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Jägerndorf

Bericht Nr. 28
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Lager Jägerndorf, Schwere Mißhandlungen eines 71-jährigen
Berichter: Josef Kramlovsky Bericht vom 29. 6. 1946

Lage von JägerndorfIm Juni 1945 wurde ich von Partisanen ins Lager Jägerndorf gebracht. Die gesamte deutsche Bevölkerung Jägerndorfs wurde damals in mehreren Lagern zusammengefaßt. Bei der Einlieferung wurde jeder völlig ausgeraubt. Einige Tage später wurde jeden Tag abends zum Antreten befohlen. Dann mußten wir im Kreise herummarschieren. Plötzlich wurde Laufschritt kommandiert. Da ich seit dem ersten Weltkrieg eine Gewehrkugel im Hüftgelenk habe, konnte ich mit meinen 71 Jahren nicht schnell laufen. Da stürzte sich ein Partisane auf mich und sprang mir mit den Stiefeln in den Bauch, daß ich mit Krämpfen zusammenbrach. Dann trat er mich mehrmals in das Bein und schrie: "Deutsche Kanaille, wenn Du Dich morgen krank meldest, wirst Du erschossen". Am nächsten Tag hatte ich ein geschwollenes Bein, sodaß ich nicht gehen konnte. Ich wagte aber nicht zum Arzt zu gehen und schleppte mich mühsam weiter. Um den ständigen Drangsalierungen und Mißhandlungen zu entgehen, meldete ich mich mit meiner Frau, die damals 66 Jahre alt war, in ein Betriebslager, wo wir arbeiteten. Auch dort wurden wir ständig drangsaliert. Wir mußten uns selbst verpflegen und bekamen für die geleistete Arbeit keinen Lohn. Am 7. 12. 45 wurden meine Frau und ich auf Grund unseres Alters aus dem Lager entlassen. Unsere Wohnung war inzwischen mit der gesamten Einrichtung, Wäsche und Kleidern beschlagnahmt worden. Wir durften die Wohnung nicht mehr betreten und bekamen auch von unseren Sachen nichts mehr heraus. Wir mußten als Schlafgeher zu Bekannten gehen. Für die Aussiedlung haben wir uns etwas Gepäck zusammengebettelt.

Auch im Aussiedlungslager wurden die Leute durch strenge Bestrafung und Beschimpfungen eingeschüchtert. Die Kontrollorgane nahmen den Leuten weg, was ihnen gefiel.



 

Bericht Nr. 29

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Mißhandlungen auf dem Transport und im Lager
Berichter: Johann Korsitzke Bericht vom 4. 7. 1946 (Jägerndorf)

Lage von JägerndorfIch wurde am 13. 6. v. J. in meiner Wohnung verhaftet und 3 Wochen im Kreisgericht Jägerndorf festgehalten. Verhört wurde ich niemals. Bei der Einlieferung ins Kreisgericht wurde ich so lange geschlagen, bis ich bewußtlos war. Dann wurde ich mit ungefähr 250 Mann, für die nur 2 Waggons zur Verfügung standen, nach Mährisch-Ostrau gebracht. Während des Transportes ging ein Posten hin und her und schlug wahllos mit seiner Peitsche auf unsere Köpfe. Dann gab er einigen den Befehl, den Mund zu öffnen. Der Posten spuckte hinein. Während des ganzen Transportes mußten wir in jeder der über 20 Haltestellen des Zuges das Deutschland- und das Horst-Wessel-Lied singen. Bei völlig ungenügender Verpflegung mußten wir in Ostrau in der Koksanstalt schwerste Arbeit leisten, sodaß alle bald von Kräften kamen. Im Juli wurde ich einmal geschlagen, da ich mit einem Kameraden einige belanglose deutsche Worte sprach. Das Deutschsprechen unter den Deutschen war im Lager außerhalb der Stuben verboten. Im Dezember wurde ich krankheitshalber entlassen und arbeitete dann in Jägerndorf bei einem bekannten Tschechen.



 

Bericht Nr. 30

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Vergewaltigungsversuche
Berichterin: Erika Kunisch Bericht vom 13. 12. 1945 (Jägerndorf)

Lage von JägerndorfIch kam mit meiner Mutter Anfang Juni nach Jägerndorf, das während der Kriegshandlungen geräumt worden war, zurück und wohnte dann später in Braunsdorf bei Jägerndorf. Während in Jägerndorf die Deutschen sogleich in Lager gesteckt wurden, konnten wir in Braunsdorf zunächst in unseren Wohnungen bleiben. Die Tschechen hielten den Ort aber unter strenger Beobachtung. Sie hatten u. a. im Kirchturm ein MG postiert und schossen auf alle, die versuchen wollten, das Dorf ohne Erlaubnis zu verlassen.

Ende Juli kam ich mit meinen Eltern dann doch in ein Lager nach Jägerndorf, wo wir alle sehr schlecht behandelt wurden. Die Verpflegung war außerordentlich schlecht. Die Männer wurden nach und nach in die Bergwerke kommandiert, viele wurden ohne jeden Grund erschossen. Die Frau des Bürgermeisters Kieslich von Braunsdorf wurde verprügelt, mit kaltem Wasser begossen und dann von tschechischen Partisanenposten erschossen. Wir mußten bei dieser Erschießung alle zusehen.

Am Abend ließen die Tschechen oft russische Soldaten in das Lager, die nach deutschen Mädchen und Frauen suchten und sie vergewaltigten. Ich selbst war mit meiner Mutter von einem tschechischen Leutnant bereits in das Auto eines russischen Offiziers gebracht worden. Meine Mutter täuschte aber einen Ohnmachtsanfall vor und so kamen wir wieder frei.

Mitte Juli war meine Tante wieder in Braunsdorf gewesen. Als sie den Ort verließ, wurde ihr auch von den 30 kg Gepäck alles weggenommen. Auf Deutsche, die in die Berge flohen, schossen die Tschechen vom Kirchturm aus.

Im Lager in Jägerndorf wurde ich als Lokomotivwäscherin verwendet. Meine Verpflegung bestand aus 100 gr Brot, früh und Mittag ein halber Liter Suppe. In Jägerndorf versuchten auch die tschechischen Posten, uns zu mißbrauchen. Es gelang mir, in das Altvatergebirge zu entkommen, wo ich bei meiner Tante zunächst unterkommen konnte. Später ging ich dann nach Deutschland.



 

Bericht Nr. 31

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Burgberglager, Mißhandlung mit Todesfolge
Berichterin: Olga Arndt Bericht vom 19. 6. 1946 (Jägerndorf)

Lage von JägerndorfIch wurde Ende Mai mit mehreren hundert Frauen und Kindern mit Peitschen und vorgehaltenen Pistolen aus der Wohnung durch die Straßen von Jägerndorf ins Burgberglager gejagt. Dort wurden wir in meistens vollkommen leere Baracken getrieben, wo wir 3 Tage ohne Essen blieben. Im selben Lager waren auch Männer untergebracht, die durch 14 Tage hindurch täglich mehrmals auf entblößtem Oberkörper von der tschechischen Miliz in blauer Uniform verprügelt wurden. Zwei Männer, darunter ein gewisser Sieber, wurden zu Tode geprügelt. Sieber wurde im Hof des Lagers begraben. Auf die Grabstelle wurde eine Klosett gesetzt.

Nach ungefähr vier Tagen erschien eine Frau in Uniform. Wir mußten antreten und diese Frau nahm uns das sämtliche Geld, den Schmuck und die Sparkassenbücher ab. Gleichzeitig wurden die Baracken durchsucht. Mich rief diese Frau, als ich alles abgegeben hatte, heraus mit den Worten: "Du schwarze Bestie, komm her!" Sie tastete mir den ganzen Körper in der gemeinsten Weise ab, ohne etwas zu finden. Sie schlug mich dann dreimal ins Gesicht, zog mich bei den Haaren und jagte mich mit einem Schimpfwort davon. Nach 14 Tagen kam ich in ein Fabriklager, wo die Verhältnisse wesentlich besser waren.



 

Bericht Nr. 32

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Schwere Mißhandlungen im Gerichtsgefängnis
Berichter: Otto Langer, Tierarzt Bericht vom 30. 9. 1946 (Jägerndorf)

Lage von JägerndorfObwohl ich niemals bei einer politischen Partei oder Organisation gewesen bin, wurde ich am 15. 6. v. Js. in Braunsdorf verhaftet und in das Jägerndorfer Gerichtsgefängnis eingeliefert. Dort wurde ich ohne jeden Grund durch einige Tage hindurch wiederholt schwer mißhandelt. Da ich Tierarzt bin, erschien ich den Tschechen zur Behandlung der deutschen Mitgefangenen geeignet, die sie nur als Tiere bezeichneten, auch in den Zellenaufschriften. Dabei bekam ich die entsetzlichen Folgen der schweren Mißhandlungen zu sehen und war auch wiederholt Augenzeuge solcher Mißhandlungen. Die Mißhandlungen wurden mit Gummischläuchen, Stahlkabeln, Peitschen, Stuhlbeinen, Gummiknüppeln usw. vorgenommen. Jeder bekam bei einer Mißhandlung 80-160 Hiebe von mehreren Leuten. Oft wurden tschechische Zivilisten von der Straße zur Vornahme solcher Mißhandlungen hereingerufen. Ich sah selbst, wie zwei Leute so zerschlagen waren, daß sie in zwei Tagen starben. Einer davon war der Gärtner Schmalz aus Olbersdorf. Einen behandelte ich mit einem Schlüsselbein- und Oberarmbruch, der durch Schläge verursacht war. Ich beantragte Überführung in das Krankenhaus, die mit den Worten: "Für Deutsche gibt es kein Krankenhaus", abgelehnt wurde.

Als ich eine deutsche Frau mit einer eitrigen Fußverletzung verbinden wollte, wurde ich von einem Aufseher daran gehindert: Deutsche sind nur Tiere, es ist schade um den Verbandstoff.

Ich habe nach den Mißhandlungen viele Körper gesehen, die buchstäblich keinen weißen Fleck mehr aufwiesen. Drei Häftlinge haben sich in der Verzweiflung wegen der ausgestandenen Mißhandlungen erhängt, darunter eine junge Frau, deren Leichnam man drei Tage trotz der großen Junihitze in der Zelle liegen ließ. Als ein Transport von 160 Mann nach Wittkowitz abging, wurden zahlreiche Häftlinge buchstäblich halb nackt mitgeschickt, da man ihnen bessere Kleidungsstücke und Schuhe abgenommen hatte. Die Verpflegung bestand nur aus Wassersuppen, die erste Woche erhielten wir pro Mann und Woche 100 g Brot, später dieselbe Menge zweimal wöchentlich. Infolge der Unterernährung traten schwere Durchfälle auf, es mangelte an Medikamenten und sanitären Einrichtungen. In Zellen mit 14,3 qm Bodenfläche waren meistens 17, einigemale 32 Häftlinge untergebracht. Die Zellentüren wurden ständig geschlossen gehalten, der Kübel zur Verrichtung der Notdurft reichte bei weitem nicht aus. An Trink- und Waschwasser erhielten wir pro Tag und Zelle nur einen Dreiliterkrug. Am 7. 8. v. Js. wurde ich entlassen und durch die Bezirkskommission in Olbersdorf als Tierarzt angestellt. Meine Frau war unterdessen zur landwirtschaftlichen Arbeit verschickt worden, von der sie schwere gesundheitliche Schäden davontrug. Wegen dieser wurde sie dann im März zu mir entlassen. Von unseren Sachen haben wir nie mehr etwas gesehen. Unser Aussiedlungsgepäck besteht vorwiegend aus Geschenken.


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Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort