausländerfeindliche Handlungsweise" nicht erlauben. Ähnliches erlebten wir als deutsche Gruppe in einem Restaurant, in dem man uns für eine Krautsuppe und einen Teller Graupen, ein Gericht von einem Wert von ca. DM 2,00, insgesamt DM 15,00 abverlangte.

Es ist mehr als traurig, daß der größte Teil des deutschen Volkes an der wahren Geschichte nicht interessiert ist, daß einige sudetendeutsche Landsleute die Wahrheit ignorieren und daß unsere Politiker einen EU-Beitrittskandidaten favorisieren, der die Voraussetzungen dafür in keiner Weise mitbringt.

[Betonung vom Scriptorium hinzugefügt.]