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Bd. 2: Der deutsche Landkrieg, Zweiter Teil:
Vom Frühjahr 1915 bis zum Winter 1916/1917

Kapitel 9: Der Feldzug gegen Rumänien   (Forts.)
Oberst Rudolf Frantz

2. Die Ereignisse in Siebenbürgen vor dem Eingreifen der 9. deutschen Armee.

Der Feldzugsbeginn schien den rumänischen Hoffnungen recht zu geben; als ihre Massen von Osten und Süden her, aus der Moldau und der Walachei, die Grenze überschritten und in Siebenbürgen einbrachen, wichen die schwachen österreichisch-ungarischen Sicherungen überall aus; das reiche Land schien offen und unverteidigt dazuliegen.

Die rumänische Nordarmee drang durch das Gyergyo- und Czik-Gebirke ein und drückte die in breiter Aufstellung sichernde 61. Landsturm-Division bis hinter die oberste Maros und den obersten Alt zurück, wo sie Anfang September erneut Aufstellung nahm. In das Becken von Kronstadt brach die 2. rumänische Armee ein. Die 71. Infanterie-Division, die sowohl die Kronstädter Pässe wie den Ojtoz-Paß zu verteidigen hatte, mußte nach kurzen Kämpfen hinter den Alt in der Linie Homorod - Fogaras ausweichen. Kronstadt, die Perle Siebenbürgens, war in Feindeshand. Beiderseits des Roten Turm-Passes sperrte schwacher Landsturm die Grenze; gegen ihn ging die Masse der 1. rumänischen Armee vor; der Landsturm wehrte sich seiner Haut bei Talmesch; die 51. Honved-Division, die bei Karlsburg-Mühlbach sich hatte erholen sollen, griff ein. Vor der rumänischen Übermacht wurden die österreichisch-ungarischen Kräfte auf die [591] Höhen nordwestlich und nördlich Hermannstadt zurückgenommen. Der Rumäne drängte nicht nach; er blieb vor den Toren von Hermannstadt. Weiter westlich setzten sich Teile der 1. rumänischen Armee in den Besitz des Kohlenbeckens von Petroseny. Der Verteidiger, die 144. Landsturm-Brigade, ging in eine Stellung zurück, die das Strell-Tal westlich Merisor sperrte. An der Donau, am Tor von Orsova, stand die 145. Landsturm-Brigade; gegen sie wandte sich die 1. rumänische Division. Orsova ging verloren; im übrigen wurde das westliche Cerna-Ufer gehalten.

Mit banger Sorge beobachtete der Führer der 1. österreichisch-ungarischen Armee, General v. Arz, von Klausenburg aus diese Entwicklung der Ereignisse. Die Sorge schwand erst, als die ersten deutschen Verstärkungen eintrafen. Beide Heeresleitungen, die deutsche wie die österreichisch-ungarische, waren bemüht, auf anderen Fronten Kräfte freizumachen, um sie gegen den neuen Feind zu führen. Deutscherseits rollte zunächst die 187. Infanterie-Division an, deren Anfang am 4. September in Mühlbach eintraf; es folgten drei deutsche Reiter-Regimenter, Bayern und Sachsen, unter dem Befehl des Generals Grafen Schmettow, die nach Elisabethstadt im Großen Kokel-Tal geführt wurden. An österreichisch-ungarischen Kräften folgte ebendorthin die 1. Kavallerie-Division, ungarische Husaren, die dem General Grafen Schmettow mit unterstellt wurden. Nach Nordsiebenbürgen führte die österreichische Heeresleitung die 1. Landsturm-Husaren-Brigade und die 39. Honved-Division heran.

Bis Mitte September waren weitere deutsche Kräfte zu erwarten: die 89. Infanterie-Division am Nordflügel, das Alpenkorps und die 76. Reserve-Division im Süden.

Auch zwei deutsche Generalkommandos wurden zur Verfügung gestellt: das des I. Reservekorps unter General v. Morgen, der am 4. September in Klausenburg eintraf, um an die Spitze der Nordgruppe zu treten, und das des XXXIX. Reservekorps unter General v. Staabs, der am nächsten Tage den Befehl im Süden übernahm und mit fester Hand auch in die Transportverhältnisse eingriff.

Bald kam es zu neuen Kämpfen. Am 6. September trat die rumänische Nordarmee wieder an und drängte die österreichische 61. Landsturm-Division bis zum 11. in täglichen Gefechten in die Linie Szentegyhazas-Ohlafalu - Parajd - Gegend östlich und nördlich Szasz-Regen zurück, wobei die Rumänen im oberen Maros-Tal den Anschluß an den Südflügel der Russen gewannen. Zur Unterstützung setzte General v. Arz die Landsturm-Husaren-Brigade bei Parajd, die im nördlichen Siebenbürgen neu aufgestellte 72. Infanterie-Division im Maros-Tale und die 39. Honved-Division östlich und nordöstlich Szasz-Regen ein.

Am 7. September kam auch der Kampf im Becken von Petroseny wieder in Gang, wo die 144. Landsturm-Brigade bis westlich Puj ausweichen mußte. Nun griffen deutsche Truppen ein. General v. Staabs hatte erkannt, daß es sich [592] zunächst darum handelte, die Gegend von Petroseny vom Feinde zu säubern, von wo dieser die Anmarschlinien im Maros-Tale bedrohte, ehe man weiter östlich einen entscheidenden Schlag führen konnte. Er entsandte bei Mühlbach eingetroffene Teile der 187. Infanterie-Division unter General Sunkel, die am 12. September die Stellung von Merisor wieder besetzten. So, wie sie mit der Bahn eintrafen, wurden weitere Verstärkungen dem General Sunkel zugeführt, bis er insgesamt über sechs Bataillone seiner 187. Infanterie-Division und drei des Alpenkorps verfügte. Am 14. schritt General Sunkel zum Angriff, am 16. wurde der Gipfel der Tulisa erstürmt, am 18. stand er vor Petroseny und bis zum 20. September war der Rumäne hier aus dem Lande gejagt, wobei sich im Gebirgskampf die Bataillone der 187. Infanterie-Division nicht weniger bewährt hatten als die berggewohnten Männer des Alpenkorps.

Bei Hermannstadt schoben sich die Rumänen nur langsam vor; die Anwesenheit deutscher Truppen mahnte zur Vorsicht; Schmettows Reiter waren beiderseits des Haar-Baches erschienen und drei Bataillone der 187. Infanterie-Division am Gebirge, wohin sie General v. Staabs zur Stütze des rechten Flügels der Honveds entsandt hatte, als die Rumänen hier am 11. September angriffen.

Dagegen drängte am 15. September die 2. rumänische Armee am Alt-Abschnitte in der Linie Fogaras - Homorod die schwachen Sicherungen der österreichischen 71. Infanterie-Division in der Richtung auf Schäßburg zurück. Ein Gegenstoß, den der Divisions-Kommandeur von Meburg aus machte, hatte nur vorübergehenden Erfolg. Die Division mußte in die Gegend von D. Kreutz zurückgenommen werden, die nördlich anschließenden Teile der 61. Landsturm-Division bis Szekely Udvarhely. Auch weiter nördlich, südlich des Görgeny-Gebirges mußten die österreichischen Sicherungen in den nächsten Tagen noch nachgeben, so daß General v. Arz sich veranlaßt sah, die inzwischen eingetroffene deutsche 89. Infanterie-Division als Reserve nach Maros Vasarhely zu ziehen.

Das war die Lage, als General v. Falkenhayn mit dem Oberkommando der 9. deutschen Armee am 17. September spät abends in Deva eintraf, um den Befehl über die im südlichen Siebenbürgen kämpfenden deutschen und österreichisch-ungarischen Kräfte zu übernehmen. Inzwischen hatte aber auch südlich der Donau der Waffengang begonnen.

Der Weltkampf um Ehre und Recht.
Die Erforschung des Krieges in seiner wahren Begebenheit,
auf amtlichen Urkunden und Akten beruhend.
Hg. von Exzellenz Generalleutnant Max Schwarte