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Bd. 4: Der Seekrieg - Der Krieg um die Kolonien
Die Kampfhandlungen in der Türkei
Der Gaskrieg - Der Luftkrieg

Abschnitt: Der Luftkrieg   (Forts.)
Major Hans Arndt

3. Mobilmachungsvorbereitungen. Taktische Grundsätze für den Krieg. Mobilmachung.

Ballon und Lenkluftschiff.

Deutscher Fesselballon beim Aufstieg zur Beobachtung des Feindes und des deutschen Artilleriefeuers.
Deutscher Fesselballon beim Aufstieg
zur Beobachtung des Feindes und des deutschen
Artilleriefeuers.      [Vergrößern]

Aus: Der Weltkrieg in seiner
rauhen Wirklichkeit
, S. 331.
Die Erfahrungen mit Fesselballonen und Luftschiffen hatten im allgemeinen die Ansichten über ihre Verwendung im Kriege geklärt. Der Freiballon war in den Hintergrund getreten. Indes glaubte man, ihn als Erkundungsmittel noch in geringem Umfang im Festungskrieg benutzen zu können. - Der Fesselballon sollte in erster Linie im Stellungs- und Festungskrieg eingesetzt werden. Dem schnellen Verlauf der Schlachten im Bewegungskriege glaubte man ihn trotz seiner großen [543] Beweglichkeit nicht gewachsen. Flugzeug und Luftschiff sollten sie ersetzen. Beim Angreifer und Verteidiger stand Erkundungstätigkeit für die höhere Truppenführung mit eng begrenzten Aufgaben im Vordergrund. Von weit vorgeschobenen Beobachtungspunkten aus sollten Ausladestellen, Parks, Belagerungsbatterien und schließlich Angriffsrichtung des Feindes beobachtet und mit Bildgerät festgelegt werden. Erst im Fortschreiten des Angriffs wollte man Schußbeobachtung und Überwachung des Artilleriekampfes übernehmen.

Noch schärfer tritt die gleiche Absicht im Bewegungskrieg hervor. Die taktische Erkundung im Sinne des höheren Truppenführers, der telephonisch mit dem Beobachter im Korb verbunden war, hatte den Ballon aus dem reinen Truppendienst zunächst fast ausgeschaltet. Sein auf 10 km begrenztes Gesichtsfeld wies ihm im Vormarsch einen Platz in der Vorhut zu.

Die an der Küste und vom Schiff auf See, außer bei Nebel, günstigere Sicht ließ den Fesselballon auch der Marine als beachtenswertes Beobachtungsorgan erscheinen, namentlich für Blockadeverhältnisse.

Die Großerkundung im Rahmen operativer Handlungen lag - nach den bisherigen Friedenserfahrungen jedoch nur teilweise gerechtfertigt - mehr bei den Lenkluftschiffen als bei den Flugzeugen. Ihr großer Aktionsradius - vom Generalstab im Januar 1914 auf 500 bis 600 km bei 2400 m Steighöhe als Mindestleistung gefordert - war beim Flugzeug bisher nur als Rekordziffer bekannt. Ihre Tragfähigkeit bestimmte sie in zweiter Linie zu Bombenangriffen gegen Festungen, Ausladepunkte, Depotanlagen und im Operationsgebiet liegende Industrieanlagen. Bei Fahrten bis 600 km rechnete man rund 300 kg Bomben als Last, bei kürzeren entsprechend mehr.

So sah der Mobilmachungsplan 1914/15 die nachstehende Aufstellung (Seite 544) vor.

Die Mobilmachung erfolgte für die Luftschifferformationen durch das Luftschifferbataillon 1 in Reinickendorf, für die 8 Militär-Lenkluftschiffe durch die örtlichen Generalkommandos. Ihre Heimatshäfen waren: Köln, Trier, Frankfurt, Mannheim, Baden-Oos, Posen, Königsberg und Biesdorf. Die im Privatbesitz befindlichen Schiffe "Hansa" in Düsseldorf, "Viktoria Luise" in Frankfurt a. M., "Sachsen" in Leipzig und "S L 2" in Liegnitz wurden beschlagnahmt. Mit Rücksicht auf Neubauten war für 18 "Z"-Schiffe, 3 Parseval- oder Militärluftschiffe die erste Füllung und eine Nachfüllung sichergestellt. Ein Plan zur Mobilmachung der Luftschiffindustrie fehlte. Ein Nachziehen der Häfen für den Fall des Vordringens in Feindesland war nicht vorgesehen. Der Einsatz sollte vom Heimathafen aus erfolgen. - Die Marine verfügte über eigene "Z"-Schiffe, die die Aufklärung bei Operationen zur See zu übernehmen hatten. Eine einheitliche Zusammenfassung fehlte sowohl zwischen Armee und Marine, wie durch eine entsprechende mobile Zentrale innerhalb des Landheeres.

[544]
Übersicht der 1914 aufgestellen Luftschifferformationen.
Zahl Unter-
stellung
        Etatstärken         Gasverbrauch Ausrüstung
Offi-
ziere
  Mann   Pferde   Fahr-
zeuge

a)
Freiballone
Gouver-
neur
Einige Führer
Gasanstalten
und fahrbare
Gaserzeuger
Karten, Brieftauben, Photogerät


b)
Festungsluft-
schiffertrupps
15 Gouver-
neur
5 109  53  8 Ballongerät u. Ersatzhäute, Telephon

c)
Feldluft-
schiffer-
abteilungen
8 zu je 2 Drachen-
ballonen
Armee-
oberkom-
mando
8 177 123 19 1 fahrbare Gaskolonne (Flaschen)
2 - 93 - 71 PS,
16 Fahrzeuge
Ballongerät, Telephon, Handfeuer-
waffen

d)
Lenkluftschiffe
12 und zwar:
6 Z,
1 M,
1 P,
4 aus Privat-
besitz
Oberste
Heeres-
leitung
Luftschiffertrupps in den Heimatshäfen. Nach Größe und Art des Schiffes schwankend.
Führer, 200 Mann.
30 000 cbm Hochdruck-
gasbehälter zur Füllung des 1. Schiffes.
30 000 cbm in 6000 Behältern zur 1. Füllung eines 2. Schiffes.
2000 cbm in Niederdruck-
gasbehältern in den Luftschiffhäfen
Betriebsstoffe, Abwurf-
munition nach Tragfähigkeit und Fahrtlänge.
2 schußbereite Maschinen-
gewehre auf dem Rücken der Schiffe, 6 Selbstlade-
gewehre mit 600 Schuß in den Gondeln


Die Fliegertruppe.

Nach den Friedenserfahrungen sollte für die Fliegerverbände die Fernaufklärung in den Vordergrund treten. Die Naherkundung war bisher vernachlässigt worden. Trotz einiger guter Versuche mit der Artillerie in Schußbeobachtungsaufgaben und trotz der in Frankreich erzielten Erfolge war auch dieser wichtige Zweig verkümmert. Gewisse Widerstände bei den anderen Waffen, den oberen Dienststellen und nicht zuletzt bei den Fliegern selbst gegen diese mühsamere, an Erfolgen nicht so sehr ins Auge springende Aufgabe mögen die Gründe sein.

In den allgemeinen Dienstvorschriften fehlen Hinweise auf das Wesen der Fliegertruppe. Eine "Anweisung für die Beobachter von Fliegerabteilungen" des damaligen Kommandeurs des Fliegerbataillons in Straßburg, Major Siegert, von der Inspektion überarbeitet und herausgegeben, regelte ihren Einsatz, hatte aber bisher keinen nennenswerten Eingang in der Truppe gefunden. Die [545] von ihm kurz vor Kriegsausbruch zusammengestellte Denkschrift über Wesen und Verwendungsmöglichkeit der Flieger, über Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und Aufgabenstellung ist nicht mehr rechtzeitig bekanntgeworden. Jedenfalls lassen Einsatz, Verwendung und Verwertung der Fliegerergebnisse durch die obersten Kommandobehörden in den ersten Kriegsmonaten diesen Schluß zu. Ebenso scheint die vom Generalstab verfaßte Geheime Dienstvorschrift: "Verwendung von Luftfahrzeugen im Heeresdienst" zumeist geheim geblieben zu sein.

Über die Aufklärung hinaus war Angriff mit Bomben gegen Erdziele vorgesehen. Durch Abwurfversuche hatte man sich von einer gewissen Treffwahrscheinlichkeit überzeugt. Wesentliche Wirkung versprach man sich nur gegen große Ziele aus mittleren Höhen - etwa 800 bis 1000 m. Stern- und Geschwaderflugform2 sollten einen Masseneinsatz von Bomben ermöglichen. Besondere Verbände waren hierzu nicht vorgesehen; die einzelnen Kommandostellen hatten aus den ihnen zugeteilten Fliegerabteilungen die notwendige Zahl von Flugzeugen jeweils zusammenzustellen.

Die Artillerieschußbeobachtung war zwar vernachlässigt worden, aber doch geplant. Besonders gegen verdeckte Ziele erwartete man Erfolg. Vorschriften fehlten allerdings; die erforderlichen Maßnahmen seitens Artillerie und Flieger blieben besonderer Verabredung vorbehalten. Alles das kostete Zeit. Überdies war die Verständigung mit Tuchzeichen von der Erde und verschiedenfarbigen Leuchtsignalen vom Flugzeug aus recht behelfsmäßig. Funkentelegraphisches Gerät für Flugzeuge war erst in der Entwicklung. Im Bewegungskriege glaubte man nicht die Zeit zu solchen umständlichen Verabredungen und Versuchen zu haben. Längeren Kampf um befestigte Stellungen glaubte man durch scharfes Zupacken vermeiden zu können. So wird diese Lücke verständlich.

Völlig unbeachtet war der Kampf der Flugzeuge gegeneinander geblieben. Wohl hatte man mit der Möglichkeit eines Flugzeugangriffes auf Luftschiffe gerechnet. Das Luftschiff war ja auch im Frieden schon mit Maschinengewehren bestückt. Dem Flugzeug selbst eine gleiche - konstruktiv notwendigerweise leichtere - Waffe zu geben, hatte man trotz dringender Vorstellungen des Flieger-Inspekteurs und des Generalstabs verabsäumt. Die Gründe sind nicht recht erkennbar, um so mehr, als die französischen - bekanntgewordenen - Versuche auf diesem Gebiet dem Kriegsministerium ernstlich hätten zu denken geben müssen. Bei den großen Schwierigkeiten des Schießens für einen vorn sitzenden Beobachter (Propeller, Tragdecks, Spanndrähte) mag der Gedanke an den Luftkampf - Angriff wie Verteidigung - in den Hintergrund gedrückt worden sein. Daß man die österreichischen Erfahrungen mit dem hinten sitzenden Beobachter nicht verwertete, ist auffallend.

Auch für die Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen getrennt mar- [546] schierenden Heeresteilen durch Flugzeuge hatte man nicht vorgesorgt. Von seiten der Fliegeroffiziere war schon 1911 die Forderung nach einem kleinen, schnellen Verbindungsflugzeug erhoben worden. Somit gipfelten die Aufgaben des Fliegers im strategischen Fernflug. Den taktischen Forderungen hatte man sich im allgemeinen, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, angepaßt.

Durch die Nationalflugspende vom Ausland unabhängig geworden, hatte sich die deutsche Flugzeug- und Motorenindustrie gekräftigt; Konkurrenz sorgte für Vervollkommnung; militärische Lieferungen für Ausbildungszwecke und Mobilmachungsverbände brachten Arbeit und Erfahrung im Bau von Flugzeug und Motor. Scharf wurde ein doppelsitziges Flugzeug gefordert. Der Führer war völlig von der Bedienung beansprucht, die Erkundung mußte ein besonderer Beobachter übernehmen. Aber die Ausbildung blieb unvollkommen, weil Schulen fehlten und Schüler knapp waren. Erst im Jahre 1913/14 gelang es dem Inspekteur durch besondere Vergünstigungen und durch Druck des Kriegsministeriums auf die Regimenter, die zur ersten Mobilmachungsstellenbesetzung erforderlichen Beobachter heranzuziehen.

Die strategischen Aufklärungsaufgaben bedingten einen großen Aktionsradius und somit reichliche Versorgung mit Brennstoffen. Die Abwehr gegen Flugzeuge war unentwickelt. Große Steighöhen hielt man daher nicht für notwendig. Die kriegsmäßige Höhe wurde noch zu Kriegsbeginn auf 800 bis 1000 m angenommen. Wendigkeit war nicht besonders verlangt, da man für ihre Forderung noch keinen rechten Grund hatte. Dagegen legte man besonderen Wert auf größte Betriebssicherheit. So hatte sich ein schweres, wenig wendiges, zweisitziges Flugzeug mit geringer Steigfähigkeit, aber großem Aktionsradius entwickelt. Noch gingen die Ansichten über Vorteile des Ein- oder Mehrdeckers auseinander. Die besonders stark vertretene Taube (Rumpler, Etrich, Jeannin) landete sich - trotz sonst guter Eigenschaften - schwerer als die Doppeldecker (Albatros, A. E. G., L. V. G., L. F. G.,3 Euler, Aviatik, Fokker). Schon aus diesem Grunde schien sich der Doppeldecker mehr und mehr durchzusetzen.

Von den bisher üblichen Motoren, deren Stärke zwischen 40 und 100 PS. schwankte, hatte sich der von Daimler (Mercedes), Benz und Argus wohl am besten bewährt. Von Frankreich übernommen - und dort bis tief in die Kriegszeit bevorzugt - war ein Rotationsmotor - Gnome -, der in den Werken von Ober-Ursel nachgebaut wurde. Die Vorzüge seines geringen Gewichts - die Kühlung der Zylinder wurde durch die Umdrehung bewirkt - gingen auf Kosten seiner Betriebssicherheit, seiner sorgsamen Behandlung und seines hohen Ölverbrauchs. Eine eigene Propellerindustrie hatte sich vom Ausland unabhängig gemacht. Hinsichtlich der technisch an das Flugzeug zu stellenden Forderungen dürfen die ersten deutschen Kriegsflugzeuge - Zelle wie Motor - [547] als dem Feinde ebenbürtig angesehen werden. Der ungeheuere Vorsprung der feindlichen Flugzeugindustrie war - qualitativ - annähernd ausgeglichen.

Das für den Beobachter erforderliche Handwerkszeug steckte dafür erst in den Anfängen. Eine Flugzeugkamera (Goerz, Zeiß, Ernemann) von kleiner Brennweite hatte sich voll bewährt. Eine einfache Felddunkelkammer aus Zeltstoff sollte die sofortige Verwertung der Aufnahmen ermöglichen. Man glaubte aber, daß die entwickelte Bildmeldung durch die Ereignisse meist überholt sein würde. So hatte man für die Fliegerabteilungen nicht, wie bei den Luftschifferformationen, fahrbares Dunkelkammergerät vorgesehen. An zweckmäßiger Bewaffnung mangelte es gänzlich. Pistole und Karabiner waren weniger für Angriff und Verteidigung in der Luft, als für Fälle einer möglichen Notlandung in Feindesland gedacht. Ebenso fehlte funkentelegraphisches Gerät. Auch hier hatte der Feind einen wesentlichen Vorsprung. Immerhin waren Versuche der Firmen Telefunken und Huth mit einem Flugzeugsender und einer Erdempfangsstation erfolgreich verlaufen und die Verwendung des F. T.-Geräts im Flugzeug nur noch eine Frage der Zeit. Sein Fehlen dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, daß die Schußbeobachtung vom Flugzeug aus in dem ersten Jahre des Krieges weder bei der Artillerie noch bei der Fliegertruppe heimisch wurde.

Die Abwurfmunition für Erdangriffe stand in der ersten Entwicklung. Die Ballistik tappte noch völlig im Dunklen. So war die Form der ersten Bomben nur geeignet, die Treffungenauigkeit wesentlich zu vergrößern, überdies ließ die Tragfähigkeit des Flugzeugs nur geringe Gewichte zu. Man beschränkte sich daher meist auf kleinkalibrige 3,5- und 5,0-kg-Bomben in Tropfenform und sogenannte Fliegermäuse, eine Art Handgranaten länglicher Form mit Führungslappen, der ein senkrechtes Aufschlagen gewährleisten sollte. Fliegerpfeilen maß man gewisse Bedeutung zu. Man hat sie trotz einzelner Erfolge in ihrer Wirkung überschätzt. Versuche, durch Brandbomben Feuersbrünste hervorzurufen, waren begonnen. Zielvorrichtungen waren noch nicht vorhanden. Der Wurf blieb der eigenen Schätzung völlig überlassen; er mußte auf Zufälle beschränkt bleiben, da selbst eine Abwurfvorrichtung fehlte. Bomben, Fliegermäuse und Pfeile wurden freihändig geworfen. Man hatte allgemein nur dem Luftschiff wirksamere Bombenangriffe zugetraut. So schnitt sich die geplante mobile Verwendung der Flieger auch technisch mehr und mehr auf rein beobachtende Tätigkeit zu. Infolge der schmalen Friedensgrundlage konnten zunächst nur die Armeeoberkommandos und die aktiven Generalkommandos mit Fliegerabteilungen ausgerüstet werden; außerdem jede Festung im Osten und Westen mit einer Festungsflieger-Abteilung. Die Versorgung der Front übernahmen Etappen-Flugzeugparks - in Verkennung ihrer engsten Zusammengehörigkeit mit den Feldformationen leider den Etappeninspekteuren unterstellt; der Ersatz an Personal und Material für Feld-, Festungs- und Etappenverbände sollte durch die zu Ersatzabteilungen umzuwandelnden Fliegerbataillone erfolgen.

[548] In den Manövern hatten sich folgende Stärken bewährt und wurden beibehalten:

Flug-
 zeuge 
 Führer  Be-
 obachter 
Mann-
 schaften 
 Fahrzeuge 

Feldflieger-Abteilung 6 6 7 116     5 Pers.
11 Last.

Festungsflieger 4 5 4 87   4 Pers.
  9 Last.

Etappenflugzeugparks 3 2 1 62   5 Pers.
10 Last.
für jede der Armee
unterstehende Abteilung

Die geringe Leistungsfähigkeit der Flugzeugfabriken und das Schwanken über den Ein- und Doppeldecker verhinderten die Ausstattung der Verbände mit einem einheitlichen Flugzeugtyp. Verwendung fanden in der Hauptsache verspannte doppelsitzige Eindecker in Form der Gotha-, Etrich- und Rumpler-Taube und doppelsitzige drei- und zweistielige Doppeldecker der Firmen Albatros, Luftverkehrs-Gesellschaft, Euler und Rumpler mit einem 100pferdigen Benz- oder Daimler- (Mercedes-) oder Argus-Motor, seltener mit einem Gnome (Umlaufmotor). Als Betriebsstoff fand gutes Leichtbenzin Verwendung.

Unter diesen Gesichtspunkten vollzog sich die Mobilmachung. Für die 26 aktiven Generalkommandos und 8 Armeen wurden aufgestellt: 33 Feldflieger-Abteilungen (darunter 3 bayerische), 8 Etappenflugzeugparks (darunter 1 bayerischer); ferner für die Festungen der Ost- und Westgrenze, Königsberg, Boyen, Graudenz, Posen und Köln, Metz, Straßburg, Germersheim (bayrisch) je eine Festungsflieger-Abteilung.

Die bestehenden fünf Fliegerbataillone wurden in Flieger-Ersatzabteilungen umgewandelt, die von Metz nach Döberitz verlegt. Die Friedens-Fliegerstationen sowie die im Etat für 1914 neu vorgesehenen von Gotha, Altenburg und Schneidemühl sollten beschleunigt ausgebaut werden, um als Grundlage für neue, etwa notwendig werdende Ersatz-Abteilungen zu dienen. Gegensätzliche Anschauungen der verantwortlichen Dienststellen hatten eine Kriegsorganisation verhindert. Daher fehlten die Zentralstellen bei den Armeen und eine Vertretung bei der Obersten Heeresleitung. In der Inspektion blieben Front- und Heimatverbände gegen deren Willen vereint. Eine Mobilisierung der Flugzeugindustrie unterblieb, wohl im Glauben an eine kurze Dauer des Krieges.

Der 2. August hat die Fliegertruppe überrascht. Wenn der Grad der Rüstungsbereitschaft für den Willen zum Kampf als Anhalt dient, so kann man auch aus diesem Falle erkennen, daß Deutschland den Krieg nicht gewollt hat.


[549] Flugabwehr.

Das Zusammenwirken zwischen den neueingeführten Ballonabwehr-Kanonen (Bak) und Luftfahrzeugen hatte während der letzten Übungen die taktische Verwendung der Flugabwehrmittel genügend geklärt, nicht dagegen ihre organisatorische Eingliederung. Man teilte sie zunächst Grenz-Feldartillerie-Regimentern zu. Als einführungsreif war ein Kraftwagengeschütz Anfang 1914 in größerer Zahl in Bestellung gegeben. Die bespannte Bak-Batterie schien den Anforderungen nicht gewachsen.

Die taktische Verwendung gipfelte in der Verhinderung oder Erschwerung der feindlichen Luftaufklärung. Die Zuteilung an Heereskavalleriekörper war vorgesehen. Je mehr die Bedeutung der Schußbeobachtung durch Flieger gegen verdeckte Ziele zunahm, um so mehr trat auch für die Schlacht die Abwehr der Lufterkundung in den Vordergrund, d. h. Zuteilung von Bakformationen auch an die Divisionen. Während der Ausladung und des Aufmarsches war überdies Schutz gegen Fliegerangriffe auf Kunstbauten und Bahnhöfe wichtig. Gesichtspunkte für Bekämpfung von Luftfahrzeugen und Hinweise auf die notwendige Deckung gegen Lufterkundung waren ausgearbeitet. Die weniger beweglichen bespannten Ballonabwehr-Kanonen-Batterien waren zum Schutze wichtiger Anlagen der Etappe gedacht. Die notwendigen Anordnungen hatten die Generalkommandos zu treffen, denen hierfür auch andere Abwehrmittel, Geschütze, Maschinengewehre, Scheinwerfer und Fernsprechgerät überwiesen werden sollten.

Die Mobilmachung überraschte die Organisation, ehe sie auch nur annähernd eingeleitet war. Statt jede Armee mit vier Kraftwagengeschützen, jede Division und Reserve-Division mit einer bespannten Ballonabwehr-Kanonen-Batterie auszurüsten, erhielten vier Korps je ein, ein fünftes zwei Kraftwagengeschütze. Statt 32 also 6! Und an Stelle der erforderlichen 64 bespannten Bakbatterien waren nur 12 verfügbar. Erst im Verlauf der Mobilmachung konnten Grenzkorps des Westens mit weiteren Geschützen versehen werden, die von ausländischen Staaten bei Krupp und Rheinmetall bestellt waren. Planmäßig war die Mobilmachung der Flugabwehr nicht vorgesehen. In gewissem Umfang hatte man zwar für eine Sicherung der westlichen Grenzgebiete gesorgt. Allerdings bestand sie anfangs nur im Schutze wichtiger Kunstbauten. An Angriffe auf die Industriezentren hatte man, als völkerrechtswidrig, kaum geglaubt.

Der Grad der Sicherung hing von der Wichtigkeit der Schutzobjekte ab. Sie stufte sich vom Gewehrfeuer kleiner Schutzwachen oder zusammengefaßter Einheiten bis zum Zusammenarbeiten von Maschinengewehren, Geschützen und Scheinwerfern ab. Anschluß an das öffentliche Fernsprechnetz oder an die Leitung der Eisenbahn sollte von weither eine schnelle Meldung über feindliche Flieger ermöglichen: ein erster Ansatz zum Heimatluftschutz und Flugmeldedienst! [550] Personal und Material standen nur in ganz beschränktem Umfange zur Verfügung.

Der Krieg bewies bald, daß Sparen hier wie an so vielen anderen Stellen am falschen Platze gewesen war. Man mußte sich mit der Aufstellung von acht Ballonabwehrkanonen in Räderlafette zum Schutze der Rheinbrücken von Düsseldorf und Mannheim, der Zeppelinwerke in Friedrichshafen und der Luftschiffhalle in Metz begnügen. Andere Kunstbauten sicherten Landsturmwachen und Posten!


Wetterdienst.

Die bisherigen Manövererfahrungen hatten den Generalstab von der Notwendigkeit einer Zuteilung beweglicher Wetterdienstformationen an das Feldheer nicht zu überzeugen vermocht. Ihre Aufnahme im Mobilmachungsplan war daher unterblieben.

Dagegen hatte man sich zu einer einheitlichen Organisation des Wetterbeobachtungsdienstes für das gesamte Reich entschlossen. Der Plan sollte Mitte 1913 von dem Landwirtschaftsministerium, dem der zivile Wetterdienst unterstand, im Benehmen mit dem Kriegsministerium ausgearbeitet werden. Von besonderer Wichtigkeit blieb für den Kriegsfall die Sicherstellung von Nachrichten über die Wetterlage namentlich von England, Holland und Frankreich und der iberischen Halbinsel. Hierfür sollte das Landwirtschaftsministerium vorsorgen und als wichtigste Punkte Köln und Metz im Ernstfall dauernd mit notwendigem Wetterdienstpersonal besetzt halten. Für den Osten Königsberg.

Weitere Maßnahmen waren nicht getroffen. Als sich dann nach Ablauf des ersten Kriegsmonats dennoch eine Zuteilung von beweglichen Wetterstationen an das Feldheer als notwendig erwies, stieß deren Aufstellung auf große Schwierigkeiten. Man behalf sich zunächst mit vertraglicher Verpflichtung erfahrener Meteorologen und mit Gerät von wissenschaftlichen Instituten. Sechs Stationen kamen im Westen, zwei im Osten als Armeeformationen zum Einsatz.


2 [1/545]Sternflug = getrennter Anflug von verschiedenen Punkten auf das Ziel, Geschwaderflug = geschlossener Anflug von einem Punkte auf das Ziel. ...zurück...

3 [1/546]A. E. G. - Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, L. V. G. = Luft-Verkehrs-Gesellschaft,
L. F. G. = Luft-Fahrzeug-Gesellschaft. ...zurück...


Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte