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Bd. 3: Der deutsche Landkrieg, Dritter Teil:
Vom Winter 1916/17 bis zum Kriegsende

Kapitel 8: Die deutschen Angriffe des Jahres 1918   (Forts.)
Generalmajor Rudolf v. Borries

[373] 2. Vorbereitungen zum Angriff.

Anbeförderung der Verstärkungen.

Für die Versorgung der Westfront mit genügenden Kräften kam vor allem der Osten in Betracht. Vom russischen Kriegsschauplatz wurden bereits vor dem Waffenstillstand mit Rußland, der am 15. Dezember 1917 in Brest-Litowsk zustande kam, Truppen nach dem Westen befördert. Die anschließenden Friedensverhandlungen nahmen keineswegs den erhofften schnellen Verlauf. Am 22. Dezember traten die Abgesandten Deutschlands und seiner Verbündeten mit den Vertretern Rußlands in Brest Litowsk zusammen, aber infolge der Verschleppungskünste Trotzkis wurde erst am 10. Februar 1918 ein gewisser Abschluß dahin erzielt, daß die Russen den Kriegszustand als erledigt erklärten, ohne sich den ihnen auferlegten Bedingungen zu fügen. Noch einmal mußten die deutschen Waffen eingesetzt werden, um die Räteregierung Rußlands zur Vernunft zu bringen. Endlich am 3. März 1918 wurde der Frieden unterzeichnet. Mit der Ukraine war schon am 9. Februar 1918 Frieden geschlossen worden.

Indes weder von der russischen Front noch aus der Ukraine konnten sämtliche Truppen nach dem Westen geworfen werden; gegen Rußland mußte zur Abwehr des unzuverlässigen und propagandalüsternen Bolschewismus ein Grenzschutz stehen bleiben, und in der Ukraine wurde es notwendig, bolschewistische Banden, die die für den Vierbund wichtige wirtschaftliche Ausnutzung des Landes bedrohten, mit Waffengewalt niederzuwerfen, Kämpfe, die sich für die verbündeten deutschen und österreichischen Truppen bis zum Mai 1918 hinzogen. Von den 90 Divisionen, die in Rußland gestanden hatten, wurden bis zum Beginn der Frühjahrsoffensive am 21. März 1918 35 an die Westfront übergeführt; ihnen folgten im Laufe des März, April und Mai noch weitere zehn, die für die Nährung der entfachten Kämpfe in Betracht kamen. Die Transportbewegung war am stärksten im November und Dezember 1917, in der Zeit also, in der man noch mit baldigem Friedensschluß rechnen konnte, wurde im Januar und Februar während der wenig aussichtsvollen Verhandlungen jetzt sehr viel schwächer und stieg erst im März 1918 wieder an, nachdem sich die russische Räteregierung unterworfen hatte.

Mit Rumänien wurde am 9. Dezember 1917 in Focsani Waffenstillstand und am 5. März 1918 der Vorfrieden von Buftea geschlossen, dem erst am 7. Mai der Frieden von Bukarest folgte. Zur Sicherung der deutschen Errungenschaften, die wirtschaftlich von höchster Bedeutung waren, mußten auch dort Truppen - vier Divisionen und einige lose Verbände - bleiben. Was nach dem Westen gezogen werden konnte - fünf Divisionen - kam erst in späteren Abschnitten der Frühjahrsoffensive zur Geltung.

Eine schwache Division wurde nach Finnland befördert, weil die Bolschewisten vertragswidrig das Land nicht räumten und das Vorhandensein der deutschen [374] Truppen bei der Nähe von Petersburg einen wirksamen Druck auf die russische Räteregierung ausübte.

Aus Italien wurden sämtliche deutsche Truppen - acht Divisionen - herangezogen, die mit großen zeitlichen Abständen in der Zeit vom Dezember 1917 bis zum März 1918 an der Westfront eintrafen.

Der Entfernung deutscher Truppen aus Mazedonien setzte die bulgarische Regierung heftigen Widerstand entgegen; nur sehr allmählich gelang es, Teile frei zu machen und nach dem westlichen Kriegsschauplatz zu befördern. Schließlich blieben nur noch drei Bataillone und reichlich Artillerie in Verbindung mit den bulgarischen Truppen zurück. Aus Syrien konnten bei den schwierigen Verhältnissen überhaupt keine Kräfte herausgezogen werden. Das dortige deutsche Oberkommando sprach sich dagegen aus, und seinen Erwägungen mußte beigepflichtet werden; es handelte sich übrigens nur um wenige Bataillone mit Sonderwaffen.

In den Entscheidungskampf im Westen trat Deutschland mit 193 Divisionen ein, von denen 108 in der Front, 85 in Reserve standen. Auf den anderen Kriegsschauplätzen blieben zunächst noch etwa 60 Divisionen zurück, die indes diese Bezeichnung nach Stärke und Art der Zusammensetzung kaum noch verdienten.

Deutschland war zu sehr in den Weltkrieg verstrickt, als daß es auch den letzten Mann zur Entscheidung im Westen hätte heranholen können. Um die Stützung der schwächeren Bundesgenossen Bulgarien und Türkei kam es nicht herum, und im Osten und Südosten mußte das Gewonnene aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt festgehalten werden. Sein Ansehen wäre aufs schwerste geschädigt worden, wenn es den Friedensverträgen von Brest Litowsk und Buftea nicht Geltung verschafft hätte. Die Oberste Heeresleitung mußte sehr genau prüfen, wie gering die Kräfte sein durften, mit denen diese Ziele zu erreichen waren. Sie war in der Lage des Kaufmanns, der, um das Hauptgeschäft zu fördern, den Nebengeschäften Geld entnehmen muß, sie aber nicht ganz entblößen darf, um seinen Kredit und seine Einkünfte nicht zu schädigen. Wie anders stand es bei der Entente! Sie konnte für das Hauptgeschäft in Frankreich gemächlich den gewaltigen Kräftezuwachs abwarten, den der neue Bundesgenosse Amerika brachte, und hatte es nicht nötig, an anderen Stellen zu sparen. Der Ausfall der russischen Streitmacht war gewiß störend und bedeutete eine Krise, aber rechnerisch bestand die sichere Aussicht, diesen Verlust, und zwar an der entscheidenden Stelle, binnen absehbarer Zeit wieder wettzumachen.

Die große Transportbewegung der deutschen Truppen aus dem Osten, Südosten und Süden ließ eine bestimmte Aufmarschrichtung auch dann noch nicht erkennen, als am 24. Januar 1918 die Entscheidung für den St. Michael-Angriff gefallen war. In den Etappengebieten hinter der ganzen Westfront und im Generalgouvernement Belgien wurden die anbeförderten Divisionen entladen, um sich zunächst in Ruhequartieren auf ihr große Aufgabe vorzubereiten, soweit [375] sie hierzu und nicht zur Ablösung anderer aus der Front zu nehmenden Kampfdivisionen bestimmt waren. Die Freimachung von Stellungsdivisionen zur Ausbildung begann schon im Januar 1918 und wurde im Februar fortgesetzt.


Ausbildung der Angriffstruppen.

Die Masse aller für die Frühjahrsoffensive bestimmten Divisionen wurde in drei Klassen eingeteilt: in Kampfdivisionen erster Linie, in solche zweiter Linie und in solche, die im dritten Treffen oder als Rückhalt Verwendung finden sollten. Vor den Truppen blieb diese Wertbezeichnung geheim; sie beweist, daß die ursprünglich gleichmäßige Beurteilung aller Teile des Riesenheeres verlorengegangen war. Führung, Ersatz und seine Eigentümlichkeiten, aber auch die kriegerischen Schicksale der einzelnen Verbände spielten hierbei eine Rolle. Es war nicht gleichgültig, ob sich eine Division noch einen Stamm der vollwertigen Truppe des Jahres 1914 bis zum Jahre 1918 hinübergerettet hatte, oder ob sie ein mehrfach neu aufgefülltes Gebilde war, das seinen Bedarf in den verschiedensten Ersatzbezirken des Deutschen Reiches hatte decken müssen. Wenn man aber auch glaubte, die Divisionen nach den von ihnen zu erwartenden Leistungen sondern zu sollen, so war doch die Begeisterung überall dort, wo die Truppen erfuhren, daß sie für den längst erhofften Schlußkampf in Betracht kämen, gleichmäßig groß und ungeheuchelt. Sie atmeten auf, weil sie vom langjährigen Stellungskriege erlöst wurden, und weil ihnen der mit Sicherheit erwartete Sieg das Ende des für Front und Heimat gleich schweren Krieges nahe rückte.

Von allen Vorbereitungen für die Frühjahrsoffensive war die Ausbildung der beteiligten Truppen die wichtigste. Nach den ersten großen Durchbruchsversuchen der Ententetruppen in den Jahren 1914 und 1915, besonders aber seit der Sommeschlacht im Jahre 1916, war man eifrig bestrebt gewesen, die Kunst der Abwehr unter Berücksichtigung der Erfahrungen des Weltkrieges auf das sorgfältigste auszugestalten. Die Westfront bewies aber nicht nur eine erstaunliche Abwehr-, sondern da, wo sich Gelegenheit bot, auch eine überraschende Angriffskraft. Die zahlreichen deutschen Vorstöße im Jahre 1917, unter denen die Kämpfe am Chemin des Dames, die Eroberung des Yser-Brückenkopfes der Engländer und die Vergeltungsschlacht von Cambrai hervorragten, zeigten deutlich, daß sich die in Gräben gebannte Armee den alten deutschen Offensivgeist bewahrt hatte.

Die Art und Weise, in der die Angriffe geführt wurden, war je nach den örtlichen Erfahrungen und nach den Anschauungen der Führung verschieden, wenn auch der Überraschungsangriff mit kurzer Artillerievorbereitung bevorzugt wurde; jedenfalls bestand weder eine Einheitlichkeit der Ansichten noch eine Dienstanweisung mit bestimmten Regeln. Für ein so großes Angriffsunternehmen, wie die Frühjahrsoffensive auf breiter Front, mußte aber unbedingt [376] gleichmäßiges Verfahren sichergestellt werden. Das geschah rechtzeitig. Von der Obersten Heeresleitung wurde die Vorschrift "Der Angriff im Stellungskriege" mit Beginn des Jahres 1918 ausgegeben.

Die bisherigen großen Angriffe der Entente konnten hierbei nicht als vorbildlich gelten, weil sie auf die Überlegenheit an Zahl der Menschen und Maschinen gegründet waren und durch das mechanische Hämmern der Materialschlacht vergeblich den Sieg zu erzwingen versucht hatten. Deutschland besaß nicht die Mittel für Materialschlachten; mechanisches Handeln war dem Geiste seiner Kriegführung zuwider, und so kam es darauf an, durch Erziehung und Ausbildung dem Angreifer solche Kraft zu verleihen, daß er nicht nur über die feindlichen Gräben hinwegschritt, sondern auch darüber hinaus die Freiheit für den Bewegungskrieg schuf, um die zerrissenen Frontenden und schließlich die ganze Front des Gegners ins Rollen zu bringen. Die Wirkung der fehlenden Masse mußte ersetzt werden durch überlegene Führung im großen und kleinen, durch Sorglichkeit und Peinlichkeit der Vorbereitungen, durch verständnisvolle und ausdauernde Leistung des einzelnen Soldaten, nicht zuletzt aber auch durch die Überraschung der Feinde. Ihr zuliebe wurde auf das Einschießen der Batterien verzichtet und rechtzeitig ein rechnerisches Erfahren erfunden, das diese bisher unerläßliche Vorbereitung unnötig machte.

Die neue Angriffsvorschrift lehrte die Führer und Truppen, den stärksten Druck beim Einbruch dort auszuüben, wo der Angriff am leichtesten voranging. Sie schuf inniges Zusammenarbeiten der Infanterie und Artillerie, sorgte für dauernden Schutz der stürmenden Truppe durch die Feuerwalze, verwarf die Massenformen der Infanterie und steigerte ihre Feuerwirkung durch die Maschinengewehre auf das höchste. Sie empfahl die Nutzung der Vorteile, die erhöhte Geländeteile bieten, und betonte die Wichtigkeit der Flankierung des Gegners, wo dazu Gelegenheit war. Auf diese Weise näherte sie den Durchbruch dem Bewegungskriege, dem eigentlichen Element der deutschen Truppen.

Mit dem Durchbruch allein war es freilich nicht abgetan. Er war nur der erste Akt, dem sich der Kampf im freien Felde anschloß. Hierzu mußten im wesentlichen die gleichen Truppen verwendet werden, die schon die feindlichen Linien zerrissen hatten. Von Ablösung und Ersatz konnte bei den beschränkten deutschen Kräften nur in geringem Umfange die Rede sein. Es wurden also von den Truppen außerordentliche Leistungen verlangt. Das gab den deutschen Angriffsabsichten den Stempel großer Kühnheit und konnte nur geschehen im Vertrauen auf die überlegene Tüchtigkeit und Anpassungsfähigkeit der deutschen Soldaten, die ihnen erhalten geblieben waren, obwohl das ganze Heer infolge kurzer Ausbildungszeiten schon längst milizartigen Charakter angenommen hatte.

Nach dem Willen der Obersten Heeresleitung sollte die Ausbildung im Angriff auf alle Divisionen, auch auf die im Osten befindlichen und auf die [377] Stellungsdivisionen ausgedehnt werden. Als Ausbildungszeit wurden drei Wochen festgesetzt.

Die Aufsicht führten besondere Ausbildungsgeneralkommandos. Es wurde von ihnen und den Truppen ernsteste Arbeit geleistet; freilich waren die Verhältnisse bei den Divisionen zu verschieden, als daß überall gleichmäßige Förderung möglich gewesen wäre. Trotz vieler Hemmungen war aber die deutsche Angriffstruppe beim Angriff selbst durchaus leistungsfähig und glänzend im Schwunge, ein Beweis dafür, daß im entscheidenden Augenblick Eifer und Kampfbegeisterung bestehende Mängel auszugleichen vermögen, wenn nur die Hauptgrundsätze eingedrungen sind, nach denen die kriegerische Handlung geführt werden soll.


Ausstattung der Angriffstruppen und Aufmarsch.

Im Stellungskrieg war im Gegensatz zum ursprünglichen Bewegungskrieg die Division - nicht das Armeekorps - zur Kampfeinheit geworden, besaß indes keineswegs die Ausstattung, die sie ohne weiteres zur Teilnahme an neuem Bewegungskrieg befähigt hätte. Auf den hierzu geeigneten Stand an Mannschaften und Pferden, an schwerer Artillerie, Maschinengewehren und Kolonnen mußten aber mindestens die Divisionen gebracht werden, die in erster und zweiter Linie den Durchbruch erkämpfen sollten.

Anderseits hatten die Stoßdivisionen - "Mob."-Divisionen genannt - so manches abzustreifen, womit sie durch die langdauernde Lebensführung im Stellungskrieg belastet waren. Gepäck durfte nur so weit mitgenommen werden, als es auf den planmäßigen Fahrzeugen auch auf schlechten Wegen fortbewegt werden konnte. Galt es doch die Kolonnen durch feindliche Stellungssysteme, alte Kampf- und Zerstörungsgebiete nachzuführen! Alles Überflüssige, Reserven an Bekleidung und Ausrüstung, Grabenkampfgerät, Schreibstubeneinrichtungen, Wohlfahrtseinrichtungen, Akten, Hausrat aller Art, persönliches Eigentum einzelner Personen, wurde zurückgelassen, zusammengebracht und in besonderen Divisionsspeichern niedergelegt.

Die Fülle der Vorbereitungen im Aufmarschgelände zum Angriff selbst wurde zeitlich in die allgemeine und in die engere Vorbereitungszeit geteilt; die Grenze zwischen beiden war der 1. März. In die allgemeine Vorbereitungszeit fiel die Anbeförderung der notwendigen Verpflegung, Munition, Nachrichtenmittel, des Pioniergeräts, Eisenbahnmaterials, Schotters für Wegebau usw., wobei auch schon für den Nachschub in der Zeit der Operationen selbst vorgesorgt werden mußte. Sie umfaßte ferner die Ausführung der notwendigen Bauten an den Bahnen und Straßen, Errichtung von Lagern und Depots, Herstellung von Karten, die erforderlichen Vermessungern und den Ausbau des Nachrichtennetzes. Die engere Vorbereitungszeit diente der Ergänzung der Maßnahmen, die aus der allgemeinen Vorbereitungszeit noch zu Ende zu führen waren, und dem Einsatz der Truppe zum Angriff, dem Aufmarsch. Er zerfiel in die Munitionierung, [378] d. h. die Ausstattung der zahlreichen Batterie- und Minenwerferstellungen mit Schießbedarf, den Aufmarsch der Artillerie und Minenwerfer und den Aufmarsch der Angriffsdivisionen selbst. Übergelagert in die Vorbereitungszeit war die Heranführung der Stäbe und Truppen, die der Zeit nach in sechs Gruppen eingeteilt wurden. Die Ausführung der Anbeförderung war eine ausgezeichnete Leistung der Kriegseisenbahnbehörden, griff aber derart in das Transportwesen des Stellungskrieges ein, daß die regelmäßige Versorgung der Fronttruppen zeitweise eingeschränkt werden mußte. Erschwerend war zudem die Notwendigkeit, die Transporte, die nicht allzufern von der Front eintrafen, nur bei Nacht entladen zu lassen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Angriffsverbände, die hinter der Front eingetroffen waren, mußten so untergebracht werden, daß sie in drei bis vier Märschen die vorderste Linie erreichen konnten. Das bedeutete, daß sich die Ortschaften im rückwärtigen Stellungsraum dicht vor der Offensive mit großen Truppenmengen füllten. Als diese Masse begann, sich zum Aufmarsch nach vorn zu schieben, konnten nur noch ausnahmsweise Quartiere in Dörfern bewilligt werden; die meisten Truppen mußten in Waldstücken biwakieren. Die Strapazen begannen mithin schon vor dem Angriff, zumal da die letzten Bewegungen bis zum Einrücken in die Sturmstellungen nur bei Nacht ausgeführt werden durften. Vom 9. März 1918 an rollten nach vorausgegangenen Empfängen in den Munitionsdepots in der Dunkelheit unablässig Munitionskolonnen und Kraftwagen nach vorn, um die Batterien und Minenwerfer mit Schießbedarf zu versorgen. Die Stapel wurden meist offen niedergelegt, nur gegen Fliegersicht gedeckt. Da in jedem Divisionsabschnitt etwa 30 Feldbatterien und 21 schwere Batterien mit Munition auszustatten waren, und zwar in der Höhe mehrerer Tagessätze, wozu noch die dicht gereihten Minenwerfer kamen, so ergab das eine riesige Transportbewegung, die auf das genaueste geregelt sein mußte, um Stockungen zu vermeiden. Auch der Abfluß der entleerten Kolonnen und Fahrzeuge nach rückwärts und die neuen Munitionsempfänge waren zu ordnen. Am 15. März war die Munitionierung beendet. Mitten in diesen Zeitraum hinein fiel der Beginn des Geschütz- und Minenwerferaufmarsches; er zog sich vom 11. bis zum 19. März hin. Vom 20. März morgens an standen alle Batterien in den vermessenen und versteinten Ständen schußbereit, die keine Erdarbeiten aufwiesen, soweit nicht ältere, schon vorhandene Stellungen benutzt wurden. Nur Deckung gegen Sicht von der Erde und aus der Luft war geschaffen worden.

Vom 16. März an rückte die Angriffsinfanterie mit ihrem Gefechtstroß und ihren Verpflegungsstaffeln unter Benutzung von Kolonnenwagen heran, hatte in der Nacht vom 18. zum 19. März Ruhe und schloß in der folgenden Nacht auf die Sturmstellungen auf, um sich in der Nacht vom 20. zum 21. März in ihnen bereitzustellen. Bevor sich der Morgennebel des 21. März herabsenkte, stand die gewaltige Menge der Stoßtruppen unweit des ahnungslosen Gegners sprungfertig.

[379] Es ist nicht möglich, die Fülle der Arbeit zu schildern, die bei den Kommandobehörden geleistet werden mußte, um dieses Ergebnis ohne Reibungen zu erzielen. Der Wille der Führung, die das Ganze leitete, mußte bis zum letzten Mann, bis zum letzten Troßwagen durchdringen. Die sorgfältige Durchdenkung und Aufzeichnung der erforderlichen Anordnungen hätten nicht genügt, wenn nicht den oberen Stellen von unten her größtes Verständnis und strengste Erfüllung der übernommenen Aufgaben entgegengebracht worden wäre. Das deutsche Heer erwies sich wieder einmal als Organismus, in dem alle Räder sicher und ohne Störungen ineinander griffen. Dabei vollzogen sich die Angriffsvorbereitungen angesichts eines starken, jede Regung auf deutscher Seite beobachtenden Feindes. Man wollte den Angriff, mußte aber jederzeit auch zur Abwehr bereit sein, wenn der Gegner mit dem Angriff zuvorkam. Diese Vorsicht durfte nie außer acht bleiben; sie bedeutete ebenso wie die strenge Geheimhaltung der Absichten der Führung und ihre nur schrittweise Offenbarung gegenüber den eigenen Truppen eine erschwerende Belastung der Vorbereitungen, die jedoch mit Sicherheit überwunden wurde. Die Gesamtleistung war so vollkommen, daß ein großer und entscheidender Sieg gewährleistet schien, 62. Infanterie-Divisionen, 950 leichte, 701 schwere und 55 schwerste Batterien waren versammelt, um das Übergewicht des Erfolges auf deutsche Seite zu bringen.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte