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Hennersdorf
(Kreis Jägerndorf)

Bericht Nr. 201
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Vergewaltigungen, Erzwingung unwahrer Geständnisse
Berichter: Rudolf Knauer Bericht vom 1. 2. 1947

Lage von Hennersdorf und JägerndorfAls Augenzeuge und Opfer von barbarischen Methoden in meiner Heimatgemeinde Hennersdorf und in dem Aussiedlungslager in Jägerndorf, Troppauer Straße, in dem ich vom 13. August 1945 bis 15. Februar 1946 interniert war, erlaube ich mir folgenden Tatsachenbericht vorzulegen, der sich auf eigene Erlebnisse und Aussagen der Gequälten stützt.

Von der Wehrmacht zurückgekehrt, traf ich zu Pfingsten 1945 in meinem Wohnort Hennersdorf ein. Unsere Wohnung war erbrochen, die Schränke und Schubladen durchwühlt, russische Truppen waren als Besatzungsmacht in der Gemeinde einquartiert, die für Ruhe und Ordnung Sorge tragen sollten. Die Bevölkerung der rein deutschen Gemeinde ging in gewohnter Weise der Arbeit nach, als Anfang Juni 1945 die ersten tschechischen Gendarmen, Finanzwachbeamte zugewandert kamen. Diese gründeten einen Národní Výbor, der gleichzeitig die Gemeindeamtsgeschäfte übernahm. Mit dieser Übernahme begann nun unser Leidensweg, eine wahre Jagd auf die
N = Nemec = Deutscher
"N" = "Nemec" = "Deutscher"
[Photo aus dem Buch Schreie aus der Hölle ungehört v. Ingomar Pust.]
bodenständige, arbeitsame, deutsche Bevölkerung, nachdem sie sämtliche Waffen (Jagdgewehre, Luftdruckgewehre, Stichwaffen u.ä.) vorschriftsmäßig abgeliefert hatte. Gleich welcher politischen Partei die Sudetendeutschen angehörten, mußten sie ein "N" (Nemec), übersetzt "Deutscher", auf dem Rock tragen, durften nicht den Gehsteig und die Eisenbahn benützen, keine Gasthäuser, Geschäfte nur zu einer festgesetzten Stunde, besuchen. Nach 20 Uhr durften wir uns nicht mehr auf der Straße zeigen.

Für die Frauen und Mädchen begann eine Schreckenszeit, da sie von den Soldaten der Besatzungsmacht bei Tag und Nacht verfolgt und vergewaltigt wurden. Die Männer konnten ihre Frauen und Töchter nicht schützen, ja mußten zusehen, wie die Opfer geschändet wurden. Mit Lkw. wurden nun tschechische Arbeiter aus der Gegend von Friedek-Mistek angesiedelt. Diese besetzten in erster Linie die Bauernhöfe, in den folgenden Tagen auch die übrigen Häuser, gaben sich als Verwalter aus, beschlagnahmten den ganzen Besitz, inklusiv Eßwaren, Kleidung, Wäsche, Wohnungseinrichtung und wiesen den auf diese Art über Nacht zu Bettlern gemachten Besitzern den kleinsten Raum im Hause oder anderen Wohnhäusern zu. Dabei kam es oft zu fürchterlichen Mißhandlungen. Ich war Zeuge, als 2 Bauern (Andres Josef und Stefan Adolf) so von tschechischen Partisanen geprügelt wurden, daß ich sie mit blutigem Gesicht und blutunterlaufenem Körper vorfand. Zur Erpressung eines Geständnisses drohte man ihnen mit dem Erschießen, wozu sie sich selbst das Grab schaufeln mußten. Da aber die Bauern schuldlos waren, trugen sie das angetane Unrecht wohl mit bewundernswerter Ruhe, standen aber mit ihren Angehörigen (Frauen und Kinder) furchtbare Qualen aus. Das war nur eine der oftmals angewandten Methoden dieser Unmenschen. In der zur Gemeinde gehörenden Kolonie Kuhberg, bestehend aus 10 Häusern, wurde sämtlichen Bewohnern (Holzarbeiter) die Nahrungsmittel (Fleisch, Mehl, Getreide usw.) geraubt und der Waldaufseher Schnaubelt auf eine andere Art gequält. Auch von ihm wollten sie ein unwahres Geständnis erzwingen. Er wurde verkehrt aufgehängt, auf die Fußsohlen geschlagen und aufgezogen. Als er bewußtlos war, begoß man ihn mit Wasser und wiederholte diese Methode einige Male und ließ ihn dann bewußtlos liegen. Mir hat es der Gequälte selbst erzählt und können es die Kuhbergbewohner, die gegenwärtig in Münnerstadt Kr. Bad Kissingen als Ausgewiesene wohnen, bezeugen. Bei den vor der Beschlagnahme von Haus zu Haus durchgeführten Hausdurchsuchungen wurde die gesamte Ortsbevölkerung bis zum Tage der Vertreibung mehr oder weniger verprügelt und beraubt.

Die Bauern waren gerade mit der Einbringung der Haupternte beschäftigt, als in der Nacht vom 12. zum 13. August 1945 sich eine Unruhe in der Gemeinde bemerkbar machte. Um 4 Uhr wurde plötzlich an unsere Tür gepoltert und uns im brüllenden Ton befohlen, mit 30kg Gepäck und für 4 Tage Verpflegung binnen 1 Stunde im Gutshof gestellt zu sein. Was man mit uns vorhatte, konnten wir nicht ahnen.

So wurden wir mit Gewehrkolben traktiert und zum Sammelplatz getrieben, wo wir bis 14 Uhr stehen mußten. Bei dieser Gelegenheit wurden alte Männer und Frauen geohrfeigt und geschlagen, wenn sie sich mit ihrem Gepäck nicht so rasch bewegen konnten. Kinder schrien vor Angst und Hunger, die Mütter weinten, weil uns die Begleitmannschaft wie Tiere anbrüllte.

So traten wir um 15 Uhr ohne Essen einen Fußmarsch ins Ungewisse an. Menschen wurden wie Tiere aus ihrer angestammten Heimat, deren Vorfahren sie vor 700 Jahren urbar gemacht hatten, vertrieben. Wir Unglücklichen, ca. 1200 Einwohner, meistens Frauen und Kinder und alte Leute, mußten 25 km auf der harten Bezirksstraße bis Jägerndorf marschieren, wo wir um ½12 Uhr nachts totmüde ankamen und in das Lager Troppauer Straße eingeliefert wurden. Hinter uns schlossen sich die Tore eines ringsum vergitterten Lagers, aus dem viele Hunderte nicht mehr lebend herauskamen. Für uns gab es aber noch kein Ausruhen. Die Familien wurden getrennt, die Männer mußten sich zur Registrierung anstellen. Nach Beendigung der Einvernahme wurden wir in stockfinstere Schupfen gesteckt, wo wir sitzend die Nacht verbringen mußten. Die Frauen und Kinder kamen in ganz verwanzte Baracken. Am nächsten Morgen mußten wir zur Leibesvisitation antreten. Wir wurden von tschechischen Lageraufsehern (Männern von 20 bis 50 Jahren) durchsucht. Sämtliches Bargeld, brauchbare Kleidungsstücke, sonstige Gebrauchsgegenstände wie Rasierapparate, Eßbestecke, ja selbst die Reiseverpflegung wurde uns weggenommen, wobei fast alle mit dem Gewehrkolben gestoßen und viele mit den Fäusten ins Gesicht geschlagen wurden. Nach dieser ersten Bekanntschaft mit den Repräsentanten des tschechischen Lagers, vor denen wir nur mit dem Hut in der Hand stehen durften, wurde uns eine sehr schadhafte Panzergarage als Schlafraum zugewiesen, die 2000 Menschen aufnehmen sollte. Die Strohstreu war voller Ungeziefer. Von 10 Uhr abends bis 5 Uhr früh durften wir die Garage nicht verlassen und mußten die Notdurft in aufgestellten Fässern verrichten. Angesprochen wurden wir nur mit: ihr deutschen Schweine. Beim Erscheinen eines Aufsehers, was fast jede halbe Stunde vorkam, mußte "Achtung" gerufen werden und ein jeder in der Stellung "Stillgestanden" verharren. Wenn der Ruf überhört wurde, was besonders bei älteren Männern der Fall war, wurde ihnen ein Schlag ins Gesicht versetzt, daß sie zu Boden sanken.

An einem Sonntag im September 1945 wurden wir zum Besuch unserer Angehörigen in das Lager am Burgberg geführt. Die Führung hatte der Oberaufseher, der sich Kommissar schimpfende Unmensch Hudec. Dieser Mann brachte es mit noch einigen Aufsehern fertig, uns ca. 300 Männer am Rückweg zu beschuldigen, 3 vorübergehende tschechische Offiziere nicht entsprechend gegrüßt zu haben und uns deshalb im Lager wie folgt zu bestrafen:

Er kommandierte "Pozor" (Stillgestanden), in welcher Stellung wir ½ Stunde verbleiben mußten. Andere Aufseher mit Stöcken sorgten dafür, daß wir in der richtigen Stellung verbleiben mußten. Hierauf begann erst die richtige Menschenquälerei. Es folgten abwechselnd die Kommandos: Wippen, nieder, auf den Ellbogen mußten wir uns über den großen Platz hin- und zurückarbeiten, wobei wir die Füße nicht zu Hilfe nehmen durften, dann mußten wir marschieren, abwechselnd mit Laufschritt. Die entkräfteten alten Männer wurden mit Fußtritten bedacht, wenn sie nicht mitkonnten, da es ja keine Rekruten, sondern über die Hälfte 60-jährige Männer, davon ca. 50 sogar über 70 Jahre alt waren. Töchter und Frauen sahen weinend der Menschenquälerei zu, ohne helfen zu können. 2 volle Stunden litten diese unschuldigen Männer, unter denen auch ich mich befand, bis sie zusammenbrachen. Der Sadismus kannte keine Grenzen. So mußten andere nach uns ins Lager eingelieferte Transporte (Frauen, Kinder und Greise) 3 bis 4 Tage auf einem Zementboden, über dem ein Dach gespannt und der ringsum nur vergittert war, in kalten Herbsttagen nächtigen, bevor ihnen Baracken zugewiesen wurden. Im Spätherbst wurden wir so viel Männer in einer Baracke zusammengedrängt, daß 2 Männer auf einem Bettgestell liegen mußten, nachdem wir durch Wochen auf dem blanken Fußboden gelegen hatten. Die meist an Hungertyphus erkrankten Personen konnten nur auf kleinen Handwagen (Leiterwagen für Kinder) von Lagerinsassen ins Krankenhaus geführt werden.

Das Lager war zugleich ein Sklavenmarkt. Von hieraus wurden die Transporte für die Kohlengruben Mährisch Ostrau und ins tschechische Gebiet zu landwirtschaftlichen Arbeiten zusammengestellt. Die Beförderung dorthin erfolgte in offenen Waggons. Nicht nur als Lebende, sondern auch als Tote wurden die Opfer tierisch behandelt. Kein Geistlicher kümmerte sich um die Seelsorge, trotzdem 3 Monate nach unserer Einlieferung zwei wohlgenährte tschechische Geistliche im Lager alle Sonntage vor einer Latrine die Heilige Messe unter freiem Himmel hielten und daher genau wußten, wie barbarisch wir behandelt wurden. Nicht ein Wort des Mitgefühls oder der Kritik war zu hören.

Verpflegung: Frühstück: gekochtes, braunes Wasser, sogenannter Kaffee oder Tee ohne Zucker; Mittagessen: ungesalzene Kartoffelsuppe (meist gefrorene Kartoffel), der Kartoffelmehl beigemischt war und [die] als ganzes einen ungenießbaren Schleim darstellte; Abendessen: siehe Frühstück und 200 Gramm Brot für den ganzen Tag.

Für diese Kost, um die sich jeder in Schlangenlinie bei Regen und Schnee stundenlang anzustellen gezwungen war, mußten die Männer und Frauen den ganzen Tag schwer arbeiten, erhielten keinen Lohn und wurden nach der Arbeit, bei den jeden Abend um 19 Uhr stattfindenden Appellen, bei denen die Männer auch bei Regen und Kälte ohne Kopfbedeckung antreten mußten, durch Schikanen oft 2 Stunden gequält. Die Folge davon war, daß schon nach einigen Wochen die Lagerinsassen zum Skelett abmagerten und besonders die älteren Leute an Hungertod starben.

Daß wir über den Winter kein Heizmaterial zugewiesen erhielten, sei nur kurz erwähnt und gehört ja zur bestialischen Behandlung, wie auch die Tatsache, daß mit den Aussiedlertransporten ausgerechnet im Januar 1946 begonnen wurde. So sah die von der Welt verkündete humane Aussiedlung in Wirklichkeit aus, und es schweigt merkwürdigerweise die übrige Kulturwelt zu all diesen Greueltaten. Unser Siedlungsgebiet war niemals tschechisch.



 

Hermannstadt


Bericht Nr. 202
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Erschießung eines deutschen Mädchens
Berichter: J. Schöppel Bericht vom 6. 10. 1946

Lage von HermannstadtAm 8. 7. ds. Js. wurde meine Tochter Hildegard, geb. am 3. 6. 1928, von dem tschechischen Kommissar Konecny Anton in Hermannstadt erschossen. Sie war bei einem tschechischen Bauern den dritten Tag im Dienst und breitete gerade Dünger am Düngerhaufen aus, als der Kommissar, der in demselben Hause wohnte, aus dem Hause trat und mit einem 9 mm Flaubert-Gewehr auf sie schoß. Sie wurde in die rechte Brust getroffen und verschied am nächsten Tag früh. Das angeforderte Rettungsauto erschien erst nach 5 Stunden, um sie ins Krankenhaus zu bringen. Konecny rechtfertigte sich dadurch, daß es ein Zufallstreffer gewesen sei. Der tschechische Bauer, bei dem meine Tochter beschäftigt war, erzählte mir, daß Konecny schon in Römerstadt ein Mädchen erschossen haben soll. Eine Woche vorher gefährdete er mit seiner Waffe auch den deutschen Bauern Kröner und seinen Sohn.



 

Hermersdorf / Zwittau


Bericht Nr. 203
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Plünderung, Mißhandlung
Berichter: Franz Kreissl Bericht vom 26. 9. 1946

Lage von Hermersdorf und ZwittauIch arbeitete als Bergmann in den Lichtensteinischen Kohlen- und Tonwerken. Am 2. 9. 45 wurde meine Wohnung von Tschechen völlig ausgeplündert. Kleidung und Wäsche, Betten, Geschirr und Lebensmittel sowie einige Musikinstrumente wurden mir dabei entwendet. Am 9. 9. 45 kamen die Tschechen wieder und mißhandelten mich und meine Frau, die im 7. Monat schwanger war. Sie schlugen uns mit Knüppeln, Pistolen und Gewehrkolben und stießen uns mit den Füßen. Mir und meiner Frau steckten sie Stecknadeln unter die Fingernägel. Ich selbst wurde dann aus Mund und Nase und aus 2 Kopfwunden blutend abgeführt, nach einigen Stunden aber wieder nach Hause entlassen. Am nächsten Tag kamen die Tschechen wieder und zwangen meine Frau trotz ihrer Schwangerschaft auf das Motorrad, mit dem sie mich vom Arbeitsplatz holten. Ich wurde nun interniert. Im November wurde meine Frau mit den Kindern nur mit einigen alten Fetzen aus dem Hause gejagt, 2 Tage bevor sie entbunden hat. Am 19. 1. 46 wurde ich auf Veranlassung des Betriebes aus dem Lager entlassen.



 

Hinterkotten


Bericht Nr. 204
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Lager Kuttenplan, Vertreibung vom Bauernhof
Berichter: Engelbert Watzka

Lage von HinterkottenEnde Juli 1945 kam in unsere Gemeinde ein tschechischer Bürgermeister mit seinem Sekretär, übernahm das Bürgermeisteramt und ließ die Volksschule räumen, worin er sich seßhaft machte. Aus den Städten erfuhr man, daß schon im September Transporte Vertriebener ausgesiedelt wurden. Ab 15. August kamen die ersten kommunistischen Tschechen, wir nannten sie nur Kommissare, in unser Dorf. Sie sahen aus wie Landstreicher, schlecht gekleidet, schmutzig, zerrissenes Schuhwerk und jeder eine Aktentasche unterm Arm, aus der sie immer eine Bescheinigung herausbrachten und vorzeigten, daß sie das Recht haben von der tschechischen kommunistischen Regierung, jeden Bauernhof sowie Wirtschaften und Geschäftshäuser wegzunehmen und sie zu verwalten. Es kamen öfters 10-15 Tschechen, streiften in unserer Ortschaft herum, sahen sich die schönsten Bauernhöfe und alle neugebauten Häuser an und schrieben die Hausnummern auf. Am folgenden Tag kamen sie wieder mit nichts und mit dem Oberkommissar und übernahmen die Höfe und Wirtschaften. Es kamen auch ganze Familien und die Deutschen mußten sofort ihr Anwesen verlassen, sie wurden in leerstehende Zimmer verwiesen. Sie mußten den Tschechen alles Hab und Gut dort lassen, bis auf einige Möbel, Betten und Federbetten, Kleidung und Wäsche. Bis September wurde unser Ort, welcher 130 Hausnummern zählte, von 76 tschechischen Farnilien besetzt. Den ganzen Tag mußten wir arbeiten. Früh morgens um 5 Uhr wurden täglich durch tschechische Posten die Straßen abgesperrt, am Abend ab 7 Uhr durfte sich kein Deutscher mehr auf den Straßen blicken lassen. Standen bei Tage mehr als 2 Personen zusammen, dann wurden sie auseinander getrieben. Unter den eingedrungenen Tschechen befanden sich höchstenfalls 4-5 Berufsbauern. Alle anderen waren Zirkusspieler, Marktkünstler, Schauspieler, Meierhofknechte und größtenteils arbeitsscheue Landstreicher. Der erste Transport aus Hinterkotten als Zwangsarbeiter ins Innere Böhmens ging Anfang Oktober ab mit 5 Familien und kamen diese noch vor Weihnachten des laufenden Jahres wieder zurück. Sie berichten und sagten aus, daß sie den ganzen Tag im Freien, auch in grimmiger Kälte Feldarbeiten machen mußten, mit spärlicher Kost, und bei Nacht in ungeheizten Notwohnungen, wo der Wind hineinstrich, schlafen mußten. Als die Familien zurückkamen und in ihr Eigentum zurückwollten, war dieses bereits von den Tschechen beschlagnahmt und sie wurden nicht mehr hineingelassen, sie wurden in leere Zimmer gesteckt.

Ende September 1945 kam zu uns ein tschechischer Verwalter und wollte unsere Wirtschaft haben. Er verstand schlecht deutsch. Er kam später mit dem Oberkommissar zurück. Es waren beide Jugendliche im Alter von 19-20 Jahren. Er sagte mir, daß die Wirtschaft jetzt ihm gehöre, alles was im Haus, Stall und Hof sich befinde gehöre seinem Kollegen Josef Rojsek. Er fragte nach den Sparkassenbücher und nach Bargeld. Sie gingen dann von Raum zu Raum, Hofe, Stall, Getreideboden und nahmen alles auf, er sperrte alles ab und sagte uns, wenn wir etwas brauchten, müßten wir ihn fragen. Josef Rojsek benützte sogleich unser bestes Zimmer mit unseren guten Sachen. Er war ein früherer Fleischerlehrling, er hatte keine Kenntnisse und keine Idee von der Landwirtschaft. Die Dolmetscherin mußte jeden Morgen kommen und uns sagen, was er wünschte. Er war nur fürs Essen und ein Trinker aber nur nichts arbeiten. Wir mußten die Wirtschaft weiterführen, er schaute nur manchmal nach. So litten wir keine Not, was wir brauchten, bekamen wir. Der erste Transport aus Hinterkotten ging Ende Januar 1946 weg. Das Gepäck, 50 kg, wurde am Bürgermeisteramt kontrolliert und alles, was neu war, wurde weggenommen. Die Armen mußten erst ins Lager Kuttenplan, wo sie 10-14 Tage ausharren mußten. Sie litten auch Hunger, wenn nicht Verwandte und Freunde aus unserem Dorfe ihnen heimlich Lebensmittel ins Lager brachten. Auf dem Transport, bei der Kälte, der Zug hielt manchmal den ganzen Tag und es dauerte 6 bis 8 Tage, der Wind pfiff durch die schlechten Viehwaggons, wurden die Meisten krank und einige starben auf dem Transport.

Ende April 1946 brach in Kuttenplan Feuer aus, es war abends, ein Haus brannte ab, ca. 1 Stunde von uns entfernt. Am selben Abend noch kam die tschechische Gendarmerie, trieb alle Männer der Gemeinde zusammen und fort von unserem Ort. Sie wurden nach Promenhof zum Zollamt, wo die Gendarmerie untergebracht war, gebracht, dort wurden sie alle mit Gummiknüppeln, Stiefeln und Prügeln geschlagen. Am anderen Tage wurden sie nach Plan getrieben, durch unseren Ort mußten sie marschieren, es waren über 100 Männer. In Plan kam die Hälfte ins KZ, hauptsächlich die jüngeren Männer zu Zwangsarbeit bei Wasser und Brot. Auch wurden viele von ihnen ins Innere Böhmens zur Zwangsarbeit verschleppt.

Am 26. Juni, am Abend, als wir von der Heuernte heimkamen, kam der Ortspolizist Mann ganz unverhofft zu uns mit dem Auftrag: "Familie Watzka, morgen früh 7 Uhr, bereit zum Transport." Unser Tscheche wollte, daß wir blieben. Wir mußten zum Bürgermeisteramt, wo unser Gepäck nochmals kontrolliert wurde, die wertvollsten Gegenstände wurden uns genommen. Wir kamen um 11 Uhr im Lager Kuttenplan an. Jede Familie mußte ihr Hab und Gut auf ein Häufchen zusammenschlichten, dann kam die tschechische Gendarmerie, zählte die Köpfe der Familien und schätzte die Häufchen mit dem Gepäck nochmals ab. Bei geringer Familienzahl wurde manchem noch 1 Koffer oder Gepäck abgenommen. Wir wohnten im dritten Stock des Schlosses, 4 Familien waren in einem Zimmer eingepfercht. Wir brauchten nur 4 Tage dort bleiben. Am 2. Tag wurden wir ärztlich untersucht und desinfiziert, den 3. Tag bekamen wir pro Kopf 500 RM vom Lagerverwalter ausbezahlt. Am 30. Juni kam unser Gepäck aus den Kellern und wurde eingeladen, dann mußten die Wagen bewacht werden von den Unsrigen unter tschechischer Aufsicht. Am 1. Juli [1946], Montag nachmittag, war am Lagerplatz im Vorraum ein Altar angebracht, wo ein Geistlicher zum Abschied ein Meßopfer las und nachher eine Predigt hielt und uns den Segen gab. Nachher mußten wir Vertriebenen uns alle versammeln auf Befehl der tschechischen Kommandanten. Ein höherer Beamter in Uniform hielt eine Ansprache, wie wir uns während des Transportes zu verhalten hätten. Anschließend wurden wir 1200 Personen in Viererreihen aufgestellt und von Ordnern zum Bahnhof getrieben. Jeder bekam seine Waggonnummer ausgehändigt. Es kamen immer 30 Personen in einen Wagen. Wir mußten in den Wagen übernachten bis am Morgen des 2. Juli [um] 4 Uhr 15 der Transport abging. Es dauerte stundenlang ehe wir nach Eger kamen. Nachmittag erreichten wir deutschen Boden und konnten uns von den weißen Armbinden befreien.



 

Hloubetin


Bericht Nr. 205
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Rettung eines reichsdeutschen Soldaten
durch einen Lagerkommandanten 1945

Berichter: Erwin Rebel Bericht vom 16. 6. 1950

Lage von HloubetinIch halte mich verpflichtet, obwohl auch ich manche gewichtige Klagen vorzubringen hätte, über einen Tschechen zu berichten, der mir das Leben gerettet hat.

Am 8. 5. 1945 kam ich mit noch 2 Soldaten im Auftrage meiner Einheit nach Badnovice bei Eipel (Ipolice) an der Nordwestecke der CSR um dort Quartier zu machen. Infolge der Kapitulation nahm offenbar meine Truppe einen anderen Weg und kam nicht mehr an den vereinbarten Ort. Ich hatte jedoch mit dem Bürgermeister und den sonstigen Gemeindeeinwohnern in Badnovice Fühlung genommen und fand eine durchaus korrekte Aufnahme. Als ich mit dem Fahrrad und später zu Fuß die deutsche Grenze erreichen wollte, wurde ich zusammen mit anderen Soldaten gefangen genommen und kam dann auf verschiedenen Umwegen in das Internierungslager Prag-Hloubetin. Der damalige Lagerkommandant war N.N. aus Hloubetin. Da mir bei meiner Gefangennahme sämtliche Papiere einschließlich meiner Oberkleider und meiner Schuhe abgenommen worden waren, konnte ich mich nicht ausweisen. Es wurde mir daher empfohlen, mir von irgendeinem Orte bestätigen zu lassen, daß ich als Soldat nicht in Kriegshandlungen innerhalb der CSR verwickelt war und auch nicht der SS, Gestapo o.ä. angehört habe. Mit Genehmigung des Lagerkommandanten N. N. schrieb ich an den Bürgermeister in Badnovice und bat um eine diesbezügliche Bescheinigung, da ich dort genaue Personalangaben gemacht und auch in der Unterhaltung mit den Gemeinderäten Näheres über mich berichtet hatte.

Einige Wochen darauf kam an das Lager ein Brief, in dem zwar bestätigt wurde, daß ich am Kapitulationstage mich in Badnovice aufgehalten und korrekt benommen habe, ich sei jedoch nach Aussagen einiger Ortsbewohner nach einigen Tagen mit einem Artillerie-Regiment wiedergekommen und sei wahrscheinlich an der Erschießung zweier Tschechen beteiligt gewesen. N. N. hätte diesen Brief der im Lager anwesenden gerichtlichen Untersuchungskommission übergeben sollen. Dies hätte zur Folge gehabt, daß ich der Lagerwache, die nicht der Kommandogewalt des Lagerkommandanten unterstand, überstellt worden wäre, die gerade in diesen Tagen 2 Lagerinsassen lediglich aufgrund von ungeprüften Denunziationen zu Tode geprügelt hatten. Ich habe selbst geholfen, die blutgetränkten Leichen auf einen Kraftwagen zu laden. N. N., der mich als Barackenältesten kannte, ließ mich zu sich kommen, vernahm mich eingehend und übergab mir, nachdem er aufgrund der Vernehmung wohl die Überzeugung gewonnen hatte, daß die Angaben aus Badnovice nicht stimmen konnten, den Brief zur Vernichtung. Der Brief wurde von mir sofort verbrannt. Durch diese Handlungsweise hat N. N., unterstützt von seinem Dolmetscher N. N., der noch im Jahre 1947 als freier Arbeiter in Prag lebte, mir das Leben gerettet.

Dieses Ihnen mitzuteilen, hielt ich für meine Pflicht.


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Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort